Stichtag

16. März 2008 - Vor 80 Jahren: Karlheinz Böhm wird geboren

Eine Schmonzette macht ihn bekannt: Als Kaiser Franz-Josef spielt Karlheinz Böhm ab 1955 mit Romy Schneider in der "Sissi"-Trilogie. Rosa Soße über braune Vergangenheit - so ordnet der Schauspieler rückblickend diese Filme in die deutsche Nachkriegsgeschichte ein: "Ich bin damals ein Teil dieses Tanzes um das goldene Kalb gewesen, dieses Wirtschaftswunders, wie es Erhard bezeichnet hat." Böhms Jugend passt zum Märchen von Sissi und Franz, auch bei ihm scheint alles bestens geordnet. Vater Karl Böhm ist ein weltberühmter Dirigent, Mutter Thea Linhard ist eine gefragte Sopranistin. Am 16. März 1928 in Darmstadt geboren, wächst Karlheinz als Einzelkind in Hamburg und Dresden auf. Sein Vater ist streng. "Brille ab, schmusen" heißt das Kommando, wenn der Dirigent sich kurz Zeit für seinen Sohn nimmt. Die Kriegsjahre verbringt Karlheinz in einem Internat in der Schweiz. 1946 macht er Abitur bei den Eltern in Graz.

Als sein Klavierspiel nicht für eine Pianistenlaufbahn reicht, lernt Böhm Regie und Schauspielerei am Wiener Burgtheater. Nach dem Erfolg mit "Sissi" lebt er unbekümmert: schöne Frauen, schöne Reisen, schöne Rollen - als Graf, Baron, Kaiser, Prinz. Bis ihm selbst vom vielen Zucker übel wird. 1960 spielt er einen perversen Frauenmörder in Michael Powells Film-Drama "Peeping Tom ". Doch so will ihn niemand sehen: "Das war ein totaler Flop", erinnert sich Böhm. Er spielt einige Jahre auf der Bühne und kehrt erst Anfang der 70er Jahre zurück zum Film. In der Arbeit mit Regisseur Rainer Werner Fassbinder wird Böhm politisiert: "Ich wollte etwas verändern." Das Jahr 1981 wird für ihn zum Wendepunkt. Beide Eltern sterben kurz hintereinander, auch seine dritte Ehe scheitert. Im Mai tritt er in der ZDF-Sendung "Wetten, dass..." auf und wettet, dass noch nicht einmal jeder dritte Fernsehzuschauer eine Mark für Hungernde in der Sahelzone spenden würde. Böhm gewinnt, dennoch kommen rund 1,2 Millionen Mark zusammen. Daraufhin wird der Schauspieler zum Entwicklungshelfer: Er gründet mit dem Geld die Stiftung "Menschen für Menschen" und baut in Äthiopien Entwicklungsprojekte auf.

Die Stiftung baut vorwiegend mit einheimischen Arbeitskräften Schulen, Krankenhäuser, Straßen und Brunnen. Böhm vergibt Kleinkredite an Frauen, setzt sich gegen die Beschneidung von Mädchen ein und kümmert sich um die Folgen von Aids. Dabei bleibt er betont unpolitisch und arrangiert sich mit jeder Regierung - obwohl in Äthiopien Menschenrechte wenig gelten und das Land hochgerüstet ist. In einem Werbefilm seiner Stiftung schreitet Böhm 2006 mit ausgebreiteten Armen und strahlendem Lächeln an jubelnden Äthiopiern vorbei: "Mr. Karl is coming! " Drei Jahre zuvor ist Böhm als erster Ausländer zum Ehrenstaatsbürger Äthiopiens ernannt worden.

Stand: 16.03.08