Stichtag

28. Juni 2010 - Vor 170 Jahren: Erster deutscher Kindergarten gegründet

Jeden Morgen öffnet er dem Nachwuchs seine Türen: der Kindergarten, eine Einrichtung für die sich der deutsche Name weltweit durchgesetzt hat. Erfunden hat ihn der Pädagoge Friedrich Wilhelm August Fröbel, ein unangepasster, eigenwilliger Mann, mit langen Haaren, Mittelscheitel und einem markanten Gesicht. Auf der Gründungsveranstaltung des "Allgemeinen deutschen Kindergartens" am 28. Juni 1840 im thüringischen Blankenburg erklärt er, wie er sich die Einrichtung vorstellt: "Wie in einem Garten unter Gottes Schutz … sollen hier die edelsten Gewächse, Menschen, Kinder als Keime und Glieder der Menschheit, in Übereinstimmung mit sich, mit Gott und der Natur erzogen … werden." Sein Ansatz: Er will den kleinen Menschen keine Kenntnisse eintrichtern, sondern herausholen, was an guten Anlagen in ihnen schlummert. Fröbel setzt vor allem auf das Spiel, entwickelt Spielzeuge für jedes Alter: Quader, Würfel, Walze, Kegel - einfache Formen, mit denen Kindern noch heute gern spielen. Und er schreibt Kinderlieder, wie "Häschen in der Grube" und "Backe, backe Kuchen".

Triste Kindheit des Pädagogen

Fröbel selbst verbringt jedoch eine traurige Kindheit. Er ist das fünfte und letzte Kind eines Dorfpfarrers, geboren 1782. Seine Mutter stirbt, als er noch ein Säugling ist. Der Vater ist streng, die Stiefmutter distanziert. Erst als sein Onkel ihn zu sich nimmt, erfährt Fröbel Geborgenheit und Nähe. Er probiert sich aus, beginnt viele Ausbildungen, ohne sie zum Abschluss zu bringen: eine Försterlehre, ein Studium der Naturwissenschaften, dann der Philosophie und der Pädagogik. Als 23-Jähriger kommt Fröbel über einen Freund an seine erste Arbeitsstelle als Erzieher. Fröbel wird Lehrer an einer Musterschule, die den Grundsätzen des Schweizer Pädagogen Johann Heinrich Pestalozzi folgt. Fröbel hat seine Bestimmung gefunden. Er schreibt an seinen Bruder: "Ich habe die Kinder alle so herzlich lieb und sehne mich oft zu ihrem Unterrichte - Du solltest mich manchmal in meinen Unterrichtsstunden sehen, wie seelenvergnügt ich bin." Doch zunächst muss er in den Krieg gegen Napoleon ziehen. Erst danach gründet er seine "Allgemeine deutsche Erziehungsanstalt" in Keilhau in Thüringen, 1837 folgt die "Pflege-, Spiel- und Beschäftigungsanstalt für Kleinkinder", die Vorläuferin des Kindergartens.

Kinder sollen gemeinsam spielen

Seine pädagogischen Überzeugungen schreibt er in seinem Hauptwerk "Menschenerziehung" (1826) nieder. Zum Beispiel: "Das beste Spielzeug eines Kindes ist ein anderes Kind. … Sein Spiel ist ein Vorspiel des menschlichen Lebens." Mit Beginn der Industrialisierung Ende des 18. Jahrhunderts verläuft der Alltag vieler Kinder trist. Mütter strömen in die Fabriken, Kinder warten in den sogenannten Bewahranstalten auf den Feierabend ihrer Eltern. Fröbel versteht den Kindergarten von Anfang an als Institution, die die Familie unterstützen soll. Im Sommer 1851 jedoch stürzt Fröbels Lebenswerk vorläufig zusammen. Preußen verbietet die Kindergärten, der Staat wittert darin eine Brutstätte für Atheismus und Sozialismus. Die Aufhebung des Kindergartenverbotes neun Jahre später erlebt Fröbel nicht mehr. Der Pädagoge stirbt 1852 nach kurzer schwerer Krankheit im Alter von 70 Jahren.

Stand: 28.06.10