Stichtag

07. Februar 2008 - Vor 530 Jahren: Thomas More in London geboren

Die Bewohner der eigenartigen Insel haben alles gemeinsam: Es gibt kein Eigentum, sondern eine perfekte Zuteilung nach Bedürfnissen. Deshalb spielt Geld hier keine Rolle. Aus Gold und Silber werden Nachttöpfe hergestellt. Und so wie den Reichtum, verabscheuen die Insulaner auch den Krieg. Auf eine solche Insel des Friedens möchte wohl mancher auswandern. Doch leider gibt ihr der Mann, der sie beschreibt, einen ernüchternden Namen: Sie heißt "Utopia", also: "Nicht-Ort".

Für den Autor der ersten "Utopie" der Neuzeit ist der Ort seiner Geburt und seines Wirkens klar: London. Dafür sind sich die Quellen über seinen Geburtstag uneins: Thomas More ist am 6. oder 7. Februar geboren, im Jahr 1477 oder 1478. Sein Vater ist Jurist, und das soll auch der Sohn werden. Der fügt sich, obwohl seine Neigung zu Theologie und Philosophie geht. Als Gast lebt er längere Zeit mit den strengen Kartäuser-Mönchen zusammen, um diese Berufung für sich dann doch zu verwerfen. Die Entscheidung begründet er auf eine für ihn typische humorvolle Art: "Ich will lieber ein keuscher Ehegatte sein als ein unkeuscher Mönch." Thomas More heiratet und zeugt vier Kinder. Sein großes Haus gestaltet er als kleines Utopia: Er hält hier exotische Tiere, er beschäftigt einen Hofnarren. Seine Kinder - und zwar auch die Mädchen - erhalten eine umfassende humanistische Ausbildung.

More gelingt es, Philosophie und juristische Karriere unter einen Hut zu bringen. Als gelehrter Humanist nennt er sich Thomas Morus, ist der Freund des berühmten Erasmus von Rotterdam, übersetzt antike Literatur, schreibt eigene lateinische Werke - so 1516 den berühmten Bericht über die fiktive Insel "Utopia". Als Jurist wird er Abgeordneter im Unterhaus und Berater am Königshof. Weil er die unsoziale Steuerpolitik Heinrich VII. kritisiert, fällt er jedoch in Ungnade. Unter dessen Nachfolger Heinrich VIII. kommt More dann ganz nach oben: Er reist als Diplomat nach Flandern und wird schließlich Lordkanzler des Königs. Über das dünne Eis, auf dem er als Diener dieses Königs wandelt, macht sich More allerdings keine Illusionen: "Wenn mein Kopf ihm ein Schloss in Flandern gewinnen könnte, würde er unfehlbar fallen".

Am Ende ist es kein Schloss, sondern eine Frau des Königs, die Thomas More den Kopf kostet. Heinrich VIII. will seine Geliebte Anna Boleyn heiraten, aber der Papst verweigert die Scheidung von seiner Frau Katharina. Daraufhin ruft Heinrich kurzerhand die englische Nationalkirche aus mit dem König als Oberhaupt. More soll wie alle Beamten und Geistlichen einen Eid auf die neue Königs-Kirche schwören. Der Lordkanzler weigert sich, legt sein Amt nieder, zieht sich aus der Politik zurück. Aber Heinrich akzeptiert keine Gewissensentscheidung. Er lässt Thomas More im Tower inhaftieren und inszeniert einen politischen Prozess. More wird wegen Hochverrats verurteilt und am 6. Juli 1535 enthauptet.

Stand: 07.02.08