Unterwegs mit den Machern der Lokalzeit

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"Lokalzeit" - Das Land ins Bild setzen

Stand: 31.01.2014, 08:00 Uhr

Aus der Region, für die Region: Elf WDR-Studios stellen täglich in insgesamt 330 Sendeminuten die Menschen und ihre Heimat in den Mittelpunkt ihrer Arbeit. Und die Zuschauer danken es ihnen mit hohen Einschaltquoten.

Von Sascha Woltersdorf

Wie gut eine Ausgabe der "Lokalzeit", wie gut ein einzelner Beitrag am Abend angekommen ist, das könne man am nächsten Tag überall dort erfahren, wo Menschen zusammenkommen, sagt Gabi Ludwig. Im Zugabteil. Im Gespräch zwischen Pförtner und Firmenchef. Im Lehrerzimmer. Beim Sport. Oder beim Einkaufen. Die WDR-Journalistin leitet als Chefredakteurin die TV-Landesprogramme des Senders und hat derzeit viel Grund zur Freude. Hinter dem Regionalmagazin, das seine Zuschauer in allen Teilen des Landes mit Informationen versorgt, liegt das Jahr mit dem bisher größten Zuschauerzuspruch. Diesen Erfolg hat sich die "Lokalzeit" hart erarbeitet, sagt Gabi Ludwig. "Wir versuchen jeden Tag aufs Neue, moderne Sehgewohnheiten mit regionalen Informationen zu verbinden." Das Konzept kommt an. Die "Lokalzeit" ist ein aktuelles Familienmagazin, das, so Ludwig weiter, "regionale Themen aufgreift, durchaus kritisch beleuchtet und zuschauernah umsetzt. Und das alles mit Herz."

Gabi Ludwig

Gabi Ludwig

Für elf nordrhein-westfälische Regionen von Aachen bis Bielefeld, von Bonn bis Münster liefert das 30-minütige Magazin von Montag bis Samstag Informationen zu einem breiten Themenspektrum aus Politik, Wirtschaft, Sport und Kultur. Eine große Rolle spielten aber auch das ganz normale Leben, die Heimat und die schönen Seiten der Region, betont Ludwig. "Die Menschen und das Umfeld, in dem sie leben, sind für uns das Wichtigste. Und das stellen wir in den Mittelpunkt – natürlich mit der gebotenen journalistischen und professionellen Distanz, aber eben auch mit der Nähe, die wir selber haben. Denn schließlich sind wir alle Teil dieses Landes. Das ist der Spagat, den wir jeden Tag hinbekommen wollen."

Das erfolgreichste Regionalprogramm

PRINT Februar 2014

Den Erfolg der "Lokalzeiten" bestätigt die Medienforschung des WDR. Befragungen der Zuschauer hätten gezeigt, so Fernsehforscher Erk Simon, dass Nähe, Relevanz und spannende Geschichten aus der Lebenswelt der Zuschauer die Erfolgsfaktoren seien. "Regionalität und Heimat liegen im Trend. Aus der Forschung wissen wir, dass dies auch für junge Menschen gilt." Heimat bedeute dabei, "das Lebensgefühl der Menschen in NRW zu treffen: aufgeschlossen, vielfältig, authentisch, bewegt, urban und mit Humor. Die Spitzenwerte bei der Zuschauerakzeptanz belegen, dass dies den elf 'Lokalzeiten' im WDR täglich gelingt."

PRINT - Das Magazin zum Westdeutschen Rundfunk

Zwischen 18:00 und 20:00 ist das WDR Fernsehen bei den Zuschauern in NRW die Nummer Eins und auch unter allen Dritten das erfolgreichste Regionalprogramm. 2013 schalteten im Durchschnitt 1,43 Millionen Zuschauer die "Lokalzeiten" ein. Dies entspricht einem Marktanteil von 26,1 Prozent. Mehr als 20 Sendungen lagen über 28 Prozent. Die Spitzensendung lief am 30. Dezember 2013 mit einer Quote von 32,3 Prozent insgesamt und 16,3 Prozent unter den jüngeren Zuschauern. Generell haben die Ausgaben mit durchschnittlich 11,8 Prozent Quote in der Altersgruppe der 30- bis 49-Jährigen den WDR-weit besten Marktanteil bei Jüngeren.

