Skulpturen vor dem Aloisiuskolleg Bonn

Schwere Vorwürfe gegen Schulleiter

Rektor des Aloisiuskollegs tritt zurück

Stand: 10.02.2010, 10:06 Uhr

Auch am Bonner Aloisius-Kolleg hat es Fälle von sexuellem Missbrauch gegeben. Ehemalige Schüler haben von Übergriffen durch Patres berichtet, so ein Sprecher der Schule am Dienstag (09.02.2010). Der Rektor ist unterdessen wegen des Vorwurfs der Mitwisserschaft zurückgetreten.

Der Rücktritt des Schulleiters Theo Schneider war eine Reaktion auf eine Anzeige vom Montag (08.02.2010). Wie die Bonner Staatsanwaltschaft WDR.de bestätigte, hat eine Mutter einen Pater, der inzwischen 82 Jahre alt ist und in einem Pflegeheim lebt, belastet. Dieser soll ihren mittlerweile 35 Jahre alten Sohn in der Dusche angefasst haben. Gleichzeitig soll sie Schneider der Mitwisserschaft beschuldigt haben. "Darauf hat Schneider gesagt, dass er nicht Teil der Gruppe sein kann, die an der Aufklärung beteiligt ist", erklärte Robert Wittbrodt auf Nachfrage von WDR.de. Wittbrodt ist Lehrer am Aloisiuskolleg und nach eigenen Angaben Teil eines Teams, das sich um die Aufklärung der Fälle bemühe.

Betatschen und Nacktaufnahmen

Dabei wird der Aufklärungsbedarf immer größer: Inzwischen ist die Rede von zwölf Fällen allein am Aloisiuskolleg. Auch am Berliner Canisius-Kolleg und am Kolleg St. Blasien im Schwarzwald, ebenfalls Schulen in Trägerschaft des Jesuiten-Ordens, sollen Patres ihre Autoritätsstellung ausgenutzt haben; die Rede ist von "Betatschen", von Nacktaufnahmen und ähnlichen Übergriffen. In Bonn richten sich die Vorwürfe vor allem gegen einen inzwischen verstorbenen Lehrer, der in den 1950er und frühen 1960er Jahren an der Schule unterrichtete, und gegen den jetzt 82-Jährigen, der bis 2007 am Kolleg war. Laut Wittbrodt habe das Aloisius-Kolleg unabhängig von der Anzeige der Mutter des mutmaßlichen Opfers die Staatsanwaltschaft eingeschaltet. Diese prüfe den Fall, sagte Oberstaatsanwalt Fred Apostel, habe bislang jedoch keine Ermittlungen aufgenommen. Möglicherweise sind die Vorwürfe verjährt.

"Schwerste Krise, die das Kolleg erlebt"

Willbrodt legt Wert darauf, dass keine Vorwürfe gegen Mitglieder des jetzigen Lehrerkollegiums erhoben wurden. Ähnlich hatte sich auch Schneider in einer Stellungnahme am Sonntag (07.02.2010) geäußert, in der er Betroffene zugleich um Verzeihung bat. Willbrodt bezeichnete die aktuelle Situation als "Schock für alle. Neben der Krise, die es gab, als die Nazis diese Schule schlossen, ist das die schwerste Krise, die das Kolleg erlebt." Vor allem der Rücktritt des Rektors mache allen zu schaffen: "Er hat so viele Ehen geschlossen und Kinder getauft, er war auch in Krisenfällen immer da." Die Schüler hätten Laken mit Solidaritätsbekundungen aus den Fenstern gehängt, sagt Willbrodt. Wann und ob Schneider wieder an die Schule zurückkehrt, könne er nicht sagen. Jetzt werde erst einmal eine kommissarische Leitung eingesetzt.

Geißler lobt Umgang des Ordens mit Vorwürfen

Der CDU-Politiker und frühere Jesuiten-Schüler Heiner Geißler sagte am Dienstag (09.02.2010) im WDR Fernsehen, die katholische Kirche trage "mit ihrer Erziehung zu einer verklemmten Sexualität viel Schuld" an den jetzt bekannt gewordenen Missbrauchsfällen an Jesuitenschulen. Seiner Ansicht nach seien die aufgedeckten Fälle atypisch für den Jesuitenorden: "Ich habe so etwas nie erlebt und von so etwas auch nie gehört." Dass die Führung der Jesuiten das Thema in der Öffentlichkeit austrage, bewertete er als neu und positiv: "Das muss ein Vorbild sein für die Katholische Kirche, die immer eine Vertuschungspolitik betrieben hat", sagte der 79-Jährige in der Sendung eins zu eins. Weiter forderte Geißler die Katholische Kirche dazu auf, über die Abschaffung des Zölibats nachzudenken: "Auf die Dauer ist solch eine menschenverachtende Konzeption nicht durchzuhalten."

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