Polizeibeamte vor abgesperrten Tatort

Keine klare Antwort der Polizeibehörden

NRW eine Hochburg der 'Ndrangheta?

Stand: 14.08.2009, 00:00 Uhr

Ist Nordrhein-Westfalen eine Hochburg der 'Ndrangheta? Glaubt man Medienberichten, so lautet die Antwort eindeutig Ja. Die Polizeibehörden tun sich mit klaren Antworten deutlich schwerer.

Die Zeitschrift "Die Zeit" etwa zitiert in ihrer aktuellen Ausgabe einen 396 Seiten dicken Lagebericht des Bundeskriminalamts (BKA), wonach die Kalabrier in NRW, Bayern, Baden-Württemberg und Hessen ihre Hauptstützpunkte haben und in den ostdeutschen Bundesländern. Insgesamt seien demnach 900 Angehörige der 'Ndrangheta in Deutschland aktiv.

Transitland und Rückzugsraum

Fragt man dagegen beim Landeskriminalamt von NRW nach Zahlen, so gibt es keinen Kommentar. Die Ermittler sagen zwar, dass Menschen aus den kalabrischen Zentren der 'Ndrangheta in NRW leben, vor allem in der Rhein-Ruhr-Region. Darunter seien auch Mafiosi, Verdächtige und ihre jeweiligen Verwandten. Manche seien kriminell aktiv, andere wiederum nicht, weil sie nicht auffallen und Nordrhein-Westfalen nur als Ruhe- und Rückzugsraum nutzen wollten. Außerdem werde NRW zum Beispiel beim Drogenhandel vor allem als Transitland genutzt, um den Stoff von Holland nach Italien zu transportieren. Aber eine Hochburg? Nein, das könne man so nicht sagen.

Statistiken helfen kaum weiter

Statistiken machen die Sache auch nicht viel konkreter, denn sie sind nicht sonderlich aktuell. So gab es nach Angaben des Landeskriminalamts im Jahr 2007 in NRW 69 Ermittlungsverfahren. 17 Fälle, also etwa jeder vierte, hatten einen geografischen Bezug zu Italien. Neuere Zahlen gibt es nicht, ein aktualisierter Lagebericht soll laut LKA in den kommenden Wochen erscheinen.

Verdeckte Ermittlungen

600 der insgesamt etwa 9.000 Kriminalbeamten im Land befassen sich mit der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität, zu der auch Mafia-Organisationen wie die kalabrische 'Ndrangheta zählen. Sie sind bei 17 Polizeipräsidien und dem LKA angesiedelt und mit Beobachtung und Analyse der Lage sowie gegebenenfalls konkreten Ermittlungen beschäftigt. Zum konkreten Vorgehen will sich das LKA nicht äußern. Es ist davon auszugehen, dass auch verdeckt ermittelt wird - was im Fall der 'Ndrangheta besonders schwierig ist, da nur Familienangehörige der jeweiligen Clans Zugang zu der Organisation haben.

Die Polizei hat seit den Morden ihr Anti-Mafia-Personal nicht generell aufgestockt. Das Landeskriminalamt betont jedoch, dass auch Beamte aus anderen Dienststellen zu den Ermittlungen hinzugezogen würden, falls das nötig sei.

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