Limburger Bischof Tebartz-van Elst

19. August 2012 - Erste Vorwürfe gegen Limburger Bischof

Stand: 19.08.2017, 00:00 Uhr

"Verschwendungsvorwürfe: Limburger Bischof flog First Class in die Slums" - am 19. August 2012 gerät Franz-Peter Tebartz-van Elst wegen einer Indien-Reise öffentlich unter Druck. "Der Spiegel" meldet, dass der Bischof erster Klasse nach Bangalore geflogen sei, um soziale Projekte zu besuchen.

Ein "Spiegel"-Reporter hatte ein Gespräch mit Tebartz-van Elst aufgezeichnet, in dem der Bischof bestritt, hin und zurück erster Klasse geflogen zu sein: "Business Class sind wir geflogen!" Diese Behauptung stellt sich später als Lüge heraus, weitere folgen. Im September 2012 gibt der Bischof eine eidesstattliche Erklärung ab und behauptet, die Nachfrage des "Spiegel"-Reporters habe es nie gegeben, dementsprechend auch keine Antwort. Kamera-Aufnahmen belegen das Gegenteil.

Erste Vorwürfe gegen Bischof Tebartz-van Elst (am 19.08.2012)

WDR 2 Stichtag 19.08.2017 03:56 Min. Verfügbar bis 17.08.2027 WDR 2


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31 Millionen statt 5,5 Millionen Euro

Tebartz-van Elst hat bald einen Beinamen: "Protzbischof von Limburg". Denn die Kosten für den Um- und Ausbau der bischöflichen Residenz und des sogenannten Diözesanen Zentrum explodieren. Ursprünglich wird das Bauvorhaben mit 5,5 Millionen Euro kalkuliert. Dann die erste Mitteilung im Juni 2013: Die Kosten sollen auf knapp zehn Millionen Euro steigen. Der Sanierungsbedarf, erklärt der Diözesanbaumeister, sei größer als erwartet.

Dieser Kostensprung erregt Unmut, rund 4.400 Katholiken unterschreiben einen offenen Brief an den Bischof: "Wir teilen die Auffassung (...), dass die Zukunft unseres Bistums in hohem Maße gefährdet ist!" Dann aber offenbart der Bischof, dass das Gesamtensemble 31 Millionen gekostet hat. Spekuliert wird über eine angebliche Luxusbadewanne, die Tebartz-van Elst habe einbauen lassen. Diskutiert wird auch über die Kücheneinrichtung, die mit 300.000 Euro auf der Rechnung stehen soll.

Kontrollgremien angelogen

Offenbar hat die Finanzkontrolle im Bistum versagt. Jochen Riebel, damals Mitglied im Vermögensverwaltungsrat, gehört zu jenen Verantwortlichen im Bistum, denen die Kostenexplosion frühzeitig hätte auffallen müssen. Man könne ihnen vorwerfen, "zu vertrauensselig" gewesen zu sein, räumt er ein. Aber die Kontrollgremien seien lange mit falschen Zahlen getäuscht worden: "Wir sind angelogen worden, angeschwindelt worden!"

Nach übereinstimmenden Quellen hat Tebartz-van Elst nicht nur selbst gelogen, sondern auch kirchliche Mitarbeiter dazu gedrängt, öffentlich zu lügen und falsche Zahlen zum Bauvorhaben zu nennen. Das geht auch auf strukturelle Fehler zurück: Die Kontrollgremien, die über die Finanzen hätten wachen müssen, sind - wie in vielen Diözesen - nicht unabhängig. Der Bischof ernennt die Mitglieder dieser Gremien selbst. Damit ernennt der zu Kontrollierende seine Kontrolleure.

Stiftung für arme Familien geplündert

Unter den Mitgliedern des Vermögensverwaltungsrates in Limburg gibt es damals ungewöhnliche Beziehungen. So ist etwa der Generalvikar Franz-Josef Kaspar Aufsichtsratsvorsitzender einer kirchlichen Gesellschaft. Ein anderes Mitglied, Theodor-Michael Lucas, ist Vorstandssprecher derselben Gesellschaft. Der eine ist außerhalb des Kontrollgremiums der Chef des anderen. Die beiden weiteren Mitglieder des Gremiums wiederum sind langjährige Bekannte des ehemaligen Generalvikars.

Manche bischöfliche Aktivitäten hat der Vermögensverwaltungsrat auch nicht merken können. Tebartz-van Elst schöpft damals aus verschiedenen Geldquellen, mit denen der Rat nichts zu tun hat. So kommen die ersten knapp sechs Millionen Euro für den Bau aus Kirchensteuermitteln. 6,8 Millionen Euro stammen aus dem Verkauf von Anteilen am Gemeinnützigen Siedlungswerk GSW, an dem Tebartz-van Elst über einen Sonderhaushalt des sogenannten Bischöflichen Stuhls beteiligt ist.

Mindestens 13 Millionen Euro gewährt die Commerzbank als Kredit. Zudem plündert der Bischof eine Stiftung, die eigentlich dem Zweck dient, armen katholischen Familien Wohnungen zu verschaffen.

20.000 Euro an das Hamburger Amtsgericht

Papst Franziskus schickt eine Art Sonderermittler nach Limburg. Tebartz-van Elst hat sich bereits vorher nach Rom abgesetzt. Die erste Lüge über die First-Class-Reise kostet den Bischof 20.000 Euro. Dafür stellt das Hamburger Amtsgericht das Verfahren gegen ihn wegen der Falschaussage zum "Spiegel"-Interview ein. Die nachfolgenden Lügen kosten ihn seinen Job in Limburg. Im März 2014 nimmt der Papst den Amtsverzicht des Bischofs an.

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