Wahlkreuz

Die #wahlwatch-Faktenchecks zur NRW-Wahl

Stand: 05.05.2017, 11:10 Uhr

Hier finden Sie alle #wahlwatch-Videos geordnet nach Datum. Das aktuellste Video steht dabei immer an oberster Stelle. Unter dem Video finden Sie auch alle Quellen, auf die wir uns beziehen und durch die wir zu unserer Beurteilung kommen.

12.05.2017: Merkel: Macht NRW mehr Schulden als alle anderen Bundesländer zusammen?

CDU-Kanzlerin Angela Merkel wirft der NRW-Regierung vor, in diesem Jahr mehr Schulden zu machen als alle anderen Bundesländer zusammen. Das stimmt – zumindest wenn man die geplanten Schulden ansieht. Pro Kopf nehmen das Saarland und Bremen 2017 jedoch weit mehr Schulden auf als NRW.  

 

2016 plante NRW übrigens mit einer Neuverschuldung von 1,8 Milliarden Euro. Stattdessen machte das Land dann ein Plus von 217 Millionen Euro.

Und: Experten wie Achim Truger von der Hochschule für Wirtschaft und Recht in Berlin warnen zudem vor einem Sparkurs um jeden Preis: Das könne ein Land im Strukturwandel Wachstum und Arbeitsplätze kosten und dafür sorgen, dass NRW "tatsächlich in vielen Bereichen Schlusslicht bleibt oder wird".  

Quellen:

WDR Umfrage

12.05.2017: Erhöht sich Kita-Qualität durch das beitragsfreie Jahr?

Rot-Grün hat die Gebühr für das letzte Kita-Jahr abgeschafft. Dafür bekommen die Kommunen einen finanziellen Ausgleich vom Land. Der SPD-Fraktionschef Norbert Römer behauptet, die Kommunen könnten die Qualität in den Kitas dadurch verbessern, weil die Städte das fehlende Geld vom Land erstattet bekommen. Stimmt das? 

Der SPD-Fraktionschef beruft sich auf den Belastungsausgleich des Landes an die Kommunen. Dieser belaufe sich inzwischen auf rund 900 Millionen Euro. Allerdings ist den Städten vorher durch das kostenfreie Kita-Jahr Geld genommen worden. Laut Städte- und Gemeindebund haben Kommunen am Ende also keinen Euro mehr, den sie in Qualität investieren können. Die Stadt Essen sagt sogar, sie habe durch den pauschalen Ausgleich weniger Geld. 

Wie viel Plus oder Minus die Pauschale bedeutet, hängt aber auch davon ab, wie hoch die Elternbeiträge vorher waren. Kommunen mit eher finanzschwachen Familien könnten also vom Landeszuschuss profitieren. 

12.05.2017: 30 Prozent aller Staftaten mit Drogen-Bezug?

Piraten-Spitzenkandidat Michele Marsching sagt: "Ungefähr 30 Prozent aller Straftaten, die verfolgt werden, haben etwas mit dem Thema Drogenpolitik zu tun." Diese Aussage lässt sich nicht belegen. Von 1.469.426 erfassten Straftaten in NRW im vergangenen Jahr, sind 62.536 der "Rauschgiftkriminalität" zugeordnet. Das sind 4,26 Prozent aller Straftaten.  

Die Piraten beziehen in ihre Rechnung auch die "indirekte Beschaffungskriminalität" mit ein, also die Taten, bei denen Geld oder Wertgegenstände erbeutet werden, um damit Drogen zu kaufen. In der Polizeilichen Kriminalstatistik NRW 2016 ist "indirekte Beschaffungskriminalität" aber explizit nicht erfasst, da es sich um die schwer zu deutende Motivation eines Tatverdächtigen handelt.  

Die Piraten berufen sich auf eine BKA-Studie aus dem Jahr 1991, die sich mit der Beschaffungskriminalität beschäftigt hat. Eine Dunkelfeldbefragung kommt dort zu dem Ergebnis, dass 37 Prozent der Gesamtkriminalität im Diebstahlbereich von Drogenabhängigen begangen wurden. Diese 26 Jahre alte Quote im Bezug auf Diebstähle benutzt die Piratenpartei auch 2017 für ihre Schätzungen – und wendet sie auch auf den Bereich der Straßenkriminalität an.  

Der Autor der damaligen Studie, Arthur Kreuzer, stuft das Ergebnis von 1991 auf #wahlwatch-Anfrage hin als "veraltet" ein und vermutet, dass die heutige Quote niedriger ausfallen würde. Eine aktuellere Studie gibt es laut BKA nicht.  

