Teilnehmer der ersten Deutschen Islam-Konferenz sitzen am 27.08.2006 in der Orangerie des Schlosses Charlottenburg in Berlin am Konferenztisch

27. September 2006 - Deutsche Islam-Konferenz wird eröffnet

Stand: 27.09.2016, 00:00 Uhr

"Der Islam ist Teil Deutschlands und Teil Europas. Er ist Teil unserer Gegenwart und Teil unserer Zukunft." Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) eröffnet am 27. September 2006 in der Orangerie von Schloss Charlottenburg in Berlin die erste Deutsche Islamkonferenz (DIK). "Muslime sind in Deutschland willkommen. Sie sollen ihre Talente entfalten und sie sollen unser Land weiter voranbringen", sagt er einen Tag später im Bundestag. Die Abgeordnete Renate Künast (Grüne) kommentiert: "Ich glaube, dass wenn ein CDU-Bundesinnenminister am Redepult sagt, dass Muslime Teil unserer Gesellschaft sind, dann sind wir in der Gesellschaft einen Schritt weitergekommen."

Die Konferenz ist laut Innenministerium als "langfristiger Dialog zwischen dem deutschen Staat und den in Deutschland lebenden Muslimen" angelegt. Es gehe nicht um einen interreligiösen Austausch zwischen Islam und Christentum, sondern "um das Verhältnis eines weitgehend säkularen Staatswesen zu anderen Kulturen und Religionen". Insgesamt besteht die Konferenz aus 30 ständigen Teilnehmern: 15 Vertreter von Bund und Ländern, 15 Vertreter der Muslime. Auf muslimischer Seite sind fünf Dachverbände islamischer Gemeinden eingeladen: der Islamrat (IR), der Zentralrat der Muslime (ZMD), die Türkisch Islamische Union der Anstalt für Religion (Ditib), der Verband der islamischen Kulturzentren (VIKZ) und die alevitische Gemeinde. Da jedoch nur eine Minderheit der rund 4,3 Millionen Muslime in Deutschland in religiöse Organisationen eingebunden ist, nehmen auch zehn Einzelpersonen teil, die aus Wirtschaft, Gesellschaft, Wissenschaft und Kultur kommen.

Wirbel um Einzelpersonen

Der Streit über diese Einzelpersonen überschattet die erste Periode der Islamkonferenz von 2006 bis 2009. Er entzündet sich besonders an expliziten Islamkritikerinnen, der Rechtsanwältin Seyran Ateş und der Soziologin Necla Kelek. Sie wollen über "Ehrenmord" und Zwangsverheiratung diskutieren. Nicht nur die Verbände, auch der Schriftsteller Feridun Zaimoğlu - selbst eine der Einzelpersonen - ist verärgert: "Es wird im Lauf der Zeit langweilig für mich, wenn ich von Seiten dieser sogenannten Aufklärer immer und immer wieder höre, dass der Islam an allem schuld sei."

Doch auch Streit fördere den Dialog, so die Bilanz von Innenminister Schäuble: "Die Tatsache, dass der Islam ein Teil unseres Landes geworden ist - diese schlichte Aussage hat damals ziemlich viel Furore gemacht. Das zeigt, wie viel da zu überwinden ist, auf beiden Seiten." So klar drücken sich seine Nachfolger nicht aus. Schon Thomas de Maizière relativiert: "Wenn man sagt, ein Teil, dann heißt das aber auch, es ist nicht das Ganze. Wenn Sie jetzt fragen, wird der Islam auf die gleiche Stufe gestellt wie das christlich-jüdische Religionsverständnis, Kulturverständnis, was wir haben, dann ist meine Antwort auf absehbare Zeit: nein." Als Hans-Peter Friedrich (CSU) 2011 als neuer Innenminister die Islamkonferenz übernimmt, setzt er noch eins drauf: "Dass der Islam zu Deutschland gehört ist eine Tatsache, die sich auch aus der Historie nirgends belegen lässt."

Relativierende Innenminister

Innenminister Friedrich löst in seiner Amtszeit auch die bislang größte Krise in der Geschichte der Islamkonferenz aus. Sein Vorschlag eines Sicherheitspaktes mit muslimischen Verbänden provoziert heftige Reaktionen. "Die Sicherheitsmaßnahme fördert unseres Erachtens eine zweifelhafte und eine sehr bedenkliche Kultur des Denunziantentums unter den Muslimen", kritisiert die aus Bosnien stammende Muslima und DIK-Mitglied Armina Omerika. Minister Friedrich fühlt sich missverstanden. Offenbar überhört worden sei der Satz, "dass die Muslime, die in Deutschland leben, Teil dieser Gesellschaft sind." Omerika sagt dazu ironisch: "Gut - wir mögen ja Migrationshintergrund haben, aber so viel falsch verstehen können wir in so kurzer Zeit dann auch nicht."

Mit der zweiten Amtszeit von Thomas de Maizière glätten sich die Wogen in der Islamkonferenz ab 2013 wieder. Wohlfahrtspflege und Seelsorge stehen nun auf dem Programm. Zu den bisherigen Erfolgen der Konferenz gehören die Erarbeitung von Lösungen zur Einführung von Religionsunterricht und die Gründung von Lehrstühlen Islamischer Theologie an fünf deutschen Universitäten. Lehrer und Moscheepersonal können nun in Deutschland ausgebildet werden.

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"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 27. September 2016 ebenfalls an die Eröffnung der Deutschen Islam-Konferenz. Auch das "ZeitZeichen" gibt es als Podcast.

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