Stichtag

26. November 2007 - Vor 20 Jahren: Tod des Mediziners Willibald Pschyrembel

Verkauft sich ein 1894 erstmals erschienenes Fachbuch immer noch jährlich rund 250.000 Mal, muss es sich schon um einen besonderen Stoff handeln. Auch in der aktuellen 261. Auflage kann dieser Long-Best-Seller fest auf zwei Käufergruppen vertrauen: Vertreter der Heilberufe und deren beste Kunden, die Hypochonder. Die Rede ist vom Klinischen Wörterbuch, allgemein besser bekannt als "der Pschyrembel". Auch für Laien verständlich, erklärt der 2.160 Seiten starke Wälzer alle Begriffe, die zum Fachchinesisch der Mediziner gehören. "Man blättert durch Seiten voller Fotos mit bösen Tumoren, gefährlichen Sporen und entzündeten Ohren", witzelt der Berliner Chansonnier Pigor.

Namensgeber des klinischen Lexikons ist Professor Dr. med. Dr. phil. Willibald Pschyrembel. 1901 in Berlin geboren, promoviert er zunächst in Physik und wechselt dann als Schüler des berühmten Ferdinand Sauerbruch zur Medizin. Schon früh erwirbt sich Pschyrembel einen hervorragenden Ruf als Hochschullehrer und Gynäkologe. 1931 übernimmt er die Betreuung und Herausgabe des "Wörterbuchs der klinischen Kunstausdrücke", das 1894 erstmals von Otto Dornblüth aufgelegt wurde. 50 Jahre lang betreut der bei Kollegen und Patienten überaus beliebte Mediziner das zunächst noch schmale Bändchen und formt es als alleiniger Redakteur zum allumfassenden Nachschlagewerk.    

Seine weit über die Welt der Mediziner hinaus reichende Bekanntheit verdankt das Lexikon Pschyrembel nicht zuletzt "Petrophaga Lorioti", der gemeinen Steinlaus. 1983 schleicht sich das putzige Fabelwesen, das Loriot einst in einer Parodie auf den Zoologen Bernhard Grzimek auftreten ließ, heimlich in die 255. Auflage ein - ein Spaß humoriger Verlagsmitarbeiter - und genießt dort seither akademischen Artenschutz. Pschyrembel selbst, der 1982 die Weiterarbeit an seinem Werk einer vielköpfigen Redaktion übergeben hat, ist vom Nagerbefall seines Werkes wenig begeistert. Zutiefst getroffen über die "unseriöse" Kinderei, spricht Pschyrembel bis zu seinem Tod am 23. November 1987 kein Wort mehr mit seinem Verleger.

Stand: 26.11.07