Quellen:

 Mail Piraten Presse (09.05.2017)  

Telefonat mit BKA, LKA, Arthur Kreuzer (alle 10.05.2017)

11.05.2017: Weniger Kitas länger geöffnet?

Johannes Vogel, Generalsekretär der nordrhein-westfälischen FDP und Mitglied des Bundesvorstandes, sagt in einem Video, das die FDP auf ihrer Facebookseite gepostet hat (06.05.17): "Die Zahl der Kitas in NRW, die länger als 17 Uhr aufhaben, nimmt immer weiter ab unter der rot-grünen Landesregierung." Unser Faktencheck zeigt: Das ist größtenteils falsch. 

In einem Kommentar unter dem Post ergänzt die FDP: Im Kindergartenjahr 2015/16 habe sich die Zahl der Kitas in NRW, die länger als 17 Uhr geöffnet haben, im "Vergleich zum Vorjahr von 401 auf 352 verringert". 

 

Zwar hatten im Kita-Jahr 2015/2016 tatsächlich weniger Einrichtungen nach 17 Uhr geöffnet als 2014/2015. Doch nach allen vorliegenden Zahlen des NRW-Familienministeriums für die Regierungszeit von Rot-Grün ist der Anteil der Kitas, die länger als 17 Uhr geöffnet haben, insgesamt angestiegen - von 3 auf 3,8 Prozent. Für die Kita-Jahre 2010/11 und 2013/14 liegen dem Familienministerium keine Auswertungen vor.  

Quellen: 

11.05.2017: Merkel: Nutzt NRW nicht alle Baugelder?

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) behauptet im Radiointerview, NRW rufe nicht alle ihm zustehenden Bundesmittel für Autobahnen ab. Sie bezieht sich damit auf Aussagen der CDU NRW, die das schon länger kritisiert hat. Die Aussage stimmt für die Vergangenheit.

Eine Antwort auf eine Anfrage der Linken zeigt: Nach der Jahrtausendwende rief NRW jahrelang nur 60 Prozent der ihm zustehenden Mittel ab und 2013 blieben ganze 42 Millionen Euro liegen. Doch seit 2014 ruft NRW mehr Mittel ab als ihm zunächst zugewiesen wurden, das geht auch aus Statistiken des CSU-geführten Bundesverkehrsministeriums hervor.

2016 bekam NRW mit knapp 1,1 Milliarden Euro bspw. rund 24 Millionen Euro zusätzliche Bundesgelder. Auch für 2017 geht das Landesverkehrsministerium davon aus, dass die ihm zugewiesenen 1,2 Milliarden Euro komplett verbaut werden. Ob diese Einschätzung realistisch ist, wollten wir vom Bundesverkehrsministerium (CSU) wissen. Eine Antwort bekamen wir leider trotz mehrfacher Nachfrage nicht. Die Kanzlerin jedenfalls war mit ihrer Aussage nicht auf dem neusten Stand, sie war falsch. 

Quellen:

Mailantworten auf Anfragen bei Verkehrsministerium NRW und Bundesverkehrsministerium

11.05.2017: 200 Milliarden für Kinder, Bildung und Familie? 

Die SPD-Spitzenkandidatin Hannelore Kraft hat im Interview mit den Tagesthemen gesagt: "Wir haben 200 Milliarden investiert in Kinder, Bildung und Familie." Das ist aber zu großzügig gerechnet. Unser Faktencheck kommt zu dem Ergebnis: halb wahr. 

Zwar summieren sich die Etats der drei relevanten Ministerien (Schule, Wissenschaft, Familie) für den Zeitraum 2010 bis 2017 tatsächlich auf mehr als 200 Milliarden Euro. 

Dabei werden aber auch sogenannte Versorgungsleistungen miteinberechnet. Das sind vor allem Pensionszahlungen an Lehrer im Ruhestand oder an Hinterbliebene. Zieht man diese Zahlungen ab, verbleiben knapp 168 Milliarden Euro. 

Und die Summe der von Hannelore Kraft verantworteten Investitionen "in Kinder, Bildung und Familie" wird noch kleiner, weil das Jahr 2010 nur zur Hälfte Rot-Grün zuzurechnen ist. Denn die SPD-geführte Landesregierung trat damals erst im Sommer das Amt an.

10.05.2017: Will die Bundesregierung Bargeld abschaffen?

Der "Verein zur Erhaltung der Rechtsstaatlichkeit und bürgerlichen Freiheiten" plakatiert aktuell in NRW und ruft zur Wahl der AfD auf. Ein Plakatmotiv vermittelt die Botschaft, die Regierung Merkel wolle "Schluss mit Bargeld".

Der #wahlwatch-Faktencheck zeigt: Diese Aussage ist falsch. 

