Stichtag

1. Juni 1980 - ARD und ZDF starten den Videotext

Was haben Rubiks Zauberwürfel und Rollerblades, Post-It-Haftzettel und Airbags gemeinsam? Sie alle kamen vor 35 Jahren auf den Markt und sind heute ebenso Teil unseres Alltags wie eine weitere Neuheit des Jahres 1980: der Videotext.

Per Tastendruck auf der Fernbedienung jederzeit auf dem aktuellsten Stand sein, das bietet der programmbegleitende Infodienst, mit dem ARD und ZDF am 1. Juni 1980 testweise auf Sendung gehen. Kein Nachrichtenmedium informiert so schnell in Kürze über weltweite Ereignisse wie der Videotext - ohne dabei vom Fernseher auf ein anderes Medium wechseln zu müssen. "Einfach einschalten und es ist da", bringt ARD-Text-Redakteur Joachim Kotelmann die Sache auf den Punkt.

Eine Entdeckung der BBC

Möglich wird der neue Teletext-Service durch die so genannte Austastlücke. Ein analoges Fernsehbild setzt sich aus 625 Zeilen zusammen, für die Übertragung der Sendesignale sind jedoch nur 576 erforderlich. Mitte der 1970er Jahre entwickeln Techniker der britischen BBC eine Maschine, um in den ungenutzten Zeilen Untertitel für Gehörlose zu senden. "Als das Gerät fertig war", berichtet der Teletext-Pionier Colin McIntyre, "stellten unsere Bosse fest: Mit diesem Untertitel-Ding lässt sich ja ein ganzer Nachrichten- und Informationsdienst bestücken." Das ist die Geburtsstunde des Teletextes.

Beim Start 1980 in der Bundesrepublik verfügen nur etwa 70.000 Haushalte über ein teletextfähiges Fernsehgerät oder den erforderlichen Decoder. Die übrigen lernen das neue Medium durch die Sendung "Videotext für alle" kennen, die ausgewählte Texttafeln wie eine Bildschirmzeitung präsentiert. Die Zahl der Videotext-Nutzer wächst rasant, weil immer mehr TV-Geräte mit eingebautem Decoder angeboten werden. 35 Jahre nach der Einführung "können 99,9 Prozent aller Fernsehgeräte Videotext empfangen", erklärt Frauke Langguth, Leiterin der ARD-Text-Redaktion. "Es gibt nur wenige Technologien, die sich auf so breitem Niveau durchgesetzt haben."

Der Oldie wird mobil

Im Laufe der 80er-Jahre gehen der WDR, BR , NDR und weitere Landesanstalten der ARD mit regional orientierten Videotext-Auftritten auf Sendung. Seit Anfang 2000 bieten auch die langjährigen Partner ARD und ZDF ihre Teletexte unabhängig voneinander an. An der schlichten, klobigen Pixel-Optik, den wie aus Lego gebauten Grafiken und den wenigen Farben hat sich in all den Jahren nicht viel geändert. Eingefleischte Videotext-Nutzer – und das sind allein bei der ARD täglich über elf Millionen - schätzen gerade die Reduzierung auf das Wesentliche, wenn sie die neuesten Schlagzeilen und Sportergebnisse erfahren oder die Abflugzeit ihres Ferienfliegers checken wollen.

Aller Nostalgie im Erscheinungsbild zum Trotz: Der oft totgesagte Oldie ist für die crossmediale Ära bestens gerüstet. Videotext gibt es längst auch online und damit auf dem Smartphone. Per Teletwitter können Zuschauer bestimmte Sendungen live kommentieren und HbbTV  liefert die nächste, modernere Videotext-Generation für internetfähige Fernseher. Was bleibt, ist die seriöse, laufend aktualisierte Information. Und das Interesse an kurzen Texten ist groß, weiß Frauke Langguth. Deshalb macht sich die ARD-Text-Chefin um die Zukunft des Mediums keine Sorgen: "Es wird durchaus geschätzt, wenn man präzise und knapp formuliert."

Stand: 01.06.2015

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