Blick auf Spielfiguren beim Tischfußball,

Migranten bei Ausbildung eine Chance geben

Integration am Kickertisch

Stand: 18.07.2007, 06:00 Uhr

Einwanderer haben häufig schlechte Chancen bei der Suche nach einer Lehrstelle - nicht unbedingt! WDR.de hat zum Internationalen Tag der Migranten (18.12.2007) ein Dortmunder Ingenieurbüro besucht, das bevorzugt ausländische Jugendliche einstellt.

Von Jenna Günnewig

Artihaa Makendra, Lukas Hnida, Swetlana Röhrig: Drei Jugendliche aus Einwandererfamilien, drei verschiedene Biografien, dreimal Glück gehabt. Denn alle haben eine Ausbildungsstelle, lernen den Beruf des Bauzeichners im Ingenieurbüro von Mathias Kaiser.

"Die Jugendlichen haben eine Chance verdient"

Aus Polen, Sri Lanka und Russland kommen die Azubis. "Wenn man in Dortmund Lehrstellen für Haupt- und Realschüler ausschreibt, dann ist nun mal die Hälfte der Bewerbungen von Ausländern", sagt Kaiser. Insofern würden sie sich nicht die Exoten herauspicken, sondern einfach die Jugendlichen, "die es verdient haben, eine Chance zu bekommen". Dabei gibt Kaiser die Probleme offen zu. Seine Auszubildenden bringen weniger Qualifikationen mit, dazu kommen Sprachprobleme und ein begrenzter Wortschatz. "Ich muss das als Chef natürlich auch betriebswirtschaftlich verantworten können." Klar, gebe es kritische Kunden. Man habe auch schon den einen oder anderen Auftrag verloren. Kaiser bezeichnet das gelassen als "Kolateralschäden" und freut sich über die Fortschritte, die seine Schützlinge machen.

Einzelstunden in Deutsch - auf Kosten des Chefs

Zum Beispiel Artihaa. Ihre Familie kommt aus Sri Lanka. Zu Hause spricht sie tamilisch, mit der deutschen Grammatik hapert es deswegen auch manchmal: "Ich habe Probleme mit den ganzen Kleinigkeiten." Das fiel dem Chef auf. Jetzt besucht sie jeden Montag und Dienstag einen Deutschkurs, bekommt Einzelstunden, damit es mit der Sprache klappt. Auch beim Telefonieren gab es anfangs Schwierigkeiten. Mathias Kaiser schickte seine Auszubildende zudem kurzerhand zu einem Telefonkurs der Volkshochschule. Auf seine Kosten.

"Die es nötig haben, bekommen nichts"

Mathias Kaiser erinnert sich noch gut daran, als er zum ersten Mal vor acht Jahren eine Lehrstelle ausschrieb: "Es haben sich fast nur Abiturienten beworben, teilweise mit einem Notendurchschnitt von 1,3 - die könnten Medizin studieren." Viele Abiturienten wollen eine Ausbildung machen. Das Problem: Haupt- und Realschüler, und besonders Jugendliche aus Zuwanderfamilien bleiben auf der Strecke.

"Ich habe mich dann irgendwann gefragt - was machen wir hier? Die, die es nötig haben bekommen nichts." Kaiser beginnt zu experimentieren, bietet einem Schulabbrecher eine Lehre an, weist bei der Ausschreibung explizit darauf hin, dass auch Hauptschüler eine Chance haben.

Kaffee, Kuchen, kickern

Seine Auszubildenden wissen seinen Einsatz zu schätzen. Artihaa etwa paukt freiwillig zwei Zusatzstunden deutsche Grammatik in der Woche. Und das fällt auf - in der Schule werden die Noten besser. Diese Erfolgserlebnisse zeigen Kaiser, dass er das Richtige tut. "Ob solche Probleme wie bei Artihaa auffallen und gelöst werden, kommt aufs Umfeld an." Vergangenes Jahr hat sich beispielsweise ein junger Türke beworben. Er war von der Schule geflogen, ging viel in eine Moschee in der Nachbarschaft. Kaiser bot ihm ein Jahrespraktikum an: "Dadurch ist er aus seiner Parallelwelt raus, hat eine echte Perspektive gewonnen." Und damit hat Kaiser geholfen, einen Knick im Lebenslauf auszubügeln.

Christen, Muslime, Hindus - Multikulti in einem Dortmunder Ingenieurbüro. Freitagnachmittags sitzen sie alle zusammen. Sprechen über den Ramadan, das Fasten, über die Traditionen der Hindus. Als "lustig und von Toleranz getragen", beschreibt der Chef die Stimmung. Auch Ehemalige kommen, spielen mit bei den internationalen Kickerturnieren oder gehen zusammen auf den Weihnachtsmarkt. Artihaa, Lukas und Swetlana sind immer mittendrin. Auch für die Zeit nach der Ausbildung haben alle drei schon ehrgeizige Ziele. Reden vom Fachabitur. Mehr noch, sie wollen sogar studieren - Bauingenieurwesen vielleicht.