10.05.2017: Homo- und trans*phobe Gewalt - nicht ausreichend erfasst?

Özlem Demirel, Spitzenkandidatin der NRW-Linken, kritisiert die Queerpolitik in NRW. Sie sagt: "Bis jetzt werden […] Gewalttaten gegen Schwule und Lesben überhaupt nicht als solche erfasst." Das ist größtenteils wahr.

In der Polizeilichen Kriminalstatistik werden homo- und trans*feindlich motivierte Straftaten nicht explizit aufgeführt. Das Landeskriminalamt dokumentiert sie als eine Form politisch motivierter Gewalt. 

Das Problem ist nicht die statistische Erfassung - die erfolgt im Rahmen des Kriminalpolizeilichen Meldedienstes. Aber: Nur wenn das Opfer oder die Polizei eine Straftat klar als homo- oder trans*feindliche Gewalt identifiziert, kann die Tat statistisch auch als solche erfasst werden. Ohne diese klare Zuordnung taucht die Straftat nicht gesondert in der Statistik auf. Die Dunkelziffer ist entsprechend hoch. 

Die fünf vom Land geförderten psychosozialen Beratungsstellen für LSBTI* (Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transgender und Intersexuelle) zählen für 2015 insgesamt 2057 Beratungsfälle, 353 Nennungen im Bereich Gewalt/Diskriminierung beziehen sich dabei größtenteils auf homo- und trans*feindliche Gewalt.

09.05.2017: 100 Millionen Stunden Stau?

FDP-Chef Christian Lindner sagt: "Die Menschen in NRW haben im vergangenen Jahr 100 Millionen Stunden Lebenszeit nur auf die Rückleuchten des Vordermanns geschaut". Der #wahlwatch-Faktencheck zeigt: Christian Lindner geht in seiner Rechnung von der ADAC-Staustatistik für das Jahr 2016 aus. In seine Rechnung bezieht Lindner aber zusätzlich auch Schätzungen von nicht näher genannten Experten ein.  

 Wir haben deswegen unabhängige Stauforscher befragt. 

Prof. Dr. Michael Schreckenberg von der Uni Duisburg-Essen hält das Ergebnis der Lindner-Rechnung für realistisch. Er geht sogar davon aus, das bei einer noch exakteren Betrachtung der Stau-Situation die Zahl auf bis zu eine Milliarde Stunden verschwendeter Lebenszeit in NRW-Staus für das Jahr 2016 steigen könnte.  

Prof. Dr. Karl-Hans Hartwig vom Institut für Verkehrswissenschaft der Uni Münster hält die Rechnung von Christian Lindner für plausibel.  

Prof. Dr.-Ing. Felix Huber von der Uni Wuppertal schätzt die Anzahl der Staustunden in NRW als "gigantisch" ein. 

 Auf der Grundlage der Experten-Meinungen kommt der #wahlwatch-Check zu dem Schluss: Die Aussage von Christian Lindner ist wahr. 

 

Das NRW-Verkehrsministerium hält die Rechnung und das Ergebnis von Christian Lindner bezüglich der Lebenszeit in Staus für "nicht nachvollziehbar".

Weitere Quellen: E-Mail-Verkehr mit der FDP NRW, dem NRW-Verkehrsministerium und Straßen.NRW.

 

08.05.2017: Die Hälfte der Arten in NRW gefährdet?

"In #NRW ist knapp die Hälfte der heimischen Arten gefährdet", schreibt die Grünen-Landtagsfraktion NRW auf ihrer Facebookseite. Damit meinen sie Säugetiere, Vögel und Fische, aber auch Pflanzen, Pilze oder Insekten.

Das #wahlwatch-Team hat sie Aussage überprüft und in der aktuellen "Roten Liste" des Landesamts für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (2011) nachgeschaut.

45 Prozent der Arten in NRW sind gefährdet, bedroht oder gelten schon als ausgestorben. Dabei ist die Bestandsabnahme einiger Arten in den letzten Jahrzehnten dramatisch, belegen Zahlen der Bundesregierung auf eine Anfrage der Grünen im Bundestag. Die Zahlen der Kiebitze sind in den letzten 25 Jahren um 80 Prozent gesunken, der Bestand der Braunkehlchen um 63 Prozent.
 
Die Grünen-Landtagsfraktion in NRW schreibt, dass die Hälfte aller heimischen Arten gefährdet sind. Das ist richtig. Dazu zählen auch Arten wie Kiebitz, Feldhamster und viele Wespen.  

07.05.2017: Kaum Breitband in Gewerbegebieten?

