Ein Mann liegt auf einer Bodycounter-Messstation

Radioaktivität aus Reaktor nachweisbar

Experten untersuchen Japanrückkehrer

Stand: 18.03.2011, 06:01 Uhr

Japanrückkehrer können sich im Landesinstitut für Gesundheit und Arbeit in Düsseldorf kostenlos auf Radioaktivität untersuchen lassen. Ein sogenannter "Bodycounter" bringt Reisenden Gewissheit über eine mögliche Strahlenbelastung.

Von Christian Bernstein

Elisabeth Neumann wirkt noch ein bisschen erschöpft und müde. Erst am Vortag ist die Studentin aus Japan zurückgekehrt. Während des Erdbebens war sie im Südosten des Landes, weit weg von den gefährlichen Atomkraftwerken. Trotzdem hatte die 23-jährige Angst vor möglicher Radioaktivität. "Meine Gedanken waren: Hauptsache weg, bevor das Ding ganz hochgeht", berichtet die Japanologie-Studentin aus Leipzig, die für ein Praktikum in Japan war. Die Rückreise war nervenaufreibend: "Der Flughafen Tokio ist voller Leute", berichtet Neumann. Eine Nacht hat die 23-jährige dort vor dem Abflug gemeinsam mit anderen Reisenden verbracht, die aus allen Landesteilen kamen. Genau das macht ihr nun Sorgen. Aus Angst, am Flughafen kontaminiert worden zu sein, ist sie zur Kontrolle nach Düsseldorf gekommen. Ihre Schwester hat ihr erzählt, man könne sich hier auf Radioaktivität untersuchen lassen.

Streng von der Außenwelt abgeschirmt

Der Test im Landesinstitut für Gesundheit und Arbeit ist kostenlos. Interessierte müssen lediglich einen Termin für den sogenannten "Bodycounter" vereinbaren. Das Gerät ist eines von fünf in ganz NRW. Nur die Unikliniken Essen, Köln und Münster sowie das Forschungszentrum Jülich haben auch noch einen Bodycounter.

Der Bodycounter, das ist ein winziger fensterloser Raum im Keller des Instituts. Die enge Box ist über einen mehrere Meter langen weißen Tunnel zu erreichen, der zweimal im rechten Winkel abbiegt. Mit Beton, Stahl und Holz ist der Bodycounter streng von der Außenwelt abgeschirmt, damit die natürliche Radioaktivität der Umwelt die Messungen an den Patienten nicht verfälscht. Spezielle Stahlplatten schützen zusätzlich die kleine Kammer: Sie stammen aus einen Schiff, das noch vor dem ersten Weltkrieg gesunken ist. Denn moderner Stahl aus späterer Produktion enthält kleine Mengen radioaktiver Stoffe, die die Messwerte verfälschen könnten.

Experten finden radioaktive Stoffe aus japanischem Reaktor

In dem kleinen weißen Raum am Ende des Gangs steht eine Liege. Über ihr ist eine Apparatur montiert, die aussieht wie ein Röntgengerät. Auch unter dem Liege sind Messgeräte eingebaut, um mögliche Strahlung von allen Seiten messen zu können.

Der Physiker Winfried Lieberz betreut den Bodycounter. Normalerweise werden mit dem Gerät pro Jahr etwa 500 bis 600 Krankenhausmitarbeiter überprüft, die wegen ihres Berufes radioaktiver Strahlung ausgesetzt sein könnten. "Wir messen meistens Mitarbeiter aus Kliniken, die im Bereich Nuklearmedizin arbeiten", sagt Lieberz. Doch seit Montag haben er und seine Kollegen auch etwa 30 Japanrückkehrer untersucht. Vor zwei Tagen fanden die Experten zum ersten mal Spaltprodukte aus dem japanischen Reaktor: Bei einem Paar fanden sich im Körper die chemischen Elemente Tellur 132 und radioaktives Jod, die nicht natürlichen Ursprungs sein konnten. "Das waren aber sehr, sehr niedrige Werte, die absolut keine Auswirkungen haben", sagt Winfried Lieberz. Der Bodycounter sei in der Lage, kleinste Mengen zu messen und habe deshalb angeschlagen. Trotzdem: Der Experte war überrascht. "Ich hatte nicht damit gerechnet", sagt Lieberz.

Erleichterung nach der Untersuchung

Auch Elisabeth Neumann läßt sich im Bodycounter untersuchen. Die Messung auf der Liege in dem engen, weißen Raum dauert etwa 10 Minuten. Auch bei ihr schlagen die empfindlichen Geräte bei Tellur und Jod an. Doch es sind wieder nur minimale Befunde weit unter den Grenzwerten. Kein Grund zur Sorge, sagt der Arzt. Die gefundenen Stoffe seien in ein bis zwei Tagen abgebaut. Zur Sicherheit soll Neumann trotzdem nach der Ankunft zu Hause ihre Kleidung und ihren Rucksack waschen. Um ganz sicher zu gehen, soll sie auch die Schuhe wegwerfen, raten die Experten. Nach der langen Reise, dem Stress am Flughafen und der Ungewissheit löst sich bei Neumann jetzt langsam die Spannung: "Ich bin ziemlich erleichtert. Ich dachte mir, dass ich nicht betroffen bin, aber ich wollte Gewissheit haben", sagt sie. Nach der Untersuchung will Elisabeth Neumann erst einmal so schnell wie möglich heim nach Leipzig. Für nächstes Jahr hat sie ein weiteres Praktikum in Japan. Doch ob sie das antreten wird, weiß sie noch nicht. Sie will erst einmal abwarten, wie sich die Lage entwickelt.