Günter Wallraff

Enthüllungsautor in der Kritik

Betrugsvorwurf gegen Wallraff

Stand: 30.07.2012, 18:02 Uhr

Als Enthüllungsjournalist hat er jahrelang schlechte Arbeitsbedingungen aufgedeckt - jetzt steht er als Arbeitgeber selbst in der Kritik: Ein Ex-Mitarbeiter behauptet, Günter Wallraff habe ihn jahrelang schwarz beschäftigt. Wallraff reagiert enttäuscht und spricht von falschen Anschuldigungen.

Es steht Aussage gegen Aussage. Der ehemalige Mitarbeiter des Büros von Wallraff in Köln, André Fahnemann, behauptet, er habe Wallraff gebeten, das Arbeitsverhältnis zu legalisieren, was dieser abgelehnt habe. Wallraffs Rechtsanwalt Winfried Seibert sagt, das Gegenteil sei der Fall. In einer Stellungnahme, die WDR.de vorliegt, erklärt Wallraff, dass er mit Bedauern zur Kenntnis nehme, dass sich Fahnemann mit falschen Anschuldigungen gegen ihn gewandt habe. "Die Vorwürfe, ich hätte ihn ausgebeutet oder ausgenutzt, haben nichts mit der Realität zu tun." Wallraff mutmaßt, dass sein Ex-Mitarbeiter ihn in der Öffentlichkeit diskreditieren wolle. Was der Hintergrund sein könnte, war zunächst nicht zu erfahren.

Illegal beschäftigt und weiter Arbeitslosengeld bezogen?

Fahnemanns Anwalt Frank Langen berichtet, Wallraff habe seinen Mandanten als eine Art Privatsekretär beschäftigt, ohne das dem Finanzamt oder der Arbeitsagentur anzuzeigen. Er habe von August 2008 bis Dezember 2009 monatlich 1.000 Euro gezahlt und ab Januar 2010 einen Stundenlohn von acht Euro, bar und ohne Beleg. Wallraff habe gewusst, dass sein Mitarbeiter zu der Zeit auch Arbeitslosengeld und später Hartz IV bezog. Fahnemann habe sich jetzt selbst angezeigt beim Finanzamt. "Er wollte damit seinem Unrechts-Arbeitsverhältnis ein Ende setzen", beteuert der Anwalt. Fahnemann ging jetzt noch einen Schritt weiter, in dem er den Fall im "Spiegel" (29.07.2012) öffentlich machte.

Bei Recherchen zu Callcentern kennengelernt

In einem Brief des Wallraff-Anwalts an den "Spiegel" heißt es, Wallraff habe den Mann bei Recherchen zu Callcentern kennengelernt und ihm helfen wollen. Der Mann habe gelegentlich bei ihm im Büro etwas Geld verdienen dürfen, war jedoch "nie fest angestellt". Er habe auch nie ein monatliches Festgehalt bezogen. Dem widerspricht jedoch der ehemalige Mitarbeiter. In einer Stellungnahme, die WDR.de vorliegt, erklärt André Fahnemann am Montag (30.07.2012): "Wie in meiner Selbstanzeige dargestellt, habe ich mich in einem weisungsgebundenen Beschäftigungsverhältnis mit regelmäßigen Lohnzahlungen befunden."

Nach Wallraffs Darstellung wollte der Mitarbeiter, dass ihm das Geld bar ausgezahlt wurde, da es ihm sonst gepfändet worden wäre. "Diese Aussage ist nicht korrekt", erklärt Fahnemann hierzu. "Es kann nachgewiesen werden, dass keine Kontenpfändung vorliegt", so der ehemalige Wallraff-Mitarbeiter.

Wallraff: Wollte Fahnemann zur festen Arbeit verhelfen

Günter Wallraff

Günter Wallraff

Günter Wallraff erklärte zudem, er habe dem Mitarbeiter unter Zeugen mehrmals angeboten, eine Lebensversicherung für seine Altersvorsorge abzuschließen, ihm eine zusätzliche Ausbildung zu finanzieren und ihn auch testamentarisch zu berücksichtigen, so wie dies bereits bei früheren Mitarbeitern geschehen sei. Dies habe der Mann jedoch abgelehnt. "Diese Aussage ist korrekt", so André Fahnemann in seiner Stellungnahme. Das Angebot habe er über den Zeitraum der Beschäftigung immer wieder erhalten. Darauf sei er aber nicht eingegangen, weil Günter Wallraff "für derartige Leistungen immer auch eine Gegenleistung forderte und mich so auch in weitere Abhängigkeit gebracht hätte", so Fahnemann. Er habe diese Angebote als "Schweigegeld auf Raten" gewertet.

Nach Angaben des Anwalts ist Günter Wallraff mit dem Mitarbeiter noch vor einigen Monaten zu der zuständigen ARGE-Mitarbeiterin gegangen, um ein festes Arbeitsverhältnis zustande zu bringen. Kurze Zeit später habe der Mitarbeiter davon aber nichts mehr wissen wollen und sämtliche Kontakte zu Wallraff abgebrochen.

Kölner Staatsanwaltschaft ermittelt nicht

Bislang werde nicht gegen den Enthüllungsautor ermittelt, hieß es bei der Kölner Staatsanwaltschaft am Montag (30.07.2012). Sollten sich aber die Vorwürfe bestätigen, könnte er wegen Beihilfe zum Betrug belangt werden. Dem ehemaligen Mitarbeiter könnte ein Strafverfahren wegen Steuerbetrug und Sozialhilfebetrug drohen.