Armin Laschet (CDU) sagte in der Wahlarena, 90 Prozent der Gewerbegebiete hätten kein schnelles Internet. Diese Aussage lässt sich nicht eindeutig belegen. Experten meinen, dass sie nicht mehr aktuell ist. 

 

Die Aussage ist nicht belegbar. Es gibt keine aktuellen Zahlen. Die jüngsten Zahlen sind aus dem Jahr 2015, doch seitdem habe sich viel getan, sagen Experten. Die Micus Strategieberatung GmbH geht davon aus, dass heute weit mehr als zehn Prozent der Gewerbegebiete am Glasfasernetz angeschlossen sind.

Der zweite Streitpunkt ist die Frage, was genau Breitband überhaupt bedeutet. Für das NRW Wirtschaftsministerium ist nur die Download-Geschwindigkeit relevant. Demnach hätten 53 Prozent aller Gewerbeflächen und mehr als die Hälfte der Unternehmen dort schnelles Internet. Die Firmen seien jedoch auch auf schnellen Upload-Raten angewiesen, mahnen Fachleute. 

06.05.2017: Zu wenig Geld für Landesstraßen? 

FDP-Chef Christian Lindner sagt: "Seit 2010 ist hier massiv gekürzt worden. Nahezu eine Halbierung, eine Halbierung hat es gegeben bei dem Geld für neue Landesstraßen."

Die offiziellen Zahlen des NRW-Ministeriums für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr zeigen: 2016 wurden 24,6 Millionen Euro für den Neubau von Landesstraßen ausgegeben, 2010 dagegen 52,3 Millionen.

Allerdings geht aus der Statistik auch hervor: Die Ausgaben für Landesstraßen sind gar nicht geringer als 2010. Der Fokus in den letzten Jahren liegt auf dem "Erhalt" von Landesstraßen und nicht auf dem "Neubau". 2016 wurden 134 Millionen Euro für den Erhalt des Landesstraßen ausgegeben, 2010 wurden 76,6 Millionen Euro investiert.  

Christian Lindner liegt richtig: NRW hat 2016 deutlich weniger Geld für den Neubau von Landesstraßen ausgegeben als 2010. Er verschweigt aber: Es ist auch viel mehr Geld in den Erhalt von Landesstraßen gesteckt worden.

05.05.2017: Löhrmanns Bilanz ihrer Bildungspolitik 

Grünen-Spitzenkandidatin Sylvia Löhrmann sagt in der WDR-Wahlarena, die Schüler-Lehrer-Relation habe sich verbessert und die Klassen seien kleiner geworden. Unser Check zeigt: Das stimmt.

Die Klassen sind tatsächlich in fast allen Schulformen kleiner geworden - nur die durchschnittliche Klassengrößen in den Grundschulen ist mit 23,2 Kinder nahezu unverändert. Auch hat sich die Schüler-Lehrer-Relation seit 2010 kontinuierlich verbessert.  

05.05.2017: Liegt NRW bei der Zahl der U3-Plätze auf dem letzten Platz? 

Im Wahl-Duell sagte Armin Laschet (CDU) über das Thema Kinderbetreuung "Wir sind 16. von 16, immer noch, bei den U3-Plätzen". Wir haben das gecheckt, die Aussage ist wahr. Nur jedes vierte nordrhein-westfälische Kind unter drei Jahren wird in einer Kita betreut.  

 

Laut Statistischem Bundesamt wurden am Stichtag 1. März 2016 in Nordrhein-Westfalen 122.800 Kinder unter drei Jahren in einer Kindertageseinrichtung oder in der Kindertagespflege betreut. Damit weist NRW eine Betreuungsquote von 25,7 Prozent auf - Schlusslicht im bundesweiten Vergleich. Spitzenreiter ist Brandenburg mit einer Quote von 57,2%. Der bundesweite Durchschnitt liegt bei 32,7% Die höchste Betreuungsquote in Westdeutschland weist Schleswig-Holstein mit 30,9% auf. 

05.05.2017: 7000 neue Lehrerstellen für NRW - stimmt das?

NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) sagte in der WDR-Wahlarena: Die Landesregierung habe 7000 neue Lehrerstellen geschaffen - und diese auch alle besetzt. Das ist halbwahr. 

Genau sind 7181 neue Lehrerstellen seit 2010 geschaffen worden. 6000 davon sollen abfedern, dass es mehr Schüler gibt als ursprünglich angenommen – vor allem durch Zuwanderung. Aber: Die meisten neuen Lehrerstellen sind bloß bis 2020 befristet. Das Schulministerium schreibt: Bleiben die Schülerzahlen hoch, bleiben auch die Lehrer.

