Ein Roller steht vor einem Holländischen Coffeeshop

Ohne Haschpass kein Kiffen

Coffeeshop-Verbot für Ausländer

Stand: 30.04.2012, 13:37 Uhr

Seit Dienstag (01.05.2012) sind die Coffeeshops im niederländischen Grenzgebiet für Ausländer tabu. Sie dürfen dort kein Cannabis, Haschisch oder ähnliches mehr kaufen. So die Theorie. Amsterdams Bürgermeister Eberhard van der Laan fürchtet, dass nun die Stunde der Dealer schlägt.

Von Anneke Wardenbach

Ein Stück Cannabis wird gewogen

Keine kontrollierte Abgabe von Marihuana mehr an Ausländer

Auf großen Schildern an den Einfallsstraßen nach Maastricht blinkt die Leuchtschrift "Neue Regeln: Keine Drogen ab dem 1. Mai 2012!" In Coffeeshops können Kunden Cannabisdrogen wie Haschisch oder Marihuana kaufen und konsumieren. Die Drogen werden aus der Hanf-Pflanze gewonnen. Die Shops sollen ab Dienstag private Clubs werden, die nur für Mitglieder zugänglich sind. Und nur wer in den Niederlanden gemeldet ist, darf Mitglied werden.

Zunächst kommt dieser "Haschpass" in den südlichen Grenzprovinzen Limburg, Brabant und Zeeland; ab Januar 2013 dann landesweit. So der Plan der rechtsliberalen Regierung in Den Haag. Sie will damit den Drogentourismus eindämmen. "Es gibt viele Belästigungen, Anwohner beklagen sich massiv", begründete Maastrichts Bürgermeister Onno Hoes in einer Videobotschaft auf Youtube das neue Verbot, mit dem ein neues Kapitel in der liberalen niederländischen Drogenpolitik aufgeschlagen wird.

Niederländische Drogenpolitik

Die niederländische Drogenpolitik setzt nicht auf Strafverfolgung, sondern auf Schadensbegrenzung. 1976 reformierte das niederländische Parlament das Opiumgesetz. Theoretisch blieben damit Besitz und Handel mit Cannabis weiterhin verboten. In der Praxis darf die Polizei aber wegschauen, wenn es um kleine Mengen geht. Das sind bis zu fünf Gramm pro Person oder 500 Gramm pro Coffeeshop. In den Shops werden die Hanf-Drogen kontrolliert verkauft. So kann sich die Polizei auf Großhändler und die Bekämpfung anderer Drogen konzentrieren.

Diese pragmatische Duldungspolitik ist umstritten. Viele Gemeinden tolerieren keine Coffeeshops. Die Duldung der Hanf-Drogen führt zu einer Trennung auf dem Drogenmarkt zwischen "weichen" Drogen aus Cannabis und "harten" Drogen. So muss der Cannabis-Konsument nicht im Versteckten bei Dealern kaufen, die womöglich gestreckte Ware oder andere "harte" Drogen anbieten.

Das Problem ist aber die „Hintertür“ der Coffeeshops: Während die meisten Shops zur Straße hin gemütliche Cafés sind, fängt an den Lieferanteneingängen das kriminelle Milieu an. Denn Cannabisanbau ist verboten und somit ein gutes Geschäftsfeld für die organisierte Kriminalität. Hier findet ein tägliches Katz- und Maus-Spiel zwischen Polizei und Lieferanten beziehungsweise deren Drogenkurieren statt. Experten plädieren daher seit Jahren dafür, den gesamten Herstellungszyklus wie beim Alkohol unter staatlicher Kontrolle zu legalisieren - und zu besteuern.

Coffeeshopbetreiber: Kriminelle gewinnen wieder an Boden

"Die Maßnahmen gehen am wirklichen Problem vorbei", ärgert sich Marc Josemans, Sprecher der Coffeeshopbetreiber in Maastricht. "Die Nachfrage bleibt doch. Wenn nicht bei uns kontrolliert gekauft wird, dann holen sie sich ihr Gras auf der Straße!" Er beobachte jetzt schon vermehrt Schlepper, die mit den offiziellen Infoblättern in der Hand Deutsche und Belgier abfangen und zu illegalen Drogenhändlern lotsen. "Da können sie dann auch alle anderen Drogen kaufen, die wir bisher so schön getrennt hatten vom Cannabis und Alkohol." Josemans sieht einen der wichtigsten Effekte der niederländischen Duldungspolitik zerstört: Das kriminelle Milieu bekommt sein Geschäftsfeld zurück.

Amsterdam will keinen Haschpass

Amsterdams Bürgermeister Eberhard van der Laan

Amsterdams Bürgermeister Eberhard van der Laan

Auch Amsterdams Bürgermeister Eberhard van der Laan lehnt den Haschpass ab. "Etwa eine Million von unseren jährlich fünf Millionen Touristen in Amsterdam besucht auch einen Coffeeshop. Aber sie nehmen auch ein Hotelzimmer, gehen essen und in Museen." Der Minister wolle eine nationale Lösung. "Das macht keinen Sinn, denn wir haben nicht dieselben Probleme wie die Grenzstädte. Wir fürchten, dass der Haschpass uns Straßenhandel und mehr Kriminalität bringt", sagte der Bürgermeister gegenüber WDR.de.

Coffeeshopbetreiber klagen vor Gericht

Per Eilverfahren haben Maastrichter Coffeeshopbetreiber die in ihren Augen "staatlich verordnete Diskriminierung" von EU-Bürgern angefochten und am Freitag (27.04.2012) in erster Instanz verloren. "Wir gehen in Berufung und bereiten gleichzeitig eine andere Klage gegen die exzessive Datenspeicherung vor", kündigte Anwalt Maurice Veldman an. "Zumindest für die im Landesinneren gelegenen Städte bleibt diesen Sommer alles beim Alten", erwartet er. "Ausländer werden weiter in den Coffeeshops willkommen sein, denn die Regierung ist gerade zurückgetreten. Die werden diesen Sommer ihre neue Drogenpolitik nicht weiter treiben."

Verstärkte Polizeikontrollen

In und um Maastricht dürfte das schon bald anders aussehen. Dort plant die Polizei, in den kommenden Tagen schärfer zu kontrollieren. "Wir werden besonders an der Grenze Drogentouristen klar machen, dass sie nicht mehr willkommen sind!", so ein Sprecher der Maastrichter Polizei. "Unsinn!" rufen dagegen die Cannabishändler: 13 der 14 Maastrichter Coffeeshops verweigern beim Haschpass die Mitarbeit. "Ich werde am 1. Mai bewusst Ausländer in meinem Coffeeshop bedienen. Ich werde dafür sorgen, dass ich sanktioniert werde. Dann habe ich etwas in der Hand, um wieder vor Gericht zu ziehen", gibt sich Marc Josemans kämpferisch. Dass es die Gemeinde bei einem offenen Gerichtsverfahren wagen wird, alle ungehorsamen Coffeeshops zu schließen, bezweifelt er. Zu hoch sei die Angst vor Schadensersatzforderungen.

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