Beiersdorf-Labor 1914 in Hamburg , Porträtfoto Paul Carl Beiersdorf

28. März 1882 - Heftpflaster von Paul Carl Beiersdorf wird patentiert

Stand: 28.03.2017, 00:00 Uhr

In den Finger geschnitten oder das Knie aufgeschrammt? Wenn es nur ein bisschen blutet: Heftpflaster drauf und die Wunde ist gut versorgt. Pflaster stammt vom altgriechischen "émplastron" und bedeutet "Eingeschmiertes". Ursprünglich bezeichnet es nämlich keinen Wundschutz für kleine Blessuren, sondern heilende Umschläge aus Leinen oder anderen Stofffetzen.

Bestrichen mit Salben, Kräutern und Tinkturen werden sie seit Urzeiten gegen Ausschläge, Entzündungen oder Verbrennungen verwendet. Die Arzneien werden dabei aber meist nur mangelhaft konserviert. Zudem kommen Harze und Wachse als Klebemittel zum Einsatz, die sich oft auf die Dauer nicht gut mit der Haut vertragen. Der Apotheker Paul Carl Beiersdorf kann das herkömmliche Emplastron entscheidend verbessern und erfindet so das Heftpflaster.

Guttapercha macht Pflaster selbstklebend

Der aus Neuruppin stammende Pharmazeut ist 44 Jahre alt, als er 1880 in Hamburg eine Apotheke eröffnet. Mit dem Dermatologen Paul Gerson Unna tüftelt er eine Methode aus, die Salben wirkungsvoller und verträglicher auf die Haut bringt. "Das Neue ist, dass Beiersdorf auf eine Mulloberfläche eine flüssige Schicht Guttapercha, also eine Art Kautschukgummi, aufbringt", erklärt Thorsten Finke, Historiker und Archivchef des Hamburger Beiersdorf-Konzerns.

Durch das Guttapercha wird das Pflaster luftundurchlässig, was die Wirkung der Arzneistoffe wesentlich fördert. "Zusätzlich", so betont Finke, "hat Beiersdorf mit dem gelösten Kautschuk eine Masse gefunden, die das Pflaster selbstklebend macht. Das war bis dato auch nicht selbstverständlich." Am 28. März 1882 erhält der findige Apotheker ein Patent für seine Guttapercha-Pflastermulle. Der Tag der Patenterteilung gilt als Gründungsdatum der heutigen Beiersdorf AG.

Ruinierter Beiersdorf nimmt sich das Leben

Mit dem Aufstieg des Unternehmens zum Global Player hat Beiersdorf allerdings nichts mehr zu tun. Als sein 16-jähriger Sohn 1890 im Gymnasium sitzenbleibt und sich deshalb erschießt, verkauft der verzweifelte Apotheker das Geschäft für 60.000 Mark an den Unternehmer Oscar Troplowitz. Paul Carl Beiersdorf verliert danach sein Vermögen bei Bauspekulationen. Als ihm auch noch die Rückkehr in den Apothekerberuf verwehrt wird, nimmt er sich 1896 mit Gift das Leben.

Oscar Troplowitz übernimmt nicht nur den angesehenen Dermatologen Paul Gerson Anna, sondern auch den Firmennamen Beiersdorf. Doch anders als sein Vorgänger, der Reklame abgelehnt hatte, rührt der geschäftstüchtige Troplowitz kräftig die Werbetrommel. Sein Erfolgsrezept: Aus Medizinprodukten macht er Markenartikel, für die er eigene Namen erfindet. "Seine Vision hat die Firma dann über Jahrzehnte getragen", so der Beiersdorf-Historiker Finke.

Sensorgesteuerte Hightechpflaster in Arbeit

Als ersten Weltbestseller bringt Beiersdorf 1904 den Lippenpflegestift "Labello" heraus; 1911 kommt die "Nivea"-Creme auf den Markt. Drei Jahre später beschäftigt die Firma bereits Hunderte Mitarbeiter und ist auf allen Kontinenten mit Filialen vertreten. Nach dem Tod von Oscar Troplowitz 1918 folgen die Umsatzgaranten "Hansaplast" und 1936 schließlich der "Tesa"-Klebestreifen.

Für das 135 Jahre alte Heftpflaster wurden seither völlig neue Einsatzmöglichkeiten erschlossen. Mit modernen Klebefolien können Arzneiwirkstoffe inzwischen direkt in den Blutkreislauf gebracht werden, etwa zur Behandlung von Parkinson, Alzheimer oder Bluthochdruck. Das Hightech-Pflaster der Zukunft soll dank Mikrosensoren sogar Medikamente individuell dosieren können und Körperwerte wie etwa Herzfrequenz oder Blutzucker messen.

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