Nordrhein-westfälische Innenminister Ralf Jäger (SPD), Innenausschuss

Aufklärung der Kölner Silvesternacht

Brisante Aussage von Jägers Abteilungsleiter

Stand: 21.01.2016, 16:53 Uhr

  • Aussagen des Abteilungsleiters im Innenausschuss irritieren
  • Schon am 1. Januar habe er das Gefühl gehabt, die Vorgänge seien "politisch bemerkenswert"
  • Opposition bewertet das als "brisante Aussage"

Von Rainer Kellers

"Dieses Ministerium hat nichts zu verbergen", sagt Ralf Jäger zu Beginn des Innenausschusses am Donnerstag (21.01.2016) im Landtag. Wenig später spricht jedoch Ministerialdirigent Wolfgang Düren, zuständig für Polizeiangelegenheiten im Ministerium. Und plötzlich sind wieder alle Zweifel da. Düren berichtet über die Kommunikation am Neujahrstag. Bekanntlich hat das Ministerium am 1. Januar drei WE-Meldung aus Köln erhalten - WE steht für Wichtiges Ereignis. Interessant ist die zweite Meldung von 14:36 Uhr. Darin ist die Rede von elf Übergriffen "zum Nachteil junger Frauen" begangen durch eine Männergruppe von 40 bis 50 Personen. Die Männer werden als Nordafrikaner beschrieben. Sie sollen die Frauen begrapscht, beklaut und in einem Fall mit einem Finger vergewaltigt haben.

"Nichts, wofür ich den Minister aus dem Bett holen würde"

Diese Meldung ist auch an Innenminister Jäger gegangen. Er selbst sagt, die ganze Dimension der Vorgänge habe er daraus nicht ersehen können. Im Innenausschuss bekräftigt Jäger das noch einmal. Und auch der Inspekteur der NRW-Polizei, Bernd Heinen, sagt, elf Anzeigen wegen sexueller Belästigungen seien "keine Bagatelle". "Es ist aber nichts, wofür ich den Innenminister aus dem Bett holen würde." Bei Ministerialdirigent Düren jedoch klingt das anders.

Eine Meldung mit "Verhetzungspotenzial"

Nordrhein-westfälische Innenminister Ralf Jäger (SPD), Innenausschuss

Ralf Jäger auf dem Weg in den Innenausschuss

Als er die WE-Meldung am 1. Januar gesehen habe, sagt er, habe er gleich gedacht: Das ist "politisch bemerkenswert". Es habe ihn "nachdenklich gemacht", dass in der Meldung von Straftaten von Nordafrikanern die Rede gewesen sei. Das könne ein Thema werden, das es bis in den Innenausschuss schafft, will er noch gedacht haben. Womit Düren Recht behalten sollte. Aber warum hat er dann nicht schon am 1. Januar etwas unternommen, zum Beispiel mit dem Minister gesprochen? Düren sagt, zu diesem Zeitpunkt sei es nicht absehbar gewesen, dass man es auch mit einem fehlgeleiteten Polizeieinsatz zu tun habe. Später ergänzt er noch, er habe schon am 1. Januar erkannt, dass die Meldung in der Presse thematisiert werden könnte. Sie habe "Verhetzungspotenzial".

Was bedeutet das? Hat der Ministerialdirigent das Thema aus Sorge, es könne politisch ausgeschlachtet werden, nicht weiter verfolgt? Jäger versucht noch im Ausschuss und später vor den Kameras, seinen Abteilungsleiter in Schutz zu nehmen. Die Brisanz der Taten sei auch für Düren nicht erkenntlich gewesen, wiederholt der Minister mehrmals. Der Grüne Matthi Bolte sagt, bei so sensiblen Themen sei es verständlich, zuerst eine seriöse Einschätzung der Lage abzuwarten, bevor man großangelegte Öffentlichkeitsarbeit betreibe. Die Opposition jedoch hat schon längst ihr Urteil über Düren gefällt.

"Es wäre Ihre verdammte Pflicht gewesen"

"Das ist eine brisante Aussage", meint Marc Lürbke von der FDP. Düren habe viel zu spät "die Maschinerie angeworfen". Der CDU-Abgeordnete Gregor Golland sagt, es wäre Dürens "verdammte Pflicht gewesen, das dem Minister zu melden". Stattdessen reagierte Jägers oberster Polizist offenbar nicht, bis sich am Wochenende nach Silvester die Medien-Berichte über das wahre Ausmaß der Vorgänge häuften. Erst am 4. Januar tauchte die Kölner Silvesternacht im Lagebild des Landesamtes für Zentrale Polizeiliche Dienste (LZPD) auf. Am selben Tag äußerte sich erstmals der Innenminister persönlich. Klar ist: Die Opposition hat nun allen Grund, weiter bohrende Fragen zu stellen. Und Abteilungsleiter Düren ist dabei in den Mittelpunkt gerückt.

Weitere Themen