Bundesgesundheitsministerin Rita Süssmuth (CDU) und Bayerns Innenstaatssekretär Peter Gauweiler (CSU) im November 1987 in Tutzing bei einer Veranstaltung zu Aids

19. Mai 1987 - Bayern beschließt Zwangsmaßnahmen gegen HIV-Infizierte

Stand: 19.05.2017, 00:00 Uhr

Wie umgehen mit Aids? Als die Immunschwächekrankheit Anfang der 1980er Jahre bekannt wird, prallen unterschiedliche Meinungen über den Umgang mit HIV-Infizierten aufeinander. Während sich Bundesgesundheitsministerin Rita Süssmuth (CDU) gegen Pflichttest, Meldepflicht und Isolation ausspricht, sind aus Bayern ganz andere Töne zu hören - vor allem gegenüber Homosexuellen.

"Es geht darum, dass dies contra naturam ist - naturwidrig", sagt Bayerns Schulminister Hans Zehetmair (CSU) über die Schwulenszene. "Dieser Rand muss dünner gemacht werden, er muss ausgedünnt werden!"

Randgruppen im Visier

Es bleibt nicht bei Worten: Auf Betreiben Peter Gauweilers (CSU), Staatssekretär im bayerischen Innenministerium, beschließt Bayerns Regierung unter der Führung von Franz Josef Strauß am 19. Mai 1987 einen umstrittenen, bundesweit einmaligen Maßnahmenkatalog.

"Ab sofort werden in Bayern", verkündet Landesinnenminister August Lang (CSU), "Ansteckungsverdächtige zur Durchführung des HIV-Tests vorgeladen." Als ansteckungsverdächtig gelten Prostituierte, Junkies und Schwule. "Kommen die Betroffenen der Vorladung nicht nach, veranlasst die Gesundheitsbehörde die Aufenthaltsermittlung und Vorführung durch die Polizei."

Seehofer: Konzentration der Infizierten

Das ist nicht die einzige Zwangsmaßnahme. "HIV-positiven Ausländern wird keinen Aufenthaltserlaubnis erteilt", erläutert Bayerns Innenminister Lang. "Die Einstellungsunterlagen im Öffentlichen Dienst sollen auf Aids erweitert werden." Der CSU-Bundestagsabgeordnete Horst Seehofer wird damals im "Spiegel" mit dem Plan zitiert, Infizierte in "speziellen Heimen" zu "konzentrieren".

Die "hysterischen Maßnahmen", wie die Aids-Hilfe sie damals bezeichnete, bleiben 14 Jahre lang, von 1987 bis 2001, in Kraft.

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