Und: Im Februar 2017 waren 630 dieser Lehrerstellen noch unbesetzt. 

05.05.2017: Pretzell zur Einreise von Anis Amri

In der WDR-Wahlarena sagte Marcus Pretzell (AfD), Berlin-Attentäter Anis Amri sei im Zuge der "Merkelschen Grenzöffnung" eingereist. Pretzells Aussage ist falsch. 

04.05.2017 Schlusslicht NRW?

Die AfD NRW sieht NRW an der Spitze hinsichtlich Arbeitslosigkeit, Firmeninsolvenzen, Kinderarmut und Kriminalität. In absoluten Zahlen stimmt das, da NRW das Bundesland mit den meisten Einwohnern ist. Der #wahlwatch-Faktencheck zeigt, dass NRW unter Berücksichtigung der Einwohnerzahl lediglich im Bereich der Firmeninsolvenzen an der Spitze liegt. In den Bereichen Arbeitslosigkeit, Kinderarmut und Kriminalität haben andere Bundesländer prozentual betrachtet schlechtere Werte. 

04.05.2017 Piraten: ÖPNV-Konzepte ohne Berechnungsgrundlage

Die Piratenfraktion NRW sagt: "2Euro1NRW: eine fixe Wahlkampf-Idee der Grünen, für die es keinerlei Studien oder Berechnungen für NRW gibt". Es geht um ein grünes Konzept für den ÖPNV. Für 2 Euro am Tag soll jeder im ÖPNV komplett durch NRW fahren dürfen. Der #wahlwatch-Faktencheck zeigt: Die Piraten haben recht, denn die Grünen haben tatsächlich weder Studien noch Berechnungen für ihre Idee. Das geben die Grünen auf #wahlwatch-Anfrage selbst zu. Zu dem gleichen Schluss kommt auch die Enquete-Kommission des Landtages, die sich mit Finanzierungsoptionen des ÖPNVs beschäftigt hat. Allerdings: eine belastbare Berechnungsgrundlage für das ÖPNV-Modell der Piraten, das "Bürgerticket", hält die Enqute-Kommission auch für undurchführbar. 

Die Piraten sticheln gegen die Grünen: Wessen ÖPNV-Konzept fußt auf seriöser Berechnung? Der #wahlwatch-Faktencheck zeigt: Die Grünen haben keine Berechnungsgrundlage. Die Idee der Piraten ist aber rechnerisch auch nicht seriös prüfbar, findet eine Landtags-Kommission.

04.05.2017 Armin Laschet: 120 Schrottimmobilien allein in Duisburg 

In Duisburg gibt es 120 Schrottimmobilien und keiner hat etwas dagegen getan, sagt Armin Laschet. Unser Wahlcheck zeigt: Das stimmt nicht ganz.

Tatsächlich führte die Stadt Duisburg im Herbst 2016 eine Liste mit 120 Immobilien , die sie überprüfen wollte. Bei dieser Prüfung blieben 53 Häuser übrig, die aktuell als "Schrottimmobilien" gehandelt werden. Sie haben etwa starke Schimmelbildung, kaputte Fenster und Türen, sind teils ohne Strom und Wasser. Bis jetzt wurden 18 dieser 53 Schrottimmobilien zum Teil gesperrt oder ganz geschlossen, weil die Risiken für die Bewohner zu groß waren.  

04.05.2017 Armin Laschet zum Stau in NRW

Armin Laschet (CDU) wirft SPD-Verkehrsminister Michael Groschek vor, in seiner Amtszeit habe sich der Stau in NRW verdoppelt. Wir haben das gecheckt und die Aussage stimmt so nicht. 

Armin Laschet nutzt die Zahlen der ADAC Staubilanz aus den Jahren 2012 bis 2016. Aus diesen ergibt sich zwar eine starke Steigerung der Staukilometer um mehr als 100 Prozent. Allerdings gibt der ADAC auf Nachfrage selbst zu bedenken, dass man seine Staubilanzen aus verschiedenen Jahren nicht vergleichen könne. Denn die Messung sei über die Jahre hinweg ausgeweitet und verbessert worden. Das führe dazu, dass auch mehr Stau registriert wird. Der ADAC geht davon aus, dass 50 Prozent der Steigerung auf diese verbesserte Messungen zurückgehen. Das herausgerechnet, käme man auf eine Steigerung der Staukilometer zwischen 2012 und 2016 um 70 Prozent.

03.05.2017: Hannelore Kraft und das NRW-Wirtschaftswachstum

Eine gute Entwicklung beim Wirtschaftswachstum sieht Hannnelore Kraft beim TV-Duell im WDR-Fernsehen - ihre Zahlen stimmen. Die CDU dagegen kritisiert: wenig Wachstum. Gleiche Zahlen, andere Perspektive.

