Stichtag

18. Januar 2007 - Vor 80 Jahren: Hermann Müller-Thurgau stirbt

Seit 1.000 Jahren gedeiht in Deutschland der Riesling, die beliebteste Weinrebe des Landes. Aber oft gedeiht sie nicht: Riesling ist eine empfindliche Pflanze. Das will Ende des 19. Jahrhunderts ein Fachmann ändern: Herrmann Müller aus dem Schweizer Kanton Thurgau, den er später in seinen Namen aufnimmt. Müller, 1850 in Tägerwilen geboren, hat in Würzburg in Botanik promoviert und leitet ab 1876 die Pflanzenphysiologische Versuchsstation in Geisenheim. Hier beginnt er mit Kreuzungsversuchen zwischen Riesling und anderen Reben. Als er 1891 die neu gegründete deutsch-schweizerische Versuchsstation für Obst-, Wein- und Gartenbau in Wädenswil übernimmt, reisen die besten gezüchteten Setzlinge mit. Die neu entstandene Rebe erweist sich als robust, trägt gut und kann früher geerntet werden als der Riesling.Als die Rebe 1913 in den deutschen Weinbau eingeführt wird, erhält sie den Namen Müller-Thurgau. Die neue Weintraube tritt einen Siegeszug an. Von 1975 bis 1996 verdrängt sie den Riesling sogar von Platz Eins. Dann aber kommt der Müller-Thurgau ins Gerede, wird zum Synonym für den süßen, teilweise gepanschten deutschen Massenwein. Derzeit erlebt die Traube eine Renaissance, häufig unter dem unverbrauchten Namen Rivaner. Der aber ist streng genommen falsch: Er beruht nämlich auf der Annahme, die Rebe sei eine Kreuzung zwischen Riesling und Silvaner. Gentechnische Versuche weisen 1998 jedoch nach, dass Hermann Müller-Thurgau den Riesling mit der Rebsorte Madeleine royal ("Königliche Mädchentraube") kreuzte, die wiederum eine Züchtung aus der Gutedel-Rebe ist.

Hermann Müller-Thurgau sperrt sich erst dagegen, dass die Traube nach ihm benannt wird. Aber die Züchter in Deutschland setzen sich durch. Müller-Thurgau, seit 1881 verheiratet mit Berta Biegen aus dem Weinanbaugebiet des Rheingau und Vater dreier Töchter, wird in Fachkreisen auch durch seine Forschungen zur alkoholischen Gärung und zu Rebenkrankheiten bekannt. Er stirbt am 18. Januar 1927 in Wädenswil.

Stand: 18.01.07