Stadt Duisburg reagiert auf Kritik

2.500 Euro Loveparade-Entschädigung?

Schmerz ist schwer zu berechnen

Stand: 18.10.2011, 13:19 Uhr

Wie viel Entschädigung steht den Angehörigen der Loveparade-Opfer zu? Die Axa-Versicherung hat einer Mutter, deren Tochter ums Leben kam jetzt 2.500 Euro angeboten.

Die Tochter von Nadia Zanacchi war 2010 auf einer Europareise. Ein Ziel der Tour: die Loveparade in Duisburg. Dort starb die 21-Jährige bei der Massenpanik. Bei der Trauerfeier zum Jahrestag der Loveparade im Juli 2011 beeindruckte Nadia Zanacchi tausende Zuhörer mit ihrer Rede. Nadia Zanacchi ist Lehrerin. Doch seit dem Tod ihrer Tochter ist sie aus psychischen Gründen nicht mehr in der Lage zu unterrichten. Eine Traumatisierung, die in der deutschen Rechtssprechung so nicht vorgesehen ist. Denn Entschädigung für Angehörige, die durch den Tod eines Familienmitglieds, durch den Schmerz und die Trauer nicht mehr in der Lage sind ihrer Arbeit nachzugehen, gibt es nicht.

Daniel Henneke-Sellerio ist der Anwalt von Nadia Zanacchi und schrieb die Axa-Versicherung an, um eine Entschädigung für seine Mandantin zu erreichen. Nach einiger Zeit erhielt er ein Schreiben, in dem die Versicherung 2.000 Euro anbot. Als der Anwalt per Telefon die niedrige Summe monierte, bot man ihm an, noch 500 Euro draufzulegen. Auch dieses Angebot lehnte der Anwalt ab.

Versicherung bietet 2.500 Euro Entschädigung an

Die Kölner Axa-Versicherung ist für die Abwicklung aller Ansprüche nach der Loveparade zuständig. Dort ist man bemüht, die Emotionen möglichst aus der Diskussion herauszuhalten. Axa-Sprecher Ingo Koch sagte gegenüber WDR.de, dass die Versicherung bei der Regulierung aller Fälle an das gebunden sei, was die deutsche Rechtssprechung vorschreibe. Es gebe für den Verlust eines Familienangehörigen keinen juristischen Anspruch auf Schmerzensgeld für die Hinterbliebenen. Lediglich der Schmerzensgeld-Anspruch des später Verstorbenen wird an die Angehörigen vererbt - und dieser Anspruch berechnet sich nach festgelegten Werten.

Für Angehörige, die besonders traumatisiert sind, besteht zudem ein Anspruch auf Erstattung der Kosten, die etwa durch eine Arbeitsunfähigkeit bestehen. Ein solcher "Schockschaden" könnte nach Ansicht des Axa-Sprechers vorliegen, die daraus resultierenden Kosten seien aber seitens des Anwalts der Familie noch nicht angegeben worden. Insgesamt habe sich so das Angebot von 2.500 Euro ergeben.

"Wir wissen, dass der Schmerz nie geheilt werden kann", so der Sprecher. Er verwies aber darauf, dass die Versicherung sich bereit erklärt habe, im Zuge einer Soforthilfe die Ansprüche von Opfern und Angehörigen zu regulieren, bevor ein Gericht die Schuldfrage endgültig geregelt habe. "Damit nehmen wir den Menschen auch das Risiko, dass sie nichts bekommen, falls vor Gericht kein Schuldiger gefunden wird."

Anwalt: "Das europäische Ausland schüttelt den Kopf"

Der Rechtsanwalt Julius Reiter, der über 80 der Hinterbliebenen von Opfern der Loveparade vertritt, hat ähnliche Erfahrungen mit der Versicherung gemacht. In erster Linie ist er aber empört über die deutsche Gesetzgebung. Das Verhalten der Axa wundere ihn nicht, sagte er im WDR. Die deutsche Gesetzgebung bei Schmerzensgeldansprüchen von Eltern sei geprägt von einem "kalten preußischen Kasernenhof-Denken". Das müsse sich ändern. In anderen europäischen Ländern sei die Gesetzeslage ganz anders. Dort würde man über die deutsche Gesetzgebung den Kopf schütteln.