Entdeckung des Skeletts "Lucy" in Äthiopien (3,2 Mio. Jahre alt)

Stichtag

1974 – Donald Johanson entdeckt Skelettteile von "Lucy"

1974 findet der US-amerikanische Paläoanthropologe Donald Johanson mit seiner Truppe unter der sengenden Sonne Äthiopiens in einem ausgetrockneten Flusslauf Teile eines vermutlich weiblichen Skeletts. Er ahnt die Sensation und möchte feiern. Im Gepäck hat er eine Beatles-Kassette, die er auflegt. Da ertönt plötzlich "Lucy in the Sky With Diamonds".

Ein Expeditionsmitglied habe daraufhin vorgeschlagen, das Skelett einfach Lucy zu nennen, wird sich Johanson später erinnern. "Und als das Wort am nächsten Morgen die Runde machte, sagten meine Studenten: 'Gehen wir noch mal zu Lucys Fundort?' – 'Glaubst du, wir finden noch mehr von Lucys Schädel?' – 'Wie alt war Lucy wohl, als sie starb?' Und plötzlich wurde sie eine Persönlichkeit."

Nur 60 Teile fehlen

Im Fall von Lucy muss Johanson gar nicht lange suchen: Großteile des Skeletts sind bereits vom Regen freigelegt. Zunächst findet der Paläoanthropologe in dem ostafrikanischen Flusslauf ein Armfragment, dann die Rückseite ihres kleinen Schädels, dann einen Oberschenkelknochen, Halswirbel, den Rest des Kopfes. Immer mehr Knochen treten zutage. Schließlich sind es 204. Nur 60 Teile fehlen. Schon das ist eine kleine Sensation., denn üblicherweise können an derartigen Fundstellen nur wenige Knochen freigelegt werden.

Die eigentliche Sensation steht Johanson aber noch bevor. Bei näherer Betrachtung des Skeletts findet der Wissenschaftler heraus, dass Lucy vorwiegend aufrecht gegangen sein muss. Aufgrund von absoluten Datierungen der Fundschichten und anhand von Vergleichen mit anderen Säugerknochen wird ihr Alter auf über 3 Millionen Jahre datiert. Ein so frühes Zeugnis eines aufrecht gehenden Wesens wurde bis dato niemals gefunden.

Hirn von der Größe einer Grapefruit

Lucy gehört zur Gattung der Australopithecus afarensis, von der es inzwischen über 400 Funde gibt – manche sogar doppelt so alt wie Lucy. Forschern zufolge ist sie kein Affe mehr, aber längst noch kein Mensch. Ihr Gehirn hatte lediglich die Größe einer Grapefruit. Trotzdem gehen die Forscher davon aus, dass sich aus ihrer Art die frühen Homo-Arten entwickelt haben, aus denen wiederum die Neandertaler und die modernen Menschen hervorgegangen sind. Und sie nehmen Lucy als Beleg dafür, dass die Wiege der Menschheit in Afrika anzusiedeln ist.

Von hier aus sollen sich Lucys Nachfahren auf dem Erdball verbreitet haben. Und auch Lucy selbst geht nach ihrer Entdeckung erst einmal auf die Reise. Zu Forschungs- und Ausstellungszwecken kommen ihre Knochen in die USA. Erst 2013 kehren sie endgültig in die Heimat zurück. Heute lagern sie im Nationalmuseum im äthiopischen Addis Abeba.

Dort wird Lucy übrigens "Dinknesh" genannt: "die Wunderbare".

Stand: 30.11.2014

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