Die SPD schaut auf den Kurvenverlauf des Bruttoinlandsprodukts. In 2016 landet der Wert bei 1,8%, damit liegt NRW nur knapp hinter dem Bundesdurchschnitt. Die CDU dagegen zählt die Jahres-Werte des Bruttoinlandsprodukts seit dem SPD-Regierungsantritt 2010 zusammen und kommt bei NRW auf 10%, im Bund auf 14% Wachstum. Der NRW-Wert ist demnach 28% geringer als der des Bundes.

03.05.2017: Wahlrecht für Nicht-EU-Bürger

Das führt zu "Erdogan-Gruppen in jedem Stadtrat", sagte Armin Laschet gestern über einen Entwurf im Wahlprogramm der NRW-SPD. Auch Nicht-EU-Bürger sollen bei Kommunalwahlen abstimmen dürfen. Unser Faktencheck zeigt: Das ist halbwahr.

02.05.2017: SPD-Vorzeigeprojekt "Kein Kind zurücklassen"

Die NRW-SPD lobt ihr eigenes Vorzeigeprojekt, das Präventionsnetzwerk "Kein Kind zurücklassen". In einem Tweet heißt es: "Prävention durch ‚Kein Kind zurücklassen‘ wirkt" Der #wahlwatch-Faktencheck zeigt: Das lässt sich nicht belegen.

Zwar gibt es in einigen Projektkommunen erste Hinweise, dass es den Kindern besser geht. So können Grundschüler in Hamm besser sprechen und lesen (Hamm), in Düsseldorf gibt es weniger übergewichtige Kinder, in Arnsberg schaffen Kinder leichter den Sprung aufs Gymnasium (Arnsberg) und in Dormagen werden weniger Kinder vom Jugendamt in Obhut genommen (Dormagen). Einen flächendeckenden Beleg für die Wirksamkeit gibt es aber (noch) nicht. 

Auch die von Hannelore Kraft versprochene "Präventionsrendite" lässt sich nicht nachweisen. Die am Projekt beteiligte Bertelsmann-Stiftung fand bislang keine Belege dafür, dass der Staat Sozialausgaben spart. Weil Prävention langfristig wirke, könne man das erst in 20 Jahren wissen. 

02.05.2017: Fördert NRW Krankenhäuser weniger als andere Länder?

FDP-Chef Christian Lindner sagt: "NRW liegt bei den Fördermitteln je Krankenhausbett mit rund 4.600 Euro deutlich hinter allen anderen westdeutschen Bundesländern." Der #wahlwatch-Faktencheck zeigt: Er hat Recht.

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft hat die Fördersummen der Bundesländer genau berechnet und auch das Bundesgesundheitsministerium verweist auf diese Statistik: Nordrhein-Westfalen hat im Jahr 2015 durchschnittlich 4.627,42 Euro je Krankenhausbett investiert. Das ist weniger als in allen anderen westdeutschen Bundesländern. Bundesweit fördern nur Thüringen und Sachsen-Anhalt weniger.  
 

30.04.2017: Hilft Schleierfahndung gegen Einbrüche? 

Kann man mit Schleierfahndung Einbrüche verhindern? Die CDU sagt ja. Unsere Recherchen zeigen: So einfach ist das nicht.

Die Aussage der CDU lässt sich nicht belegen.  Expertin Gina Rosa Wollinger vom Kriminologischen  Forschungsinstitut Niedersachsen dazu: "Die Aufklärungsquote wird dadurch vermutlich nicht signifikant steigen, das ist auch in anderen Ländern mit Schleierfahndung nicht der Fall.“  

Ein Blick in die Polizeilichen Kriminalstatistiken zeichnet ein ähnliches Bild. In sechs von zwölf Ländern, die Schleierfahndung nutzen, gab es nach der Einführung weniger Einbrüche. In Schleswig-Holstein und Sachsen nahm die Zahl der Einbrüche zu und die Aufklärungsquote sank. 

Auf Nachfrage bei verschiedenen Landeskriminalämtern erklärte uns das LKA Sachsen: „Daher ergeben sich auch keine positiven Rückschlüsse zur Schleierfahndung.“ Dennoch halten die meisten LKA nach einer Umfrage der Aktuellen Stunde die Schleierfahndung für ein grundsätzlich sinnvolles Instrument.     

29.04.2017: Wirkungslose Jod-Tabletten beim atomaren Ernstfall?

