Ahmed Muhammad Amin

Junge Migranten im Porträt

Ahmed erforscht seine Familiengeschichte

Stand: 20.11.2006, 12:03 Uhr

Ahmed möchte Privatdetektiv werden. Nachforschungen anstellen, Geheimnisse aufdecken - das alles findet er spannend. Und deshalb hat der 15-Jährige aus dem Irak für das Funkhaus-Europa-Projekt ROOTS auch in eigener Sache ermittelt: seiner Familiengeschichte.

Von Diana Zulfoghari

Ahmed Muhammad Amin ist 1991 als zweitjüngstes von acht Kindern in Erbil (Irak) geboren worden. Seine Familie war wohlhabend, lebte in einer Villa, die Mutter hatte einen eigenen Frisörsalon. Aber dann war da nachts Lärm, wenn die Soldaten kamen... "Saddam Hussein wird uns alle umbringen, weil wir Kurden sind!" Die Flucht ist von den Erwachsenen lange geplant gewesen, erfährt Ahmed später. Er erinnert sich an einen tränenreichen Abschied von den Großeltern, den Onkeln und Tanten - und daran, dass er seine schöne neue Schultasche zurücklassen musste.

Wie weit ist Deutschland?

Zusammen mit der Mutter und fünf Geschwistern geht Ahmed auf die Reise ins Ungewisse - mit dem Bus, zu Fuß, auf einem Boot, durch sechs Länder, immer wieder Angst. Zwei Mal kommen sie ins Gefängnis. Ahmeds Vorbild ist der große Bruder, der damals 15 Jahre alt war - so alt wie Ahmed heute ist.

Familienleben in Bonn

Mit der Mutter spricht Ahmed heute noch soranisch, die Sprache der Kurden im Nordirak. Die Eltern sagen "Kurdistan" wenn sie von der Heimat sprechen - für Ahmed und seine Schwestern heißt das Land "Irak". Arabisch hat Ahmed nie gesprochen. Er könnte es jetzt an der Schule lernen, denn er besucht die August-Macke-Schule, eine Europaschule. Aber wozu? "Wir haben alle deutsche Pässe - nur die Mama nicht, die kann nicht gut genug Deutsch", erklärt Ahmeds große Schwester Bana.

Was bedeutet es, Kurde zu sein, für einen 15 jährigen Schüler aus Bonn? Zum Beispiel, dass man oft zu Hochzeiten eingeladen wird.

"Wir sind das Dreamteam - wir bleiben zusammen hier"

Im Nordirak ist es jetzt vergleichsweise ruhig. Die Sommerferien haben sie dort verbracht, Ahmed ist mit seinem Großvater Angeln gegangen und hat sich Geschichten von früher angehört: was seine Vorfahren von Beruf waren, wie die Eltern sich kennen lernten. In ein paar Jahren, wenn der Vater in Rente geht, wollen sie vielleicht ganz zurückkehren- aber Ahmed und seine Schwester Bana nicht. "Wir sind das Dreamteam, wir bleiben zusammen hier!" Der Vater lächelt - ja, sollen sie hier bleiben. Die Großen sind längst verheiratet, haben Familien gegründet, einige leben in Norwegen, in Dänemark. Man wird so lange hier bleiben, bis auch die Jüngsten ihren Weg gemacht haben.

Um Ahmed machen die Eltern sich keine Sorgen. Er ist Klassenbester, vielleicht wird er sogar das Abitur schaffen... und wenn er will, kann er dann auch Privatdetektiv werden!

Das Projekt ROOTS von Funkhaus Europa

Von Eritrea nach Stolberg, von Armenien nach Lünen oder von Kasachstan nach Gronau: WDR Funkhaus Europa bringt gemeinsam mit Hauptschülern die Geschichte ihrer Herkunft ins Radio. Angeregt durch den Wettbewerb ROOTS (aus dem Englischen: Wurzeln) haben sich die Jugedlichen intensiv mit ihrer eigenen Familiengeschichte auseinander gesetzt und sie aufgeschrieben. Aus über 100 Einsendungen wählte eine Fachjury beim WDR Anfang Oktober elf herausragende Geschichten aus, die als Radio-Reportagen produziert werden.

Die Radioporträts sendet Funkhaus Europa täglich ab Montag (20.11.) zur Integrationskonferenz in Essen, parallel dazu ist eine Auswahl der Porträts bei WDR.de nachzulesen.