Amelie Hedwig "Melli" Beese-Boutard, erste deutsche Pilotin (undatierte Aufnahme)

Stichtag

13. September 1886 - Melli Beese wird geboren

An ihrem 25. Geburtstag schreibt sie über dem Flugplatz Johannisthal bei Berlin Geschichte: Amelie Hedwig Beese, von allen nur Melli gerufen, besteht am 13. September 1911 als erste Frau in Deutschland die Flugprüfung. Sie erhält die Pilotenlizenz Nummer 115, nach 114 Männern. Der Weg dahin ist nicht leicht gewesen. In der frühen Luftfahrt sind die Vorbehalte gegenüber einer Frau am Steuer eines Flugzeuges groß.

Die Vorgeschichte: Zunächst überzeugt die 1886 in Laubegast bei Dresden geborene Melli ihren Vater von ihrem Traum, fliegen zu lernen. Der wohlhabende Bildhauer und Gaslampen-Fabrikant hat seiner Tochter bereits das Studium der Bildhauerei in Stockholm ermöglicht, als im Kaiserreich an so etwas noch nicht zu denken war. Bei drei Flugschulen in Johannisthal, wo sich der erste deutsche Motorflugplatz befindet, wird Melli zwar abgelehnt, aber die vierte nimmt sie schließlich zögernd an. Daraufhin finanziert ihr Vater die 3.000 Goldmark teure Ausbildung. Hinzu kommt die sogenannte Bruchkaution von 1.000 Goldmark für Flugzeugreparaturen.

Eigene Flugschule

Prompt endet einer der ersten Schulflüge im Krankenhaus: Ein fünffacher Beinbruch, Rippen- und Nasenbeinbrüche sind das Resultat. Mellis Fluglehrer bleibt zwar unverletzt, will sie aber nicht mehr unterrichten. Über ein halbes Jahr wartet sie. Erst nach dem Wechsel der Flugschule darf sie wieder ans Steuer. Doch ihre männlichen Kollegen mobben sie weiterhin - und gefährden dabei sogar ihr Leben: "Bald waren ein paar Zündkerzen gegen verrußte ausgetauscht, bald das Benzin bis auf einen geringen Rest abgelassen worden", erinnert sich Beese später. Einmal sind sogar die Verspannungen an den Tragflächen gelockert. Doch schließlich setzt sie sich durch.

Nach bestandener Prüfung fliegt Beese auf diversen Flugschauen. Als erste Pilotin bricht sie Rekorde: der höchste Flug, der längste Passagierflug. Mit ihrem Mann, dem französischen Piloten Charles Boutard, eröffnet sie eine Flugschule unter ihrem Namen, baut Flugzeuge in Lizenz und entwickelt ihre eigenen Maschinen. Dann macht der Erste Weltkrieg alles zunichte. Als Ehefrau eines Franzosen gilt sie nun als feindliche Ausländerin. Sie erhält Flugverbot, ihr Mann wird interniert, der Betrieb bleibt geschlossen.

Suidzid mit 39 Jahren

Nach dem Krieg geht die Ehe in die Brüche. Mit dem Projekt einer Weltumrundung im Flugzeug versucht Beese einen Neuanfang. Ein Film soll daraus entstehen, doch sie findet keine Geldgeber. Der soziale Absturz und das Ende ihrer Fliegerkarriere brechen ihren Lebensmut. Am 21. (nach anderen Quellen am 22.) Dezember 1925 beendet Melli Beese ihr Leben durch eine Revolverkugel. Sie wird 39 Jahre alt. "Volare necesse est, vivere non necesse est", hat sie einmal einen Fliegerkameraden zitiert: "Fliegen ist notwendig, Leben nicht."

Stand: 13.09.2011

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