Zukunft des Warenhaus-Konzerns

Benko übernimmt Karstadt

Stand: 16.08.2014, 11:18 Uhr

Der österreichische Investor René Benko hat den Essener Karstadt-Konzern übernommen. Die angeschlagene Warenhauskette beschäftigt rund 17.000 Menschen. Die Gewerkschaft Verdi fordert Investitionen. Drohen nun wieder Schließungen?

Nach wochenlangen Spekulationen gibt es nun Klarheit. Der bisherige Karstadt-Eigentümer Nicolas Berggruen gibt den angeschlagenen Warenhaus-Konzern an den Immobilieninvestor René Benko ab. Die Signa-Holding des Österreichers übernehme die Karstadt Warenhaus GmbH bereits zu Beginn der kommenden Woche vollständig, teilte Signa am Freitag (15.08.2014) mit.

Karstadt soll "raus aus den Medien"

Dem neuen Eigentümer fallen Berggruens Anteile ohne weitere Zahlungen in den Schoß. "Es fließt kein weiterer Kaufpreis an die Berggruen Holdings", unterstrich der Benko-Konzern. Signa wolle sich nun auf die "Sanierung und die Zukunftsfähigkeit der Karstadt Warenhaus GmbH konzentrieren", kündigte Wolfram Keil, Geschäftsführer der Signa Retail GmbH, an. Wie die Zukunft der traditionsreichen Kaufhauskette aussehen soll, verriet er nicht. Karstadt müsse "raus aus den Medien und der zermürbenden öffentlichen Diskussion" kündigte er an. Arbeitnehmervertreter monierten, sie seien bislang noch nicht offiziell über den Eignerwechsel informiert worden. Ein Sprecher des Bundeskartellamtes sagte, bislang liege keine Anmeldung der Transaktion vor.

Karstadt kämpft seit Jahren mit Verlusten und sinkenden Umsätzen. Der Milliardär Berggruen hatte Karstadt 2010 für den symbolischen Preis von einem Euro aus der Insolvenz übernommen. Damals war er auch von den Arbeitnehmern als Retter gefeiert worden - das hat sich aber geändert, denn auch Berggruen schaffte es nicht, Karstadt auf Kurs zu bringen. In den 83 Karstadt-Filialen arbeiten insgesamt rund 17.000 Menschen.

Gut vernetzter Investor

Der Investor Benko ist im deutschen Einzelhandel bereits seit Jahren kein Unbekannter mehr. Seine Signa Holding besitzt bereits zahlreiche Karstadt-Immobilien. Erst im September 2013 hatte Benko sich die Mehrheit am operativen Geschäft von Karstadt Sports und an den Luxuswarenhäusern gesichert - wie dem Berliner KaDeWe, dem Alsterhaus in Hamburg und Oberpollinger in München. Berggruen kontrolliert seitdem nur noch die Mehrheit am operativen Stammgeschäft um die verbliebenen über 80 Warenhäuser. Benko hatte Branchenkreisen zufolge aber über eine Option Zugriff auf diesen Karstadt-Teil - und diese Option nutzte er jetzt. Der Investor gilt als gut verdrahtet in Wirtschaft und Politik. Benkos weit verzweigtes Netz konnte ihn jedoch nicht vor einer Haftstrafe auf Bewährung schützen, die in einem Korruptionsprozess gegen ihn verhängt wurde. Ihm wurde vorgeworfen, über seinen Steuerberater Politiker bestochen zu haben, die in einer steuerlichen Angelegenheit zugunsten von Signa intervenieren sollten. Das Urteil ist mittlerweile rechtskräftig.

Monitor vom 21.08.2014

Monitor 21.08.2014 29:48 Min. Verfügbar bis 21.08.2099 Das Erste

Verdi verlangt "tragfähiges Konzept"

Nicolas Berggruen vor Demonstranten in Berlin

In der Kritik: Karstadt-Eigner Nicolas Berggruen

Die Gewerkschaft Verdi forderte eine Strategie vom neuen Konzernchef. Benko müsse "umgehend zeigen, wie sein tragfähiges und nachhaltiges Zukunftskonzept für Karstadt" aussehe und dass er gewillt sei, in Karstadt "umgehend und ausreichend" zu investieren, erklärte Verdi am Freitag in Berlin. "Das Hin und Her in den Managementkonzepten muss endlich ein Ende finden", erklärte Verdi-Vorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger. Neben der Sicherung von Arbeitsplätzen gehe es auch darum, die Innenstädte durch die Karstadt-Häuser attraktiv zu halten. Der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Hellmut Patzelt erklärte, mit dem richtigen Konzept "kann und wird Karstadt eine Zukunft haben".

WDR-Wirtschaftsexpertin: "Benko ist kein Retter"

Für den WDR beobachtet Denise Friese seit Jahren die Entwicklung bei Karstadt. "Benko ist nach meiner Einschätzung kein Retter. Er ist Immobilien-Investor und könnte sich daran machen, "die Karstadt-Warenhäuser, die nicht gut laufen, in Shopping-Center umzubauen". Für die Beschäftigten bei Karstadt dürfte "die Zeit der Unsicherheit also weitergehen", sagte Friese.

Wie die "Süddeutschen Zeitung" am Samstag (16.08.2014) berichtet, drohen nach dem Eigentümerwechsel mehreren Häusern die Schließung. Wie das Blatt unter Berufung auf das Umfeld des neuen Eigentümers René Benko berichtete, will der Karstadt-Aufsichtsrat am Donnerstag (19.08.2014) über ein Sanierungskonzept beraten. Mittelfristig könnten "15 bis 20 Häuser" geschlossen werden, hieß es demnach. Vorher solle jedes Haus auf seine Rentabilität geprüft werden.