Hieronymus Bosch, Porträt von Cornelis Cort (um 1570)

9. August 1516 - Begräbnis des Malers Hieronymus Bosch

Stand: 09.08.2016, 00:00 Uhr

"Die Welt ist ein Heuhaufen, ein jeder pflückt davon, soviel er kann", besagt ein flämisches Sprichwort. Doch jeden, der "Geld wie Heu" scheffelt, macht die Raffgier zum Narren und schließlich zur erbärmlichen Kreatur – Kirchenmänner und Könige ebenso wie Gebildete und das gemeine Volk.

Kaum jemand hat dies so bildmächtig dargestellt wie Hieronymus Bosch, etwa in seinem um 1510 entstandenen Triptychon "Der Heuwagen". Niemand widersteht der Gier und der Lust, es wird betrogen, gestohlen und gemeuchelt – und am Ende der sündigen Lebensreise warten die Qualen der Hölle.

Nach 500 Jahren noch hochaktuell

Das Leben als Gratwanderung ist das Hauptthema des um 1450 im brabantischen 's-Hertogenbosch geborenen Renaissance-Malers. Ob in "Das Narrenschiff", "Die Sieben Todsünden" oder "Der Garten der Lüste" – immer konzentriert sich Bosch in seinen von Menschen, Dämonen und kryptischen Symbolen wimmelnden Gemälden auf das Schweben zwischen Gut und Böse. Und erscheint dabei dem heutigen Betrachter trotz der vergangenen 500 Jahre auf sonderbare Weise noch immer aktuell. Erst kürzlich verwies die "Süddeutsche Zeitung“ in einem Beitrag über die horrenden Boni für VW-Manager auf Boschs Bild "Der Tod eines Geizhalses": Selbst im Angesicht des Sensenmannes hat der Sterbende nur Augen für den Geldsack, den ihm ein Dämon übers Laken zuschiebt.

"Teufelsmaler" wird Hieronymus Bosch wegen seiner allgegenwärtigen Satane, Monster und Bestien genannt. Was ihn von anderen Künstlern seiner Ära unterscheidet, hat ein Zeitgenosse so beschrieben: "Die Anderen malen den Menschen, wie er von außen aussieht, während er den Mut hat, ihn so zu malen, wie er im Inneren ist." Viele der immer wiederkehrenden Symbole, mit denen Bosch seine Figuren charakterisiert, konnten von Kunsthistorikern entschlüsselt werden. Etwa die Eule, die anders als in der Antike nicht für Weisheit, sondern für Verblendung und Heimtücke steht; Kröten, die Hochmut oder Wollust anzeigen oder ein Trichter auf dem Kopf, der seinen Träger als Betrüger entlarvt. Andere Bildelemente werden noch unterschiedlich interpretiert.

Bosch als Satiriker der Renaissance

Hieronymus Bosch selbst hat nichts zur Deutung seiner apokalyptischen Szenen hinterlassen. Manche Interpreten beschreiben ihn als drogenkonsumierenden Psychopathen, Alchimisten und Mitglied einer Geheimsekte. Dafür aber, betont der Kunstgeschichtler Stefan Fischer, gebe es keine historischen Belege – im Gegenteil. Der mit einer Patriziertochter verheiratete Maler habe einen großen Hausstand und eine Werkstatt mit Gehilfen geführt. "Er war also mehr oder weniger eine öffentliche Person." Außerdem gehört Bosch als einer der größten Steuerzahler der Stadt der hoch angesehenen Liebfrauen-Bruderschaft an. "Eine Sektenmitgliedschaft", so der Bosch-Biograf, "war da unmöglich."

Fischer sieht den Maler des Grauens nicht als moralinsauren Frömmler, sondern als eigenständigen Geist, der sicher nicht von Teufelsvisionen geplagt wurde. "Es gibt etliche Motive, die seine Zeitgenossen zum Lachen gebracht haben. Auch wenn sie moralisch erscheinen, also voller Normen und Werte sind, so spielt Bosch doch oft mit Ironie und Parodie." Sein Humor sei nur lange nicht erkannt worden. "Zu Boschs Zeiten war man durchaus offen für neue Bildabsegnungen und hat sie vielleicht geradezu verlangt, zumindest im Hochadel und in den gebildeten Schichten." Wann Hieronymus Bosch, der seinen Zeitgenossen auf so drastische Weise den Spiegel vorgehalten hat, gestorben ist, weiß auch Fischer nicht. Nur sein Begräbnis in 's-Hertogenbosch am 9. August 1516 ist durch einen Sterberegister-Eintrag belegt. 

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