Menschen gehen an der WestLB in Düsseldorf vorbei

EU prüft Umstrukturierungsplan aus Berlin

So klug wie zuvor

Stand: 16.02.2011, 08:26 Uhr

Eine Lösung für die WestLB ist nach wie vor nicht in Sicht. Am späten Dienstagabend (15.02.11) sandte der Lenkungskreis aus Berlin ein Fax an die EU-Kommission, das drei Vorschläge enthält: Verkaufen, Schrumpfen und Überleben als Sparkassen-Zentralbank.

Von Christoph Stehr

Steffen Kampeter, Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, sagte, nun müsse die EU-Kommission die Vorschläge bewerten und prüfen. Er rechne nicht mit einer schnellen Entscheidung. Immerhin sei die von Brüssel gesetzte Frist eingehalten worden. Bis Mitternacht in der Nacht auf Mittwoch (16.02.2011) lief das Ultimatum von EU-Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia, der ein zukunftsfähiges Geschäftsmodell und neue Besitzverhältnisse für die krisengeschüttelte Bank gefordert hatte.

Auf dem Spiel stehen mehrere Milliarden Euro, mit denen der deutsche Staat die WestLB über die Finanzkrise gerettet hat. Aus Sicht der Kommission sind das wettbewerbsverzerrende Beihilfen, wenn die WestLB als quasi-öffentliche Bank - sie gehört dem Land NRW und den Sparkassenverbänden Rheinland und Westfalen-Lippe - bestehen bleibt. In diesem Fall muss das Düsseldorfer Institut das Geld zurückzahlen, was praktisch die Pleite bedeuten würde.

Ein Drittel weniger Bank

Der Umstrukturierungsplan, den Bund, Land und Sparkassen nach Brüssel übermittelt haben, sieht vor, dass die WestLB ihre Bilanzsumme und die so genannten risikogewichteten Aktiva (RWA) bis 2015 um ein weiteres Drittel verringert. Die Bilanzsumme beschreibt die Größe einer Bank, RWA sind Kreditforderungen. Je nach Risiko müssen diese Forderungen mit mindestens acht Prozent der Kreditsumme abgesichert werden - als Rücklage für den Fall, dass der Gläubiger das Geld nicht zurückzahlt. Da die WestLB einen großen Teil schlechter Risiken in ihrem Kreditbuch hat, benötigt sie viel Eigenkapital zur Absicherung - Geld, das sie nicht besitzt und das die Eigentümer zuschießen müssen. Die Schrumpfkur entlastet daher langfristig sowohl die Bank als auch das Land NRW und die Sparkassenverbände. Kurzfristig kostet sie aber viel Geld, weil sich die schlechten Risiken nicht einfach aus der Welt zaubern lassen. Sie lagern größtenteils in der "Bad Bank" EAA.

Die Filetstücke stehen zum Verkauf

Wie die WestLB mitteilt, beschränkt sich der Umstrukturierungsplan nicht auf das Verkleinern der Bilanzsumme. Um die Chancen für "mögliche Verbindungen mit Partnern" zu erhöhen, sollen vier Teilbetriebe unter dem Dach der WestLB abgespalten werden. Im Wesentlichen geht es um das eigene Geschäft mit mittelständischen Firmenkunden sowie um die Dienstleistungen und Produkte, die die WestLB als Zentralbank der Sparkassen bereitstellt. Das Kalkül ist, dass ein potenzieller Partner lieber nur mit einem Teil der WestLB kooperieren würde - statt die ganze Familie mitzuheiraten. "Einzelne Teilbetriebe können zu einem späteren Zeitpunkt im Rahmen von Partneroptionen in Zusammenschlüsse eingebracht oder veräußert werden", heißt es in der offiziellen Erklärung. Im Klartext: Die Filetstücke stehen zum Verkauf.

Der Umkehrschluss lautet, dass niemand mehr an einen Verkauf der Gesamtbank glaubt. Die Arbeit von Friedrich Merz, der seit Monaten im Auftrag der Bundesregierung Investoren sucht und immer wieder von "hochwertigen" Angeboten sprach, aber keinen ernsthaften Interessenten für die WestLB als Ganzes fand, ist damit erst einmal erledigt. Zuletzt wurde darüber spekuliert, dass die Finanzinvestoren Lone Star, Apollo und J. C. Flowers zumindest Teile der Bank kaufen wollten. Sie könnten jetzt, da der Weg für einen Teilverkauf offiziell frei ist, zum Zuge kommen.

Weiter Bangen um Jobs

Die Zukunft der WestLB steht auch nach dem Krisengipfel in den Sternen. "So schlau als wie zuvor" sei man, meint ein Branchenkenner. Weder hätten die Eigentümer sich über die Lastenverteilung geeinigt noch läge ein tragfähiges Sanierungskonzept vor, das Brüssel verlangt. Denn das Geschäftsmodell ist nach wie vor das alte: Die WestLB hat einen Bauchladen aus Verbundgeschäft mit den Sparkassen, Mittelstandsfinanzierung und Kapitalmarktgeschäft. Der einzige Unterschied ist, dass sie kleiner wird und dass sich nun Investoren mit dem Segen der Eigentümer die Rosinen herauspicken dürfen.

Für die rund 5.000 Mitarbeiter, die die WestLB noch hat, geht das Bangen weiter. Ein Viertel bis ein Drittel der Arbeitsplätze könnte durch das Schrumpfen der Bank entfallen, hatten Medien in der vergangenen Woche prophezeit. Nicht nur die Beschäftigten, sondern alle Steuerzahler in NRW sind mit der WestLB längst nicht fertig: Sie tragen doppelt an den finanziellen Lasten, die bislang durch die Rettung der maroden Bank entstanden sind und die künftig durch ihre Abwicklung entstehen werden. Zum einen bezahlen sie mit ihren Steuern weitere Kapitalspritzen des Landes zur Risikoabsicherung der WestLB. Zum anderen entgehen ihnen die Leistungen, die die kommunalen Sparkassen als mittelbare WestLB-Eigentümer bislang aus den Gewinnen aus Düsseldorf finanziert haben. Ein Beispiel: Die kleine Stadtsparkasse Haan musste 2010 rund 300.000 Euro - knapp die Hälfte ihres Bilanzgewinns - zurücklegen, um die Rettung des Düsseldorfer Zentralinstituts zu unterstützen. Das Geld hätte auch Kindergärten oder Sportvereinen zugutekommen können.