RAG-Hinweistafel vor dem Bergwerk Ost in Hamm

Projekt RAG-Börsengang

Aus dem Pott in den DAX?

Stand: 23.08.2006, 06:00 Uhr

Werner Müller will die RAG unbedingt im kommenden Jahr an die Börse bringen. Am Mittwoch (23.08.2006) versuchte der Konzernchef im Wirtschaftsausschuss des Landtags den Politikern sein Projekt schmackhaft zu machen.

Müller betonte vor dem Ausschuss die Notwendigkeit eines Börsengangs: "Andernfalls muss der Konzern bei einem Ende des Bergbaus aufgelöst werden und die Öffentliche Hand die über den Erlös hinausgehenden Folgekosten tragen", sagte er. Mit dem Börsengang würden die größten Investitionen des neuen Unternehmens in Nordrhein-Westfalen erfolgen. Ein Börsengang nutze nicht nur dem Konzern, sondern ergebe auch Vorteile für die öffentlichen Haushalte, sagte Müller.

Wirtschaftsministerin Christa Thoben (CDU) sagte auf Nachfrage der SPD-Fraktion, dass sie nicht den Börsengang infrage stelle: "Ich stelle allerdings Fragen zum Börsengang und das ist auch meine Pflicht!"

"Schwarz-Weiß"-Malerei bei der RAG

Werner Müller will den Konzern mit dem so genannten weißen Bereich - bestehend aus Energie, Chemie und Immobilien - an die Börse zu bringen. Der so genannte schwarze Bereich, die in der Deutsche Steinkohle AG angesiedelte Bergbausparte, soll dagegen in eine Stiftung ausgelagert werden. Die schwarz-gelbe Landesregierung will dem Börsengang jedoch nur zustimmen, wenn zugleich ein sozialverträgliches Ende des subventionierten Steinkohle-Bergbaus vereinbart wird. Wegen der Steinkohlebeihilfen hat das Land ein Mitspracherecht bei Veränderungen der RAG-Konzernstruktur.

Mitte August brachte ein Gutachten erste Klarheit über den Erlös des Börsengangs. 5,5 Milliarden Euro würden demnach ausreichen, um die Kosten für die Beendigung des Steinkohlebergbaus im Jahr 2014 zu decken. Ein zweites Gutachten soll nun ermitteln, welchen Wert die RAG hat. Danach - im Februar 2007 - könnte die endgültige Entscheidung über die Zukunft der RAG fallen.

Börsengang oder Zerschlagung?

Landes- und Bundesregierung prüfen jedoch weiterhin, ob die Erlöse aus dem Börsengang wirklich ausreichen, um die gesamten Altlasten und Ewigkeitskosten des Steinkohle-Bergbaus (Altersvorsorge der Bergleute, Kosten der Bergschäden etc.) zu decken. Die Politik dringt darauf, dass diese Kosten nicht dem Steuerzahler aufgebürdet werden. Außerdem wird untersucht, ob ein Einzelverkauf der RAG-Teile sinnvoll ist. Dabei soll auch berücksichtigt werden, dass bei einer Zerschlagung des Unternehmens Arbeitsplätze gefährdet sein könnten. Die RAG ist mit rund 100.000 Mitarbeitern größter Arbeitgeber in NRW. Konzernchef Müller warnte am Mittwoch vor dieser Alternative. Geprüft werden müsse jedoch, ob getrennte Börsengänge der einzelnen Unternehmenssparten mehr Geld zur Absicherung der Bergbau-Altlasten einbrächten.

RAG-Eigentümer haften nicht für Kohle-Risiken

Laut einem Gutachten der Wirtschaftsprüfungs-Gesellschaft KPMG sei für Folgekosten und Altlasten des Bergbaus keine so genannte Durchgriffshaftung auf die Anteilseigner E.ON, RWE und ThyssenKrupp möglich, betonte Müller. "Das heißt, dass das Land NRW und der Bund für alles aufkommen müssten, was nicht durch den Wert der 'weißen' RAG-Sparten Immobilien, Energie und Chemie gedeckt ist."

Der Ausschluss der Haftung sei für E.ON, RWE und Thyssen-Krupp eine wichtige Voraussetzung, um sich zu einem symbolischen Preis von ihren Aktien an der RAG zu trennen. Sollte der Bergbau aus irgendeinem Grund zahlungsunfähig werden, haftet nach Einschätzung von KPMG im Zweifel das Land NRW für Bergschäden und Altlasten. KPMG stützt sich laut Zeitung auf ein BGH-Urteil von 1970.

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