Pflicht und Kür

Ulrike Wischer

Ulrike Wischer

Kritik bekommen die Macher der "Lokalzeiten" allerdings auch zu hören, etwa die Sendungen seien zu "boulevardesk", es fehlten die "harten Themen" zum Beispiel aus der Politik. Dem hält Ulrike Wischer, Leiterin der Programmgruppe Regionales, den Themenmix des Erfolgsformats entgegen. Um die Zuschauer so gut wie möglich zu erreichen, mischen die halbstündigen Sendungen das Pflichtprogramm aus Aktualität und Nachrichten mit ein, zwei "Highlights" pro Sendung. "Für solche ausgesuchten Reportagen und Beiträge nehmen wir uns mehr Zeit – also für die Kameraaufnahmen, den Schnitt und den Text des Autors, aber auch später in der Sendung." Bei diesen "Perlen" (Wischer) mit bis zu sechs Minuten Sendezeit geht es oft um die Menschen in der Region. "Wir zeigen gern die Leute, die diesen Glanz in den Augen haben bei dem, was sie tun. Es geht uns darum, das Leben nicht nur als Gefühl, sondern als Sein rüberzubringen."

Das kann ein Siegener Original sein, der "Schuster mit Leib und Seele" ist. Oder der Beitrag "Ein Leben in Deutschland" über Einwanderer, die in der Aachener „Werkstatt der Kulturen“ ihre Geschichte aufschreiben und dadurch Deutsch lernen. Oder die Serie "Kleine Anfrage", in der Bonner Kinderreporter große Fragen an die Erwachsenen haben. Oder die Reportage "Wenn der Balkon kommt", die zeigt, wie in einer Siedlung in Wuppertal Oberbarmen mit neuen Fertigbalkonen auch ein neues Lebensgefühl einzieht. Eine "Perle" ist aber nicht nur inhaltlich etwas Besonderes, sagt Ulrike Wischer. "Besondere Kameraleistungen, etwa der Einsatz von Videodrohnen, kleinen Digitalkameras oder Unterwasserkameras schaffen ungewöhnliche Perspektiven und Bilder." Manchmal sei es auch eine vom Autor selbst gedrehte Reportage oder ein neuer Stil im Schnitt, die einen konventionellen Beitrag zu einem spannenden Film für die Zuschauer werden lassen. So entstehen unmittelbare und unverfälschte Einblicke in das Leben der Protagonisten. "Perlen" seien zudem immer eine Teamleistung von Kamera, Ton, Schnitt und Autor so wie die gesamte Sendung eine Teamleistung von Redaktion, Produktion und freien Mitarbeitern darstelle. "Dieses Wir-Gefühl und die gemeinsame Sprache, die wir in den vergangenen Jahren im 'Lokalzeit'-Prozess 2020 erarbeitet haben, sind wichtige Bausteine des Erfolges."

Über sechs Stunden "Lokalzeit"

Insgesamt liefern die elf NRW-Studios 330 Minuten Programm pro Sendetag, die in der Nacht an einem Stück wiederholt werden. Hinzu kommen montags bis freitags elf fünfminütige "Kompakt"-Sendungen mit regionalen Nachrichten von 18:00 bis 18:05. Wischer: "Ein großer Kraftakt, den die insgesamt rund 500 Mitarbeiter in den Studios trotz knapper werdender Ressourcen stemmen."

So leisten bislang drei Redaktionen den Auftritt ihrer "Lokalzeit" in sozialen Netzwerke wie Facebook zusätzlich zu den bisherigen Aufgaben. Derzeit überlege man, für jede "Lokalzeit" eine Facebook-Seite einzurichten und zu betreuen. Das Angebot auf den Seiten aller WDR-Studios im Netz wurde ohnehin neu gestaltet. Seitdem bietet jedes Studio ein Topthema, das über den ganzen Tag journalistisch begleitet wird.

Als Ziel haben sich die "Lokalzeit"-Macher gesetzt, noch mehr mit den Zuschauern in Kontakt zu treten. Die sozialen Netzwerke sehen Wischer und Ludwig nur als eine – allerdings sehr wichtige – Möglichkeit dafür an. Die Muttersendung "Aktuelle Stunde" zeigt eine weitere auf: Die App "Aktuelle Stunde direkt" bietet Smartphone-Nutzern schnelle Informationen und einen Rückkanal zur Redaktion. Über diesen direkten Draht können die Zuschauer kommentieren sowie ihre Fotos und Videos an den WDR schicken. Nicht selten entstehen auf diese Weise Nachrichten, die von der "Aktuellen Stunde" oder den "Lokalzeiten" gesendet und im Netz veröffentlicht werden.

Als Anfang Januar in Euskirchen ein Baggerführer durch die Explosion einer Luftmine aus dem Zweiten Weltkrieg getötet wurde, erreichten auf diesem Weg sehr schnell Fotos und Videos die Redaktion. "Das war ein sehr tragisches Ereignis", so Gabi Ludwig. "Aber auch das hat natürlich die Region bewegt und zeigt uns, wie wichtig es ist, noch schneller mit den Menschen in Kontakt zu treten."