Rückenansicht eines Hells Angels-Mitglieds

Schüsse vor Duisburger Kneipe

Rocker muss elf Jahre ins Gefängnis

Stand: 30.08.2010, 16:07 Uhr

Das Duisburger Landgericht hat am Montag (30.08.2010) ein Mitglied des Motorradclubs "Hells Angels" wegen Totschlags zu elf Jahren Gefängnis verurteilt. Der 31-jährige Angeklagte hatte voriges Jahr ein Mitglied des rivalisierenden Clubs "Bandidos" erschossen.

Der 31-jährige Angeklagte Timur A. hatte am 8. Oktober 2009 den "Bandido" mit dem Spitznamen "Eschli" mit einem Kopfschuss getötet. Der Angeklagte hatte vor dem Clubheim "Fat Mexican" der rivalisierenden Gruppe "Bandidos" im Duisburger Rotlichtmilieu aus einem fahrenden Auto heraus auf das Opfer geschossen. Ursprünglich war der 31-Jährige wegen Mordes angeklagt worden. In ihrem Plädoyer hatte die Staatsanwaltschaft jedoch 13 Jahre Haft wegen Totschlags gefordert.

Hintergrund der Tat war laut Polizeiangaben der Streit um eine Frau. Sie hatte die Beziehung zu dem Angeklagten beendet, um mit dem späteren Opfer zusammen zu sein. Timur A. soll sich am Abend der Trennung vor dem Klubhaus in Duisburg für den Verlust seiner Freundin an "Eschli" gerächt haben. Außerdem soll er zwei weitere Schüsse auf zwei unbeteiligte Frauen abgegeben haben. Sie blieben aber unverletzt.

Richter: Angeklagter wollte "Gesicht nicht verlieren"

"Wir sind davon überzeugt, dass keine Notwehr-Situation vorgelegen hat", sagte der Vorsitzende Richter Joachim Schwartz in der Urteilsbegründung. Der 31-Jährige habe vielmehr mit dem festen Willen gehandelt, den anderen Rocker zu töten. "Das war das individuelle Finale eines Konfliktes zweier Motorrad-Clubs", sagte der Richter weiter. Beide - Täter und Opfer - hätten die Eskalation förmlich hinaufbeschworen, weil sie "ihr Gesicht nicht verlieren wollten". So habe der Angeklagte zum Beispiel die Gelegenheit verstreichen lassen, einfach loszufahren, als die Ampel wieder auf "Grün" stand.

Kein Beweis für Heimtücke

Aus Sicht der Verteidigung hatte der Timur A. aus Notwehr gehandelt. Der Angeklagte äußerte sich vor dem Schwurgericht in einer schriftlichen Erklärung, die sein Anwalt verlas. Er sei von dem späteren Opfer gezielt provoziert worden. Der Getötete habe in seinen Hosenbund gegriffen. Er sei davon ausgegangen, dass der Mann bewaffnet sei. Weil er sich bedroht gefühlt habe, habe er seine Pistole gezogen und ohne nachzudenken abgedrückt. Außerdem soll das Opfer "Eschli" ein Kopfgeld auf den Angeklagten ausgesetzt haben. Der Vorwurf der Anklage, dass die Tat hinterrücks und unerwartet passierte, geriet während der Beweisaufnahme an den 17 Verhandlungstage ins Wanken. "Es war schnell klar, dass sich das Opfer aufgebaut hatte und den Angeklagten mit den Worten 'Schieß doch' herausgefordert hat. In so einem Fall kann man dann nicht davon ausgehen, dass es Heimtücke war", sagte der Sprecher des Landgerichts Duisburg, Stefan Ulrich.

Bei der Festlegung des Strafmaßes spielte dem Gericht zufolge die "ganz besondere Aggressivität" des Angeklagten eine Rolle. Der Mann war bereits drei Mal wegen zum Teil schwerer Körperverletzung vorbestraft und hatte in einem Fall deshalb eine Bewährungsstrafe erhalten. Diese habe aber offenbar nicht zur "Stabilisierung" des Mannes beigetragen.

Angst vor Krieg der Rocker

Der Prozess hatte Polizei und Justiz in höchste Alarmbereitschaft versetzt. Zum Prozessauftakt saßen in den ersten Reihen des Schwurgerichtssaals dicht gedrängt Motorrad-Rocker der "Hells Angels" und der "Bandidos". Die beiden Rivalen wurden streng aufgeteilt auf die linken und rechten Sitzreihen, dazwischen hatten sich 26 Polizisten mit Schlagstöcken aufgestellt. Nach dem Tod des "Bandidos"-Mitglieds war es zu Auseinandersetzungen zwischen den verfeindeten Rockergruppen gekommen. Die Polizei in NRW hatte daraufhin den Druck auf die Rockerszene verstärkt und bei mehreren Aktionen unter anderem Waffenlager ausgehoben.

Weitere Themen