Hans Traut vom Kfz-Betrieb Fries und Winkler

Geschäft kleiner Kfz-Betriebe bricht ein

Gebrauchtwagenmarkt wrackt ab

Stand: 09.03.2009, 07:08 Uhr

Der Boom auf Neuwagen ist durch die Abwrackprämie ungebrochen. Doch es gibt auch Nebenwirkungen: Schrottplätzen, Werkstätten und Händlern von Gebrauchtwagen bricht ein Markt weg.

"Ich kann das Wort Verschrottungsprämie nicht mehr hören", sagt Hans Traut, kaufmännischer Leiter der Düsseldorfer Winkler Fries GmbH, als er auf den Stapel von Verwertungsnachweisen auf seinem Schreibtisch blickt. Seit der Nachricht, dass der 1,5 Milliarden-Topf für die Abwrackprämie bereits zu einem Viertel ausgeschöpft ist, hat ein zusätzlicher Prämienboom eingesetzt.

Hersteller wie Opel, VW oder Ford jubeln über die Sonderkonjunktur beim Absatz von Neuwagen - doch Unternehmen wie Winkler Fries, ein Abschleppdienst mit angeschlossener freier Werkstatt, bekommen die Nebenwirkungen zu spüren. Verdient hat der 100-Mann-Betrieb bisher unter anderem an dem Ankauf alter Autos, die er abschleppt, in der eigenen Werkstatt in Stand setzt und dann weiterverkauft. Je nach Zustand der Wagen blieben so 100 bis 200 Euro pro Auto in der Kasse übrig. Doch das Geschäft ist eingebrochen: Altautos kauft niemand mehr. "Jetzt sind wir nur noch dabei, hunderte von Verwertungsnachweisen zu schreiben", stöhnt Traut.

Schrott ist nichts mehr wert

Diesen Nachweis brauchen die Besitzer, um später beim Kauf eines Neuwagens beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle beweisen zu können, dass tatsächlich verschrottet wurde. Die alten Wagen gibt Traut an den Autoverwerter, früher bekam er bis zu 180 Euro pro Tonne Schrott. Doch auch diese Einkommensquelle versiegt, der sprichwörtliche Schrottwert ist keiner mehr. Die Verwerter wissen, dass durch die Prämie 600.000 Altautos auf sie zu kommen. Der Preis ist deshalb im Keller. "Das was uns an monatlichem Gewinn durch die Lappen geht im Moment geht in die Tausende", sagt Traut. Auch in der Werkstatt verändert die Abwrackprämie das Geschäft: Ist ein Auto neun Jahre alt, lassen sich die Besitzer lieber einen Verwertungsnachweis ausstellen, als das Auto reparieren zu lassen. Und der Kfz -Betrieb verdient kaum noch etwas daran.

Überfüllte Höfe bei Autoverwertern

Autoteile

Zum Ausbau alter Autoteile bleibt kaum Zeit

Unübersehbar sind die Folgen des Prämienbooms auf dem Hof von Joachim Beier. Er betreibt einen der größten Schrottplätze im Raum Düsseldorf, zurzeit hat er ganze 1.000 Autos mehr auf dem Hof stehen als noch vor der Abwrackprämie: "Ich musste mir einen zusätzlichen Parkplatz anmieten. Wir wussten nicht mehr, wohin mit den ganzen Altautos." Doch durch das Verschrotten selbst macht der Unternehmer keinen Gewinn, sondern nur durch das Ausschlachten der Autos und den Verkauf der gebrauchten Ersatzteile. Gerade an Wagen, die um die zehn Jahre alt waren, hat Beier vorher am meisten verdient. Jetzt gehen 80 Prozent davon direkt in den Schredder. "Wir schaffen das gar nicht mehr, die Teile auszubauen", sagt er.

Dafür rutschen die Preise für Ersatzteile ins Bodenlose. Am Weiterverkauf des Kernschrotts verdient Beier nichts mehr. Lediglich bei 20 Prozent der Autos, die noch relativ neuwertig oder selten sind, kann der Verwerter noch die Ersatzteile verkaufen. Das sind dann beispielsweise ein Ford Galaxy, ein Kia Karneval oder ein VW Sharan, die prämienbedingt auf seinem Hof landen. "Sowas hätten wir sonst nur als Unfallauto. Jetzt kommen die zu uns und sind noch ganz", wundert sich Beier.

Hoffnung auf Normalisierung des Gebrauchtwagenmarktes

Gestapelte Autos

Der Abwrackboom schlägt negativ zu Buche

Häufig machen sich die Besitzer neun Jahre alter Autos gar nicht die Mühe, nach einem Käufer zu suchen, und geben sie einfach zum verschrotten: zu verlockend ist die staatliche Garantie von 2.500 Euro zum Neuwagenkauf. Das spürt auch Kai Strehlau, denn sein Geschäft sind Gebrauchtwagen. Der Händler mit Sitz in Sankt Augustin südlich von Köln litt schon vor der Prämie unter rückläufigen Absätzen. Doch der Abwrackboom schlägt zusätzlich negativ zu Buche. "Gebrauchte bis 3.000 Euro gibt es einfach nicht mehr", sagt er. "Ich würde gerne Autos in dieser Preisklasse verkaufen, aber der Markt ist leergefegt."

Dabei wäre die Nachfrage danach noch da, denn gerade in wirtschaftlich klammen Zeiten suchen Kunden nach günstigen Gebrauchtwagen. Doch die landen alle im Schredder. Inzwischen ist so mancher Kleinwagen neu gar nicht mehr lieferbar, doch die prämienbegeisterten Kunden ließen sich nicht abschrecken und orientierten sich einfach eine Stufe höher in Richtung Mittelklasse, beobachtet Strehlau. Selbst wenn diese deutlich teurer ist, und sich Familien dafür verschulden müssten. Der Händler hofft, dass der Spuk schnell vorbei ist: "Ohne die Prämie wird sich der Gebrauchtwagenmarkt bald normalisieren."