Verhalten in sozialen Netzwerken

Privatsphäre im Netz - Ansichtssache?

Stand: 12.04.2012, 06:00 Uhr

Profi-Fußballer, Moderatorin, Musiker, Autorin oder Jurist - WDR.de hat bei Menschen, die beruflich wie privat viel im Netz unterwegs sind, nachgefragt: Wie halten Sie es mit Ihren persönlichen Daten? Wie privat und offenherzig kommunizieren Sie über soziale Netzwerke?

Mit 78 Prozent Zustimmung ist Deutschland das Land, in dem von den meisten Onlinern Wert auf die Wahrung von Datenschutz und Privatsphäre im Internet gelegt wird - so das Ergebnis einer internationalen Studie des Marktforschungsinstituts TNS Infratest von Anfang März. Der Privatsphäre in sozialen Netzwerken messen die deutschen User dabei eine besonders hohe Bedeutung bei. Wie aber wirkt sich das in der Praxis, in Verhalten und Nutzung von Facebook und Co. aus? WDR.de fragte bei Menschen aus verschiedenen Branchen nach und bat um persönliche Statements.

Christian Fuchs, Abwehrspieler bei Schalke 04

Christian Fuchs, Abwehrspieler bei Schalke 04

Christian Fuchs

"Über Facebook kommuniziere ich regelmäßig mit Fans und finde auch den gegenseitigen Austausch sehr interessant. Neben dem persönlichen Spaß, den ich daraus ziehe, gehört es meiner Meinung nach zum Geschäft eines modernen Profisportlers, Medien wie Facebook, Twitter oder eine eigene Homepage zu nutzen und zu pflegen. Was private Daten anbelangt, bin ich allerdings recht vorsichtig und gebe sie nur auf gesicherten Seiten preis, wenn es unbedingt notwendig ist. Die Funktionen zum Markieren anderer Personen auf Fotos nutze ich nicht, weil das auch andere Leute betrifft und so etwas nur in beiderseitigem Einverständnis geschehen sollte."

Tina Middendorf, 1LIVE-Moderatorin

1LIVE Moderatorin Tina Middendorf

1LIVE Moderatorin Tina Middendorf

"Mr. Zuckerberg mag sich ja wünschen, dass man von der Schuhgröße bis zur letzten OP alles in seine Chronik einträgt, aber ganz ehrlich, das geht nur meinen Schuster und meinen Arzt was an. Wer wirklich wissen will wie mein letzter Urlaub war, der soll auf einen Kaffee vorbeikommen zum Fotos gucken. Warum ständig die breite Masse füttern und manchmal auch nerven, mit Dingen, die eigentlich nur einen kleinen Kreis der geaddeten Freunde interessieren? Fotos sollte man fürs Fotoalbum machen und nicht für Facebook. Sein Leben auf Facebook durch LIKES bewerten zu lassen mag ich nicht. Ich weiß selbst, welches Erlebnis "Daumen hoch oder runter" war. Ich tagge auch keine Freunde auf Fotos. Jeder soll lieber selbst entscheiden in welchem Zusammenhang er oder sie "gesehen" werden will. Großartige Momente mit meinen Liebsten? I LIKE, - auch wenn Facebook mal nichts davon mitbekommt."

Robert Drakogiannakis, Sänger der Band "Angelika Express"

Robert Drakogiannakis

Robert Drakogiannakis

Mein Verhältnis zu Facebook ist schizophren. Als Musiker nutze ich es täglich sowohl privat als auch für die Kommunikation mit Fans, da es eben Standard ist. Ich tagge gelegentlich Fotos und werde selber getagged, etwa bei Aftershow-Situationen. Im Hintergrund geistern bei FB dabei immer fiese Datenkrakenaspekte. Letztlich werden wir subtil darauf gebürstet soviel Zeit wie möglich dort zu verbrennen um ein prima Klima für Werbetargeting zu zementieren.

Ich sehne mich nach relevanten, unkommerziellen Alternativen, analog zu Wikipedia. Auch scheint seit der Monopolisierung der social media durch FB der Rest des Web zu versanden. Zuckerbergsche Monokultur lässt die Nährböden der einst quirligen Blogosphäre veröden.

Kathrin Passig, Schriftstellerin und Bloggerin

Schriftstellerin Kathrin Passig

Schriftstellerin Kathrin Passig

Ich habe im Laufe der Jahre so viel Persönliches ins Netz geschrieben, dass man daraus vermutlich einen brauchbaren Ersatz meiner Person rekonstruieren kann, falls ich vom Bus überfahren werde. Das hat unter anderem damit zu tun, dass ich mich für Sadomasochismus interessiere, davon handelt auch mein erstes Buch. Ich habe dabei sehr davon profitiert, dass es anderen Menschen eben nicht peinlich war, seltsame private Dinge über sich preiszugeben. Mit den Foto-Markierfunktionen von Facebook und Google+ habe ich kein Problem. Ich halte es für unrealistisch, dass Staat und Unternehmen auf die Nutzung von Gesichtererkennung verzichten werden, dazu ist sie viel zu attraktiv. Wir müssen also sowieso irgendeinen Umgang mit ihr finden, und das heißt: ihre Vorteile selbst nutzen.

