Völkerschlacht bei Leipzig beginnt

Stichtag

16. Oktober 1813 – Völkerschlacht bei Leipzig beginnt

Am 16. Oktober 1813 macht die 16-jährige Pfarrerstochter Auguste Vater frühmorgens nah ihrem Heimatdorf Seifertshain bei Leipzig einen Spaziergang übers Feld. Es ist neblig und trüb, eine gespenstische Stille liegt über der Landschaft. Aber Auguste weiß, dass bald etwas geschehen wird. Denn schon Tage zuvor haben die Bauern ihres Dorfes die Armee von Napoleon Bonaparte beherbergen und verköstigen müssen.

Dann, plötzlich, ist weit entfernt ein bedrohliches Grollen zu vernehmen. "Ein ganz eigenes, erhabenes Geräusch, wie das ferne Brausen des wogenden Meeres, umgab uns bald von allen Seiten, von einzelnen dumpfen Kanonenschüssen und fernen Trommeln begleitet“, schreibt Vater in ihr Tagebuch. "Und bald erkannten wir darin das allgemeine Anrücken sämtlicher Armeen zu dem großen, blutigen, lang ersehnten Kampfe, der auf immer das Schicksal von ganz Deutschland entscheiden sollte."

100.000 Gefallene

Eigentlich dachte Europa, Napoleon längst los zu sein. 20 Jahre lang hat der Kaiser der Franzosen den halben Kontinent regiert; nach dem verlustreichen Russlandfeldzug aber ist er 1812 mit einem Häuflein seiner einstmaligen Grande Armée nach Paris geflohen. Kurzzeitig sieht es so aus, als würde er sich von dem Schlag nicht mehr erholen. Jetzt aber, kein halbes Jahr später, setzt er mit einer neuen Schar rekrutierter Soldaten wieder seinen Fuß über den Rhein. Nach Leipzig zieht er, weil der sächsische König Friedrich August mit ihm verbündet ist. Auf die 40.000 Einwohner Leipzigs und Umgebung kommen schließlich 190.000 hungrige Soldaten.

Diesmal aber reagieren die europäischen Monarchen zügig. Endlich bilden sie eine schlagfähige Koalition, der sich neben Russland und Preußen auch Schweden und Österreich anschließen. Fast 400.000 Soldaten schicken die Herrscher den hoffnungslos unterlegenen Franzosen entgegen. Vier Tage dauert der Kampf, dann ist Napoleon endgültig besiegt. Am Ende bleiben 100.000 Gefallene auf dem Schlachtfeld zurück. Selbst im Zweiten Weltkrieg wird es nicht mehr so viele Tote in so kurzer Zeit geben.

Für Freiheit und Vaterland?

1815 geht die große Schlacht von Leipzig in die Zeitungen und Chroniken als "Völkerschlacht" ein – und das aus gutem Grund. Denn wohl erstmals in der Geschichte Europas hat ein Großteil der beteiligten Soldaten das Gefühl, nicht im Auftrag eines Monarchen zu kämpfen, sondern für die große nationale Sache. "Tausend und aber Tausend, Nationen von den verschiedensten Zonen, Sitten und Sprachen, Männer und Jünglinge aus den verschiedensten Ständen und Verhältnissen" sind laut Auguste Vater "nur von einem Interesse beseelt, durch gleichen Sinn und gleiche Begeisterung verbunden, zogen muthig dem Tode für Vaterland und Freiheit entgegen".  

Die Ernüchterung folgt auf dem Fuße: Auf dem Wiener Kongress, der Europa 1815 neu ordnen soll, scheitert die Nationenbildung am Widerstand der machthungrigen Groß- und Kleinstaatenherrscher. Trotzdem dient die Völkerschlacht bei Leipzig auch 100 Jahre später noch der Monarchenpropaganda. 1913 weiht Wilhelm II. das Völkerschlachtdenkmal bei Leipzig ein. Im darauffolgenden Jahr führt er Deutschland in den Ersten Weltkrieg.

Stand:16.10.2013

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