Knaller sollen Enschede-Katastrophe ausgelöst haben; Rechte: dpa

Enschede: Zehn Jahre nach der Explosion

Bürger gedenken der Opfer

Stand: 13.05.2010, 02:00 Uhr

Bunte moderne Häuserzeilen und viel Grün: Zehn Jahre nach der Katastrophe von Enschede ist das Leben in den Stadtteil Roombeek längst zurückgekehrt. Heute gedenken die Bürger der Opfer von damals.

Es war ein sonniger Nachmittag, als am 13. Mai 2000 gegen 15.30 Uhr mitten in einem Wohngebiet der niederländischen Stadt Enschede die Feuerwerksfabrik "S.E. Fireworks" explodierte. 23 Menschen starben, darunter vier Feuerwehrleute, rund 1.000 wurden verletzt. Zwei Drittel des Stadtteils wurden vollständig verwüstet, eine Fläche von mehr als 40 Hektar lag in Schutt und Asche, so dass Augenzeugen von "Szenen wie im Krieg" sprachen.

An diese Katastrophe erinnert die Gemeinde Enschede am Donnerstag (13.05.10) auf besondere Weise: Im städtischen Musikzentrum wird die Oper "Wake" uraufgeführt, geschrieben von dem britischen Schriftsteller David Mitchell und dem niederländischen Komponisten Klaas de Vries. Sie handelt von einer Stadt, die eine schwere Katastrophe erlebt. "Wir wollten bewusst offen halten, um welche Stadt es geht, damit die Oper auch woanders aufgeführt werden kann", sagt Stadtsprecher Ruud Lutjenhuis. Inzwischen habe bereits New York Interesse an dem Werk angekündigt, um es als Erinnerung an den 11. September 2001 aufzuführen.

Die Gedenkfeiern beginnen am Nachmittag: Dazu hat die Gemeinde Enschede alle Bürger in den Park von Roombeek eingeladen. Hier, wo einst die Feuerwerksfabrik stand, erinnern Betonplatten an die Katastrophe. Sie stammen aus dem ehemaligen Fabriklager und wurden durch die Wucht der Explosion fest in den Boden gedrückt. Ergänzt wird das Denkmal durch die Umrisse eines Hauses, die in schwarzem Granit auf den Rasen gezeichnet sind. Die Feier beginnt um 15.15 Uhr, in etwa zu der Zeit, in der vor zehn Jahren das Feuer in der Fabrik ausbrach.

Erfolgreicher Wiederaufbau

In Enschede-Roombeek sieht heute nichts mehr aus wie früher. Das Viertel hat ein neues Gesicht, mit abwechslungsreichen Neubauten, Geschäften und Kultureinrichtungen, Spielplätzen und einem Bach. Die Bürger waren an der Neugestaltung eng beteiligt.

Schon zwei Wochen nach der Katastrophe gründeten sie einen Verein, der die Interessen der Opfer vertreten sollte. Durch die Explosion waren immerhin 650 Wohnungen zerstört worden, 4.150 Menschen hatten ihr Zuhause oder ihre Arbeitsstelle verloren. Jetzt wollten die Betroffenen zum einen entschädigt, darüber hinaus auch am Wiederaufbau beteiligt werden. Die Stadt reagierte und gründete das Projektbüro Roombeek, das den Neubau des Viertels im Austausch mit den Bürgern koordinieren sollte. Gemeinsam mit externen Prozessbegleitern entwarfen so Bürger, Stadtplaner und Architekten in nur einem Jahr ein neues Roombeek. Etwa 600 Millionen Euro wurden in das Viertel investiert, mehr als die Hälfte davon kamen aus der freien Wirtschaft.

Ursache weiterhin unklar

Eines treibt die Bewohner des Viertels weiterhin um: Wie konnte es zu der verheerenden Explosion kommen? Bis heute ist die genaue Ursache unklar. Zwei Manager der Firma "S.E. Fireworks" wurden wegen Verstößen gegen Sicherheitsauflagen verurteilt, ein mutmaßlicher Brandstifter dagegen vor Gericht freigesprochen. Eine Woche vor dem Jahrestag berichtete ein niederländischer Fernsehsender über weitere mögliche Ursachen: Nach den Recherchen der Journalisten war zunächst ein Brand in dem Feuerwerkslager ausgebrochen, der von der Feuerwehr rasch gelöscht werden konnte. Da die Feuerwehrleute jedoch mehrere Bunkertüren geöffnet hätten, habe sich Gas der bereits abgebrannten Feuerwerkskörper im gesamten Lager verbreitet und zur Explosion geführt. Außerdem sei mehr explosives Material als zulässig in dem schlecht gesicherten Bunker gelagert worden. Die niederländische Polizei hat angekündigt, den Vorfall erneut zu untersuchen.

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