Stichtag

28. Juli 1939 - Fernseh-Einheitsempfänger E 1 vorgestellt

Funkausstellung, Fernseh-Einheitsempfänger E1

Joseph Goebbels auf der Funkausstellung 1939

"Achtung, Achtung! Fernsehsender Paul Nipkow. Wir begrüßen alle Volksgenossen in den Fernsehstuben Großberlins mit dem Deutschen Gruß: Heil Hitler." So wurde 1934, zehn Jahre nach der ersten Radiosendung, das erste Fernsehprogramm angekündigt.

Der Volksempfänger fürs Radio war bereits seit 1933 auf dem Markt, da hatten die Nationalsozialisten die deutschen Elektronikfirmen zur gemeinsamen Entwicklung eines preiswerten Fernsehgeräts gedrängt. Paul Nipkows Erfindung, Bilder mit einer rotierenden Scheibe in einzelne Zeilen zu zerlegen, war der erste Schritt zum Fernsehbild. Auf der Berliner Funkausstellung konnte Propaganda-Minister Joseph Goebbels am 28. Juli 1939 den ersten Fernseh-Einheitsempfänger, den E 1, vorstellen. "Das 20. Jahrhundert ist das Jahrhundert der technischen Erfindungen. Auch auf diesem Gebiet vollzieht sich eine Revolution aller größten Ausmaßes", sagte Goebbels damals. Es könne keinen Zweifel geben, dass der technische Fortschritt die Menschheit höher geführt hat, sagt er weiter.

Volksfernseher empfängt nur einen Sender

Der Einheits-Fernsehempfänger E 1 ist eine Gemeinschaftsentwicklung der deutschen Industrie unter Leitung der Deutschen Reichspost. Technisch war der kastenförmige E 1-Empfänger eine kleine Sensation. Das Gerät verfügte über eine neu entwickelte Bildröhre - rund 20 mal 23 Zentimeter groß - mit einer guten Bildqualität. Das schwarz-weiße Bild war kaum noch verzerrt. Allerdings konnte der Volksfernseher nur einen einzigen Sender empfangen, was ganz im Sinne der Nationalsozialisten war. Schon für den Radio-Volksempfänger hatte die Parole gelautet: "Ganz Deutschland hört den Führer mit dem Volksempfänger." 10.000 Volksfernseher des Typs E 1 wurden direkt auf der Funkausstellung in Auftrag gegeben. Gebaut und verkauft wurden lediglich 50 Geräte – wegen des Kriegsausbruches. Sie kosteten je 650 Reichsmark und waren damit rund dreimal billiger als Vorgängermodelle. Ein Viertel der Sendeinhalte waren reine Propaganda.

Bürger wollen verschiedene Bilder der Wirklichkeit

"Die Idee des Einheitssenders war eine politische, aber sie entsprach natürlich nicht dem Bedürfnis der Menschen. Denn die wollten verschiedene Bilder von der Wirklichkeit – wie sie es schon aus den Zeitungen kannten", erklärt Winfred Kaminski, Professor an der Fachhochschule Köln für Medienforschung und -pädagogik.

Die Nationalsozialisten haben Volksempfänger und Volksfernseher genutzt, um die Menschen zu begeistern und gleichzuschalten. Umgangssprachlich hieß der Volksempfänger sogar "Goebbelsschnauze". Vom Einheitsempfänger mit einem linearen gleichgeschalteten Programm sind Zuschauer so entfernt wie nie. Dank Internet und Smartphone ist heute jeder Bürger sein eigener Programmdirektor.

Stand: 28.07.2014

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