Julia Probst, Bloggerin und Lippenleserin

Julia Probst

Die gehörlose Bloggerin Julia Probst

Ich achte schon darauf, dass ich nur soviel von mir herausgebe, wie es gerade notwendig ist und passend ist. Mehr als unbedingt notwendig gebe ich nicht von mir heraus. Da mach ich es so: Wenn es für einen Blogeintrag passt, dann erzähle ich auch auch mal private Anekdoten, aber sonst gibt's nicht sehr viele private Details über mich. Leute, die mich persönlich kennen, wissen die auch und das reicht dann auch.

Ich habe die Fotomarkierungsfunktion abgeschaltet und nutze die Funktion auch nicht bei anderen Leuten. Mir ist es wichtig, dass jeder die freie Kontrolle hat über die eigenen Daten. Jeder sollte frei darüber entscheiden können, wie er mit seinen eigenen Daten umgeht! Ich sorge mich nur um meine Privatsphäre, wenn ersichtlich wird, dass fremde Leute, die absolut nichts mit meinem Leben zu tun haben, freien Zugriff auf meine Daten haben und diese für ihre eigenen wenig amüsanten Seiten verwenden. Und ich finde, dass es jedem überlassen ist, wie wenig oder wie viel er aus seinem Leben berichtet. Und es ist völlig falsch zu glauben, dass wenn jemand wenig über sein Privatleben erzählt, dass dieser dann kein eigenes Leben habe, aber leider geht der Trend im Internet mehrheitlich dazu über, dass es so sein müsse. Wie gesagt, es kann jeder darüber entscheiden, was er mit seinen Daten macht.

Jens Ferner, Jurist und IT-Rechtexperte

Jurist und IT-Rechtexperte Jens Ferner

Jurist und IT-Rechtexperte Jens Ferner

Beim Weitergeben von Inhalten gilt der bewährte Grundsatz "Think before you post". Dies gilt auch hinsichtlicher sozialer Netzwerke: Ich habe schon sehr frühzeitig angefangen, etwa bei Facebook meine Kontakte in Gruppen einzuteilen (ähnlich den "Circles" bei Google) und darauf zu achten, wer welches Posting dort sieht. Entferntere Kontakte sehen daher nicht alles, die Öffentlichkeit kaum etwas und echte Freunde dagegen fast alles, was ich schreibe. Auf diese Art ist eine kleine Möglichkeit der Kontrolle geboten, auch wenn man sie nicht überschätzen darf, da man letztlich so oder so Inhalte "aus der Hand" gibt. Daher gibt es auch am Ende eine starke Grenze bei mir, was ich nicht poste - so etwa Fotos meiner Kinder, oder auch deren Vornamen. Selbiges bei Urlaubsfotos (wenn diese keinen reinen Landschaftsfotos sind) etc.

Ebenfalls bin ich bei Fotos sehr vorsichtig, gleich ob man auf den Bildern Personen "markiert" oder nicht: Zum einen finde ich es schlicht unhöflich, ohne nachzudenken oder ausdrückliche Erlaubnis Fotos im Internet zu verbreiten, auf denen andere eindeutig zu erkennen sind. Dass dies rechtlich im Regelfall nicht erlaubt sein wird, ist hoffentlich zudem bekannt. Dies noch dadurch zu verstärken, indem man ungefragt auf den Fotos Personen "markiert" und damit die Auffindbarkeit erhöht, kommt für mich nicht in Frage.

Wie gesagt: Losgelöst von der rechtlichen Problematik empfinde ich es als schlicht unhöflich. An dieser Stelle sind andere Nutzer durchaus problematisch. Nun: Wer sich bei sozialen Netzen "ausziehen" möchte und auch die Reife hat, dies selbst zu entscheiden, dem sei es überlassen. Was aber nicht angeht, ist das unbedachte Mit-hineinziehen von Dritten, die gegen oder ohne ihren Willen auf einmal thematisiert werden. Das ist kein reines Social-Media-Problem: Früher wurde namentlich in Web-Foren gelästert, irgendwann kamen die Bewertungsplattformen und heute dann eben Social-Media-Plattformen. Der Unterschied ist aber sicherlich, dass man in Social-Media-Plattformen die Betroffenen noch leichter finden kann. Daher gilt im Netz: Nachdenken bevor man schreibt! Und ohne Absprache sollten man Dritte (Privatpersonen) nicht in eigene Tätigkeiten hineinziehen.

Jacqueline Brzinzky, Studentin

Studentin Jacqueline Brzinzky

Studentin Jacqueline Brzinzky

Vor allem bei Facebook achte ich darauf, nicht zu offen zu kommunizieren und meine Daten zu schützen. Dafür nutze ich die Privatsphäre-Einstellungen und die Funktion um Gruppen zu erstellen, denen ich unterschiedliche Aktivitäten sichtbar mache. Auch auf die Privatsphäre meiner Freunde versuche ich Rücksicht zu nehmen. Bevor ich Fotos hochlade und tagge, frage ich daher immer erstmal nach. Das erwarte ich auch von meinen Freunden. Was mich besonders stört, sind Personen, die Bilder ihrer Kinder hochladen und keinerlei Rücksicht auf deren Privatsphäre nehmen. Generell halte ich das Taggen aber für eine nützliche Funktion, da sich auch Events, Gruppen usw. durch die Funktion verlinken lassen.

Zusammengestellt von Insa Moog

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