Mann mit Opel-T-Shirt und geballter Faust

Aus für Opel-Werk beschlossen

Verbitterung und Kampfbereitschaft in Bochum

Stand: 17.04.2013, 17:08 Uhr

Das am Mittwoch (17.04.2013) beschlossene Aus für Opel in Bochum ist keine Überraschung. Dennoch fallen die Reaktionen in der Stadt bitter aus. Die Oberbürgermeisterin fordert Verantwortung von Opel. Der Betriebsratschef kündigt eine juristische Überprüfung des Schließungsbeschlusses an.

Ende 2014 rollt in Bochum der letzte Opel vom Band. Danach ist Schluss mit der Autoproduktion an dem traditionsreichen Standort. Dies beschloss am Mittwoch (17.04.2013) der Opel-Aufsichtsrat in Rüsselsheim. Bochums Oberbürgermeisterin Ottilie Scholz (SPD) sprach von einem schweren Schlag für die Beschäftigten und ihre Familien. Dass es auf Seiten des Opel-Vorstandes keine Bereitschaft mehr gebe, mit den Beschäftigten vor Ort zu sprechen, nehme sie mit großem Bedauern zur Kenntnis. Gleichzeitig nahm sie Opel in die Pflicht, an neuen Perspektiven für Bochum mitzuwirken: "Das Unternehmen Opel muss seine Verantwortung für den Standort auch über das Jahr 2014 hinaus sicherstellen", erklärte Scholz.

"Völlig unverständlich, dass Opel sich nach der Ablehnung des Tarifvertrages in den Schmollwinkel zurückgezogen hat", sagte der Bochumer IHK-Sprecher Jörg Linden. "Das war doch: "Friss oder Stirb"". Die Konzernmutter General Motors (GM) habe Opel seit Jahren geschwächt, und stattdessen den Absatz der konkurrierenden Chevrolet-Modelle aus dem eigenen Haus gefördert. In die gleiche Kerbe schlug der Bochumer SPD-Bundestagsabgeordnete Axel Schäfer. Bochum sei von GM "systematisch heruntergeredet" worden. Das Unternehmen dürfe jetzt nicht getreu dem Motto "Nach uns die Sintflut" abrücken, sondern müsse sich zunächst um eine Jobperspektive für die Betroffenen kümmern, sagte der Sozialdemokrat. Jahrzehntelang habe Opel in und mit Bochum "viel Geld verdient".

Betriebsrat gibt nicht auf

Opel Betriebsratsvorsitzender Rainer Einenkel bei einer Pressekonferenz

Kampfbereit: Betriebsratchef Einenkel

Der Bochumer Betriebsratschef Rainer Einenkel will den Aufsichtsratsbeschluss juristisch überprüfen lassen. Eine Verlagerung der Zafira-Produktion lasse sich nicht ohne Vorlaufzeit realisieren, sagte er. Es gebe allerdings eine Zusage, wonach das Modell bis Ende 2014 nur in Bochum vom Band rollen dürfe. "Wir sind da. Und wir haben gesagt, so lange wir da sind, werden wir alles tun, damit man so eine unsinnige Entscheidung auch nicht umsetzen kann," sagte Einenkel am Mittwoch. Gleichzeitig verteidigte er seine Empfehlung, den Sanierungsplan von Opel nicht anzunehmen. "Wir sollten unverbindliche Erklärungen akzeptieren", sagte er. "Die Situation von heute hat die Skepsis und die Sorge, die viele Menschen hatten, nur bestätigt."

Die Bochumer Belegschaft hatte im März den von Gewerkschaft und Management ausgehandelten Sanierungsplan mit großer Mehrheit abgelehnt. Nach Darstellung von Betriebsratschef Rainer Einenkel fehlte es darin an klaren Zusagen und Arbeitsplatzsicherheit für die 3.200 Beschäftigten im Werk. Mit dem Nein verzichtete die Bochumer Belegschaft allerdings auch auf eine Verlängerung der Standortsicherung bis Ende 2016. Die Opel-Spitze erklärte die Verhandlungen daraufhin für beendet und kündigte an, dass Opel ab 2015 keine Autos mehr im Ruhrgebiet bauen werde.

Jahrzehntelange Kämpfe der Arbeiter

Die Opelaner in Bochum kämpfen seit Jahrzehnten für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze - unter anderem miit einem "wilden" Streik im Jahr 2004. Nach Ansicht des Autoexperten Ferdinand Dudenhöffer bedeutet der nunmehr doch beschlossene Rückzug von Opel aus dem Ruhrgebiet einen massiven Imageverlust für das Autounternehmen, der nur schwer aufzufangen sei. "Die Menschen im Ruhrgebiet sind solidarischer als mancher es in Rüsselsheim denkt. Niemand will ein Auto fahren, bei dem der Nachbar sagt 'Die haben uns hängen lassen'", sagte Dudenhöffer.

Opel erklärte, das Unternehmen wolle "nach Anschlusslösungen für die Menschen in Bochum und der Region suchen." Dies soll im Rahmen der Entwicklungsgesellschaft "Bochum Perspektive 2022" geschehen. Laut früheren Unternehmensangaben sei es das Ziel der Initiative, in die Opel finanziell wie personell investiere, neue Unternehmen und Technologien im Raum Bochum anzusiedeln.

Erst Nokia und bald auch Opel weg aus Bochm

Die frühere Montanstadt Bochum hat seit Jahrzehnten mit dem Strukturwandel zu kämpfen. Bochum erlebt mit dem Opel-Beschluss innerhalb weniger Jahre den zweiten Rückzug eines großen Arbeitgebers. 2008 hatte Nokia aus Kostengründen die Handy-Produktion mit rund 3.000 Jobs ins Ausland verlagert. Von der klammen Stadt können die Arbeiter wenig Hilfe erwarten. Bochum hat allein 2012 gut 125 Millionen Euro Haushaltsdefizit erwirtschaftet.

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