Ein kleiner Junge schaut aus dem Flughafenbus

Aufenthaltsgenehmigung für ausgewählte Iraker

Aufenthaltsgenehmigung für ausgewählte Iraker: Ein Leben in Sicherheit

Stand: 19.03.2010, 02:00 Uhr

Vor einem Jahr, am 19. März 2009, sind die ersten ausgewählten Iraker dank eines EU-Beschlusses in Deutschland angekommen. Sie flohen über Jordanien und Syrien. So auch Familie Jaju. Für sie hat ein neues Leben in Essen begonnen - eines in Sicherheit.

Von Stephanie Zeiler

Ein Marienbild mit echter Goldprägung ist eines der wenigen materiellen Dinge, die Familie Jaju an ihr früheres Leben in Bagdad erinnert. Es steht auf einem kleinen Tisch in einem schlicht eingerichteten Wohnraum, in dem der Esstisch gleich neben einem der Betten steht. In diesem Appartment des Essener Übergangswohnheims für Flüchtlinge schlafen die Eltern, ihre drei Kinder gleich nebenan. Dort haben sie dank ihres Onkels, der bereits seit acht Jahren in Deutschland lebt, sogar ein Sofa und einen großen Plasmafernseher.

Bis Ende April nimmt Deutschland 2.500 Iraker auf

Familie Jaju war unter den ersten hundert besonders schutzbedürftigen Flüchtlingen aus dem Irak, die vor einem Jahr nach NRW kamen. Bis Ende April wird Deutschland 2.500 Iraker aufgenommen haben, 2.200 sind bereits hier. Sie alle zählen zu irakischen Minderheiten, sind zum Teil bereits vor Jahren aus dem Irak nach Syrien und Jordanien geflohen und haben dank eines EU-Beschlusses nun eine dreijährige Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis.

Erst entführt, dann geflohen

Die Jajus sind Christen. 2006 flohen sie aus Bagdad. Zuvor war Familienvater Sameer mit 50 seiner Kollegen aus dem irakischen Olympiakomitee entführt worden. Er berichtet, die Kidnapper seien mit einem Auto des Innenministeriums vorgefahren und hätten Polizeiuniformen getragen. Die Regierung habe auf diese Weise das Olympiakomitee ausgetauscht. "Nach zehn Tagen kam ich mit zwölf anderen frei. Wir haben dem Tod ins Auge gesehen. Die restlichen Entführten sind bis heute spurlos verschwunden", sagt der 61-Jährige. Für die Jajus stand damals sofort fest, dass sie Bagdad verlassen. "Vater hat ein Auto gemietet und damit sind wir um sechs Uhr morgens losgefahren. Zeit viel mitzunehmen, hatten wir nicht. Nur eine Tasche haben wir aus unserem Haus in Bagdad eingepackt. Wir hatten so viel Angst", erzählt Sahar, die älteste Tochter.

Dann lebte die Familie zwei Jahre in Syrien bis ihr die Bundesregierung ermöglichte, zu Verwandten nach Nordrhein-Westfalen zu ziehen. "Hier sind wir neu geboren", sagt Sameer feierlich. Die Jajus sind begeistert, wie unkompliziert sie in Deutschland aufgenommen wurden und wie freundlich alle seien "Es hat nur eine Stunde gedauert, bis meine ganze Familie eine Aufenthaltsgenehmigung bekommen hat. In Syrien war das ein wochenlanges Prozedere, ich musste noch 2.000 US-Dollar dafür zahlen, dass wir zunächst ein Jahr bleiben durften", berichtet der Familienvater. Dort dürften Flüchtlinge auch nicht arbeiten. Seine Frau Wardi ist besonders dankbar für die Unterstützung, als ihre Mutter im vergangenen Jahr starb: "Eine Frau von der Caritas hat uns sehr dabei geholfen, all die bürokratischen Dinge für die Beerdigung zu regeln", sagt sie.

Traum von einer eigenen Wohnung

In dem Essener Übergangswohnheim, in dem Familie Jaju derzeit wohnen, waren sie vor einem Jahr die ersten Iraker. Heute leben dort ausschließlich irakische Familien. Zu fünft wohnen die Jajus dort auf rund 60 Quadratmetern. "Wir möchten gern bald in eine eigene Wohnung mit vier Zimmer ziehen. Aber es ist sehr schwer hier etwas für 487 Euro Kaltmiete zu finden", sagt Sameer. Teurer darf die Wohnung allerdings nicht sein, sonst finanziert sie das Land NRW nicht. Neben der Miete erhalten die Jajus 1.470 Euro Unterstützung im Monat.

Deutsche Nachbarn gewünscht

Seit Wochen schon liest die Familie die Immobilienanzeigen. Sameer Jaju möchte gern in eine deutsche Nachbarschaft ziehen, das macht die Suche aber noch schwieriger. "Wenn wir dort wohnen, lernen wir schneller Deutsch", argumentiert er. Der 61-Jährige spricht hervorragend Englisch. Dennoch trauen er und seine Familie sich nicht so recht, ihre neue Heimatstadt Essen zu erkunden. Ihr Deutsch ist noch sehr eingeschränkt und "hier sprechen viele kein Englisch", meint Sameer.

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