Nach dem Atomausstieg

Weitere Einsparungen bei RWE

Stand: 06.02.2012, 12:08 Uhr

Die Energiebranche ist nach dem Atomausstieg im Wandel. Der Essener Energiekonzern RWE kündigte nun an, noch stärker zu sparen als ohnehin geplant. Von einer Milliarde Euro ist die Rede. Was bedeutet das für die Mitarbeiter? Einschätzungen von Jörg Marksteiner aus der WDR-Wirtschaftsredaktion.

WRD.de: Herr Marksteiner, was bedeuten die Ankündigungen?

Jörg Marksteiner: Das bedeutet, dass der Sparkurs noch mal verschärft wird. Bis 2012 sollten bereits 1,5 Milliarden Euro an Kosten eingespart werden. Wenn jetzt eine weitere Milliarde dazu kommt, kann man sich schwer vorstellen, dass es ohne den Abbau von Arbeitsplätzen geht. Beziffern lässt sich das zurzeit nicht. Ich gehe jedoch davon aus, dass RWE versuchen wird, das ohne betriebsbedingte Kündigungen zu machen. Zum einen sind die bis Ende 2012 ohnehin noch ausgeschlossen, und im Frühjahr wollte man über eine Verlängerung verhandeln. Zum anderen kann ich mir nicht vorstellen, dass RWE ein Interesse daran hat, ein ähnliches Echo zu bekommen wie Eon. Der Konkurrent aus Düsseldorf, der weltweit 11.000 Stellen abbauen will, ist extrem dafür kritisiert worden, anfangs Kündigungen nicht ausgeschlossen zu haben. Letztlich hat sich Eon mit dem Betriebsrat geeinigt. Aber völlig ausgeschlossen sind die Kündigungen bei Eon immer noch nicht.                                                    

WRD.de: Stellenabbau ohne Kündigungen – wie soll das gehen?

Jörg Marksteiner

Jörg Marksteiner

Marksteiner: Bei RWE sollen auch Konzernstrukturen verschlankt werden. Aber im Unterschied zu Eon hat RWE schon einige Schlankheitskuren hinter sich. Es wird jetzt spannend sein zu sehen, wo da konkret noch gespart werden soll. Klar ist, RWE hat wie Eon ein Problem: Sie müssen einerseits den Konzern umbauen, weg von Atomkraft und Kohle hin zu erneuerbaren Energien, einen Bereich, den man zu lange hat schleifen lassen. Das müssen sie aber in einer Zeit hinbekommen, wo verlässliche Milliardengewinne aus dem Atomgeschäft wegbrechen. 

WRD.de: War man verwöhnt durch die enormen Gewinne?

Marksteiner: Es gab einfach nicht die Notwendigkeit zu sparen. Kohle und Atom waren die verlässlichen Gewinnbringer, und eigentlich wollte man sich mit der neuen AKW-Laufzeitverlängerung schrittweise neu ausrichten. Das wurde aber plötzlich wie ein Turbo beschleunigt durch den für die Unternehmen sehr überraschenden Atomausstieg. Milliardengewinne fallen weg, und gleichzeitig sind die Unternehmen hoch verschuldet. RWE hat Schulden von etwa 30 Milliarden Euro. Einen Konzern neu auszurichten und gleichzeitig sparen zu müssen, macht es nicht einfacher. Die Gewinne für die Aktionäre brechen natürlich auch ein – also da ist gehörig Druck von allen Seiten.

WRD.de: Eine Zahl, die bislang genannt wurde, ist die Einsparung von 8.000 Stellen. Bleibt es dabei?

Marksteiner: Wenn jetzt der Sparkurs verschärft wird, wird es unter Umständen auch um zusätzliche Stellen gehen, die abgebaut werden. RWE will sich ohnehin von ungefähr 8.000 Mitarbeitern trennen. Das heißt aber nicht, dass 8.000 Menschen ihren Job verlieren. Das teilt sich ungefähr so auf: Rund 4.000 Mitarbeiter sollen einen neuen Arbeitgeber bekommen, weil deren Sparten verkauft werden. 2.000 Stellen sollen bei einer Tochter in Großbritannien wegfallen und weitere 2.000 Stellen durch Einsparungen und Fluktuationen. Ein Beispiel: Allein 1.000 Stellen bei der Kraftwerkstochter RWE Power fallen weg, dazu gehören rund 700 Stellen bei den beiden Atomkraftwerken in Biblis, die nicht mehr am Netz sind. Und wenn im rheinischen Braunkohlerevier neue Anlagen in Betrieb gehen, braucht man zwei Drittel weniger Mitarbeiter. Da werden allein 500 Stellen in den nächsten Jahren wegfallen. All das ist bekannt, das will man ohne Kündigungen hinbekommen.

WRD.de: Noch wird viel spekuliert, am 6. März ist die nächste Bilanzpressekonferenz. Wird es dann genauere Zahlen geben?

Marksteiner: Davon ist auszugehen. Schon im Sommer letzten Jahres hatte man ein neues Sparkonzept für das Frühjahr 2012 angekündigt, das wird am 6. März der Fall sein. Es wird bereits maßgeblich die Handschrift des neuen RWE-Chefs Peter Terium tragen, auch wenn er erst ab Juli offiziell die Verantwortung übernimmt. Einen flächendeckenden Jobabbau werden wir aber wohl nicht erleben. Dagegen spricht auch, dass die Kommunen vor allen Dingen aus NRW sehr stark beteiligt sind, und deren Interesse ist natürlich, dass nicht komplette Standorte aufgegeben werden. Und von daher muss sich RWE traditionell um einen größeren Interessensausgleich bemühen als Eon.

Das Gespräch führte Sabine Tenta.

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