Sixtus IV., zeitgen. Farbzeichnung

Stichtag

21. Juli 1414 - Papst Sixtus IV. wird geboren

Dreizehn Jahre hat er über die Christenheit geherrscht wie kein Papst zuvor. Nun liegt Sixtus IV. mit entstelltem Gesicht und geschwollenem Hals im Vatikan auf dem Totenbett. Während nur ein einsamer Franziskanermönch an jenem 12. August 1484 bei dem Sterbenden wacht, atmen draußen die Menschen auf. In ganz Italien danken sie dem Allmächtigen, dass er sie von diesem Heiligen Vater befreit.

Der Historiker Volker Reinhardt beschreibt Sixtus IV. als "Normenverächter und Regelstürzer, wie es ihn in der Papstgeschichte sehr selten gegeben hat". Mit seinem Pontifikat beginnt die Ära der berüchtigten Renaissance-Päpste, einem der schwärzesten Kapitel der Kirchengeschichte. Die Jahrzehnte unter Sixtus und seinen Nachfolgern sind geprägt von Gier, Krieg und Mord, von Korruption und hemmungsloser Vetternwirtschaft. Niccolò Machiavelli schreibt damals in Florenz: "Religion ist nichts anderes als ein vom Menschen gemachtes Herrschaftsmittel."

Großmeister des Nepotismus

Als Francesco della Rovere wird Sixtus am 21. Juli 1414 bei Savona geboren. Arm, aber intelligent und ehrgeizig, tritt der Sohn eines Gemüsehändlers dem Bettelorden der Franziskaner bei. Nur der Klerus bietet einem Namenlosen wie ihm Karrierechancen. Francesco studiert Theologie und genießt bald einen vorzüglichen Ruf als Glaubenslehrer und Prediger. Mit 50 Jahren schafft er den Aufstieg zum General des Franziskanerordens, 1467 ernennt ihn Papst Paul II. zum Kardinal. Als sein ihm wohl nicht nur platonisch zugetaner Gönner 1471 stirbt, sieht della Rovere den Weg zum Heiligen Stuhl frei.

Zwar fehlen dem Emporkömmling einflussreiche Verwandte im Vatikan, doch üppige Geschenke und Ämterversprechungen an die Kardinäle sorgen für die nötige Mehrheit im Konklave. Am 9. August 1471 wählen sie Francesco della Rovere zum Pontifex Maximus. Kaum im Amt, baut Sixtus IV. seine päpstliche und weltliche Macht skrupellos aus. Das Vermögen des Heiligen Stuhls und den Kirchenstaat betrachtet er als persönliches Eigentum. Vetternwirtschaft betreibt er so exzessiv wie keiner seiner Vorgänger. Gleich 25 Neffen versorgt Sixtus mit Kardinalshüten, Adelstiteln und Ländereien. 

Unvergessen durch die Sixtinische Kapelle

Allen voran seine Neffen Girolamo und Pietro gebärden sich unersättlich wie königliche Prinzen. "Soviel Silbergeschirr wird aufgefahren, wie man gar nicht geglaubt hätte, dass die Kirche Gottes davon besäße", empört sich der römische Senatsschreiber Stefano Infessura. "Für was für Dinge sind nicht die Schätze der Kirche gut!" Italiens Fürsten und Stadtstaaten verwickeln Sixtus und seine Neffen in ein Labyrinth von Verschwörungen, wechselnden Bündnissen und zermürbenden Kleinkriegen. Seine Kassen füllt der Papst durch immer neue Steuern, eine immense Aufblähung des Ablasshandels und dem unerschöpflichen Erfinden überflüssiger, aber käuflicher Ämter.

Jede Opposition erstickt Sixtus im Keim. Wer sich ihm in den Weg stellt, ist seines Lebens nicht mehr sicher. Als der Papst im August 1484 plötzlich nach einem Schlaganfall stirbt, notiert Senatsschreiber Infessura: "Der allmächtige Gott, von dem alles Gute kommt, fegte seine böse Seele fort." Er kann ja nicht ahnen, welchen unheiligen Vätern dieser Papst den Weg bereitet hat. Vielleicht wäre Sixtus sogar völlig hinter den Untaten seiner Nachfolger verschwunden, hätte er nicht ein Bauwerk in Auftrag gegeben, das seinen Namen trägt: die Sixtinische Kapelle.

Stand: 21.07.2014

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