Pro NRW Wahlplakat

Der Wahlkampf von NPD und Pro NRW

Provokationen am rechten Rand

Stand: 27.04.2012, 00:00 Uhr

Bei der NRW-Landtagswahl treten am rechten politischen Rand die NPD und Pro NRW gegeneinander an. Beide Parteien haben wenig Geld - und eine relativ kleine Wählerschaft, um die sie konkurrieren. Deshalb setzen sie im Wahlkampf auf Provokationen.

Von Dominik Reinle

"NRW ist für extrem rechte Parteien traditionell ein ungünstiges Terrain für Wahlerfolge", sagt Alexander Häusler vom Forschungsschwerpunkt Rechtsextremismus der Fachhochschule Düsseldorf. "Diesmal ist das Rechts-außen-Spektrum sogar noch dünner besiedelt als bei vorangegangenen Wahlen." So hätten es sowohl die Republikaner als auch die Partei "Die Freiheit" nicht geschafft, die erforderlichen Unterlagen für eine Teilnahme an der Wahl einzureichen. Auf dem Wahlzettel stehen dafür die NPD und die selbst ernannte Bürgerbewegung Pro NRW. Beide Gruppierungen, die vom NRW-Verfassungsschutz beobachtet und als rechtsextremistisch eingeschätzt werden, haben laut Häusler wenig Geld in der Kasse. Ein kostenintensiver Wahlkampf komme also nicht infrage.

"Populistische Eskalationsschraube"

Alexander Häusler, Sozialwissenschaftler und wissenschaftlicher Mitarbeiter des Forschungsschwerpunktes Rechtsextremismus der Fachhochschule Düsseldorf

Alexander Häusler

"Die fehlenden finanziellen Mittel versuchen die beiden Parteien wettzumachen, indem sie sich möglichst skandalträchtig inszenieren", sagt Häusler. NPD und Pro NRW drehten jeweils an "der populistischen Eskalationsschraube": Zunächst werde ein rassistisch motivierter Konflikt geschaffen, um sich ins Gespräch zu bringen. Als Reaktion auf die Proteste in den Medien und der demokratischen Zivilgesellschaft wiederum versuchten sich die beiden Parteien anschließend, als "Opfer vermeintlicher Political Correctness und angeblich linkem Gesinnungsterror" darzustellen.

"Maximale Provokation" nennt der Pro-NRW-Vorsitzende Markus Beisicht das Ziel des Wahlkampfs in einem Interview mit dem "Freiheitlich"-Blog: "Wir werden bis an die Schmerzgrenze gehen, um unsere Anliegen zu verdeutlichen." Das funktioniere, so Rechtsextremismus-Experte Häusler, nach dem "typischen Muster, das die muslimfeindliche extreme Rechte in Europa" praktiziere. Vorbild dafür seien die Aktionen des niederländischen Rechtspopulisten Geert Wilders.

"Neonazis in Nadelstreifen"

Ralf Jäger (SPD), NRW-Innenminister

NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD)

Konkret hat die sogenannte Bürgerbewegung einen "islamkritischen Karikaturenwettbewerb" gestartet. Das Motto lautet: "Freiheit statt Islam". Zudem sollen ab Ende April in 25 NRW-Städten "vor protzigen Großmoscheen und umstrittenen Islamistenzentren" Kundgebungen durchgeführt werden, wie auf den Internet-Seiten von Pro NRW zu lesen ist. Dagegen hat NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) bereits zum Widerstand aufgerufen: "Gegendemonstrationen sind erwünscht." Man werde alles, was an Auflagen möglich sei, erlassen. Die Mitglieder von Pro NRW bezeichnete er als "Neonazis in Nadelstreifen".

NPD will "Kopfgeld" zahlen

Geert Wilders, niederländischer Politiker

Niederländischer Rechtspopulist Geert Wilders

"Auch die NRW-NPD kopiert im Landtagswahlkampf billig - und zwar ebenfalls von Geert Wilders", sagt Häusler. Der Niederländer hatte im Frühjahr eine Internet-Meldeseite für illegale Tätigkeiten osteuropäischer Wanderarbeiter angekündigt, was seiner rechtsgerichteten Partei zu großer Aufmerksamkeit verhalf. "Das schien so erfolgreich, dass unter anderem auch die belgische Rechtspopulisten-Partei Vlaams Belang eine solche Meldeseite schalten wollte." Kurz danach nimmt die NRW-NPD auf den Vorstoß aus Belgien Bezug und kündigt ebenfalls an, ein ähnliches "Meldeformular" auf ihrer Internetseite zu installieren. Dort können mittlerweile "illegale und kriminelle Ausländer" gemeldet werden. Darüber hinaus prüft die Partei nach eigenen Angaben noch, "ob wir für jede erfolgreiche Meldung eine Art 'Kopfgeld' zahlen dürfen."

Die NRW-NPD kam nach Einschätzung von Häusler mit dieser Aktion Pro NRW wohl zuvor. Denn Geert Wilders und Vlaams Belang seien eigentlich erklärte Verbündete der "Bürgerbewegung". Auf die Frage von WDR.de, ob Pro NRW das Vorpreschen der NPD bedauere, antwortet Pro-NRW-Chef Beisicht: Er halte die NPD-Aktion für "geschmacklos und auch rechtlich bedenklich". Das zeige den Unterschied zwischen der seriösen und verfassungstreuen Politik von Pro NRW und der neonazistischen Ausrichtung der NPD. Die Nachfrage, ob sich Pro NRW damit auch von Wilders distanziere, verneint Beisicht - und wechselt die Argumentation: "Wir haben hier eine andere Rechtslage als in den Niederlanden." Aus diesem Grund plane Pro NRW keine solche Seite.

"Ziel ist Geld aus der Parteienfinanzierung"

Für Häusler zeigen "die effekthascherischen Rassismuskampagnen" von NPD und Pro NRW, dass es den beiden Parteien nicht um eine ernsthafte Auseinandersetzung mit Integrationsfragen oder dem Islamismus gehe. "Tatsächlich betreiben sie Wahlkampf auf dem Rücken von Ausländern und Muslimen." Das eigentliche Ziel sei es, Geld aus der Parteienfinanzierung zu erhalten. Denn eine Partei, die bei der Landtagswahl ein Prozent der Wählerstimmen auf sich vereinigen könne, habe Anspruch auf staatliche Mittel. "Diese Gelder sind wichtig für den organisatorischen Aufbau und den Erhalt der Parteien."

Claus Cremer, Landesvorsitzender der NRW-NPD

NRW-NPD-Chef Claus Cremer

Bei der letzten Landtagswahl ist Pro NRW mit 1,4 Prozent der Wählerstimmen als einzige Partei von rechts außen in den Genuss der Parteienfinanzierung gekommen. "Da die Republikaner angekündigt haben, Pro NRW zu unterstützen, könnte der Sprung über die Ein-Prozent-Marke wieder gelingen", so Häusler. Für die NPD jedoch sehe es schlechter aus. Schon bei der letzten NRW-Landtagswahl hätte sie lediglich 0,7 Prozent der Stimmen erhalten - und somit kein Geld vom Staat. Deshalb setzt die NPD wohl nicht nur auf Provokation, sondern hofft auch auf die Diskussion um ein Verbot der Partei: Das "könnte uns gerade im Wahlkampf in die Karten spielen", sagt der NPD-Landesvorsitzende Claus Cremer auf der Internetseite der Partei.

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