Stichtag

30. Dezember 2008 - Vor 2000 Jahren: Der römische Dichter Ovid wird verbannt

Über seine Verbannung in die Hafenstadt Tomis am Schwarzen Meer durch Kaiser Augustus kann sich Ovid nicht beschweren. Davon jedenfalls scheint der römische Dichter selbst überzeugt zu sein. "Zwei Frevel, Gedicht und Verirrung, richten mich zugrunde", heißt es in einem seiner Werke. "Doch sei die Verirrung in Schweigen gehüllt: / Denn ich bin es nicht wert, dich erneut zu verwunden, oh Kaiser, / ist es doch mehr als zuviel, wenn man dich einmal betrübt." 

Offizieller Grund von Betrübnis und Verbannung ist Ovids heikles Gedicht "Ars Amatoria". Die "Liebeskunst" preist die Erotik in starken, damals als freizügig geltenden Bildern und ungekannter Deutlichkeit ("Beischlaf ist mir verhasst, bei dem nicht beide verschmelzen"). Es geht um freie Liebe jenseits moralischer Zwänge. Kaiser Augustus aber will das zwischenmenschliche Begehren ins Korsett sittlicher Regeln zwängen. Ein "Gesetz über die Verheiratung der Stände" verpflichtet Männer zur Ehe und droht mit steuerlichen Nachteilen bei Kinderlosigkeit. Ehepaare sollen zur Treue gezwungen und so der für den Fortbestand des römischen Reichs gefährliche Geburtenrückgang gestoppt werden.Wichtig ist eheliche Treue in der römischen Adelsschicht noch aus einem anderen, rein politischen Grund: Immerhin könnten Widersacher des Ehemanns im Ehebett dessen Ruf zerstören und im schlimmsten Fall gar Anspruch auf dessen Platz in der Gesellschaft erheben. Augustus hat also allen Grund, auf der Hut zu sein. Immerhin werden auch seine Tochter und seine Enkelin beim Ehebruch erwischt.

Neben Ovid schickt Augustus im Jahr 8 nach Christus auch seine Tochter und seine Enkelin in die Verbannung an den äußersten Rand seines Reichs. Heute vermutet die Forschung, dass nicht nur die "Liebeskunst", sondern auch das Wissen um die Verfehlungen der augustinischen Verwandtschaft Ovid das Exil bringen. Immer wieder bittet der Dichter den Kaiser um Gnade - umsonst. Ovid stirbt vermutlich um das Jahr 18 in Tomis. Auf seiner Grabinschrift wünscht er sich den Vermerk, dass er an seinem eigenen Talent zugrunde gegangen sei.

Stand: 30.12.08