Hat die Landesregierung Jod-Tabletten zum Strahlenschutz bei Atomakatastrophen gekauft, ohne vorher die Haltbarkeit und Wirkung zu überprüfen? Das schreibt die CDU-Fraktion NRW in einer Pressemitteilung. Doch das stimmt nicht. 

Weder hat die Landesregierung Geld ausgegeben, noch haben die Tabletten an Wirkung verloren. Die Besorgung von Jod-Tabletten ist Aufgabe des Bundes. Das Land NRW hat 2013 rund zehn Millionen Jod-Tabletten aus Bundesbeständen übernommen.

Auf Anfrage erfahren wir vom Innenministerium NRW, dass die Jod-Tabletten vorher vom Kerntechnischen Hilfsdienst auf ihre Stabilität überprüft wurden. Die Tabletten befanden sich in einem einwandfreiem Zustand. Die 10-Jahres-Garantie des Herstellers für den Wirkstoff lief 2014 aus, die Tabletten sind heute teils bröselig.

Auf Nachfrage erklärt uns ein Mediziner, dass Jod-Tabletten auch nach zehn Jahren noch wirken. Zerbröselte Tabletten können auch mit Hilfe eines Löffels problemlos eingenommen werden. Die alten Tabletten wären also uneingeschränkt nutzbar. Dennoch hat das Innenministerium NRW zehn Millionen neue zu beschaffen, bis Sommer 2017. 

29.04.2017: Ministerpräsidentin Kraft lobt den Straßenausbau – zu spät

Hannelore Kraft sagt, "endlich" bekomme der Westen Fördergelder für den Straßenbau. Stimmt das? 

Derzeit bekommt NRW überproportional viele Fördergelder für den Neu- und Ausbau von Autobahnen. Allerdings wurden Fördergelder jahrelang nur zu rund 60 Prozent abgerufen.

28.04.2017: Die Grünen auf Haustürwahlkampf – aber leider mit gestellten Fotos

Grünen-Spitzenkandidatin Sylvia Löhrmann twittert: "Gestern Abend in #Bocholt beim Haustürwahlkampf-gute Resonanz."

Dazu zeigt sie ein scheinbar passendes Foto aus dem Bocholter Haustürwahlkampf. Allerdings ist das Foto nicht spontan entstanden, sondern inszeniert.

Denn das Foto zeigt die NRW-Grünen-Chefin mit dem Bruder der lokalen Grünen-Direktkandidatin. Ein Journalist, der bei dem Foto dabei war, berichtet: Der Besuch und das Foto wurde vorher genau abgesprochen. Vor Ort war das allen klar, auf Twitter suggeriert das Bild aber einen spontanen Wahlkampf-Schnappschuss.

Dazu gibt es auch einen Artikel im Bocholter-Borkener Volksblatt hinter einer Paywall:

28.04.2017: Linke kritisiert Vermögensverteilung in NRW 

Die Ungleichverteilung von Vermögen ist ein Dauerthema im Wahlkampf zur NRW-Landtagswahl der Linken. Özlem Demirel, die Spitzenkandidatin, kritisiert in verschiedenen Interviews (zuletzt mit Lokalkompass) immer wieder:  

"124 der 500 reichsten Deutschen leben in NRW. Die haben ein Gesamtvermögen, das ist dreimal so hoch wie der Landeshaushalt." Das stimmt größtenteils. 

Das Manager Magazin listet jährlich die 500 reichsten Deutschen auf und schätzt ihr Vermögen nach „Recherchen in Archiven und Registern sowie bei Vermögensverwaltern, Anwälten, Bankmanagern und Vertretern der Rangliste selbst.“ Die Vermögen werden dabei konservativ bewertet.  

Die "Reichenliste 2016" ist vom Manager Magazin nicht online veröffentlicht worden, der Artikel erschien in der Spezialausgabe 2016. 

Die Aussage zum nachlesen:

So hat die Linke gerechnet:

27.04.2017: SPD zu Neueinstellungen bei der Polizei

Die SPD behauptet, das Land NRW stelle rund 1.000 Polizeianwärter mehr ein als unter CDU und FDP. Stimmt das? 

Aktualisierung 05.05.2017, 19:30 Uhr: Nach einer Statistik der Gewerkschaft der Polizei wurden unter der schwarz-gelben Landesregierung bis 2011 jährlich 1.100 neue Polizeianwärter eingestellt. Derzeit liege die Zahl bei 1.920 pro Jahr, sagt die Gewerkschaft. Das hatte das NRW-Innenministerium auf Anfrage von #wahlwatch zunächst auch bestätigt. Seit Anfang 2017, so stellte eine Sprecherin nun klar, stelle das Land jährlich 2.000 junge Polizistinnen und Polizisten ein. Die Aussage der SPD ist damit sogar komplett wahr.

26.04.2017: Verlorene Notrufe

Die CDU NRW kritisiert, dass in NRW jährlich zehntausende Notrufe bei der Polizei ins Leere laufen. Unser Faktencheck zeigt: Die CDU hat Recht. 

25.04.2017: Straffälliger Asylbewerber auf freiem Fuß - Wer ist schuld?

Ein straffälliger Asylbewerber wird in Leverkusen aufgegriffen und dann wieder freigelassen. Die CDU sagt, das habe Innenminister Jäger zu verantworten. Aber das ist falsch. 

  

Gegen den Mann lag kein Haftantrag vor. Der hätte aus Gotha kommen müssen, denn dort war er gemeldet. In NRW gab es zu diesem Zeitpunkt zwar tatsächlich keinen freien Platz in der einzigen Abschiebehaftanstalt Büren, doch in der Abschiebehaft Pforzheim wäre noch Platz frei gewesen. Die thüringischen Behörden konnten den Transport dorthin jedoch nicht organisieren, wie uns das Landratsamt Gotha auf Anfrage schriftlich und telefonisch bestätigte. 

24.04.2017: Ist NRW Deutschlands Armutsregion Nr. 1?

Özlem Demirel, Spitzenkandidatin der Linken für die NRW-Landtagswahl, sagt im WDR-Kandidatencheck:  

"Gerade Nordrhein-Westfalen ist Armutsregion Nr. 1 - das Ruhrgebiet, Sie wissen es." Stimmt das? 

Im aktuellen Bericht zur Armutsentwicklung in Deutschland 2017 des Paritätischen Gesamtverbands liegt die Armutsquote in Nordrhein-Westfalen bei 17,5 Prozent. Damit steht NRW im Vergleich der Flächenländer allerdings an fünfter Stelle.

Das Ruhrgebiet ist eine armutspolitische Problemregion in Deutschland. Dennoch gibt es in Ostdeutschland Regionen, die stärker von Armut betroffen sind.  

23.04.2017: Die FDP hat nur 4 Frauen unter den ersten 30 Listenplätzen 

Die Grünen NRW haben getwittert:  

„Auf den ersten 30 Listenplätzen hat die @fdp_nrw nur 13,33% Frauen. Da hat selbst das Parlament in Saudi-Arabien eine höhere Frauenquote!“ Stimmt das? 

Unter den ersten 30 Listenplätzen der NRW-FDP befinden sich tatsächlich nur 4 Frauen: Auf Listenplatz 3, Platz 9, Platz 14 und Platz 25. Das macht 13,33%.  

Das Pendant zu unserem Parlament ist in Saudi-Arabien die "Beratende Versammlung" - der sogenannte Shura-Rat. In ihm müssen 20% Frauen sitzen. Das ist gesetzlich so vorgeschrieben. 

21.04.2017: SPD zu Existenzgründungen

Die SPD Fraktion im Landtag behauptet, sie habe NRW zum attraktivsten Ort für Existenzgründer entwickelt. Stimmt das?

Die SPD beruft sich dabei unter anderem auf das jährliche Wachstum von Existenzgründungen. Dabei ist NRW Spitze. Kaum verwunderlich als bevölkerungsreichstes Bundesland. Aber:  Genauer ist die Zahl der Gründungen pro 10.000 Einwohner. Und da steht NRW seit Jahren auf Platz vier, hinter Berlin, Hamburg und Hessen. (Quelle: Institut für Mittelstandsforschung)

20. April 2017: CDU-Aussage zur Einbruchsstatistik

In einer Pressemitteilung teilt Armin Laschet mit, dass es in NRW jeden Tag 144 Einbrüche gäbe. „Bei der Inneren Sicherheit in Nordrhein-Westfalen brennt der Baum. […] 144 Einbrüche pro Tag […].“

Die Zahl ist korrekt. Eine Überprüfung der Polizeilichen Kriminalstatistik von 2016 bestätigt die Aussage.

19. April 2017: FDP-Aussage zu eigenen Wahlplakaten ist irreführend

 Johannes Vogel, Generalsekretär der NRW-FDP, sagte in einem Facebook-Video über die Wahlplakate seiner Partei:
"Keine gestellten Szenarien, keine künstlichen Shootings - sondern echt!" Stimmt das?


 

Auf einem der Wahlplakate geht es um dreckige Schulen. Das dazugehörige Foto zeigt eine beschmierte Wand.
Aber: Die Wand gehört nicht zu einer Schule. Tatsächlich befindet sich diese Wand an der Düsseldorfer Rheinpromenade; dort gibt es keine Schule. (Quelle: Recherche vor Ort / Google Maps)