Auf dem Bild ist ein älterer Herr zu erkennen, der an einer Landstraße steht und direkt in die Kamera guckt. Neben ihm steht ein "Fußgänger verboten" Schild.

Warum Bürgermeister Jörg Schmidt seinen Gehweg nicht benutzen darf

Bonn | Unterwegs

Stand: 21.03.2024, 09:26 Uhr

Er wollte einen beliebten Spazierweg sicherer machen, seitdem hat der Bürgermeister von Wachtberg Ärger mit seiner unbürokratischen Idee. Jetzt soll eine Lösung her, die mehr als 800 Mal so viel kostet.

Von Sebastian Tittelbach

Es ist laut, dort wo Jörg Schmidt gerade steht. Keine drei Meter neben ihm rasen Autos vorbei. Trotz des Lärms ist ein Satz von ihm gut zu verstehen: "Hier ist also unser Schild". Gemeinde Wachtberg, Landesstraße 123, zwischen den Ortschaften Adendorf und Arzdorf, gerade Strecke, Tempo 100. Das ist nichts für Radfahrer und Fußgänger, dachte sich der 60-jährige Bürgermeister (CDU). Es war der Anfang seines Problems.

Schotterweg für 300 Euro ist "Gefahrenstelle"

Die Feldwege links und rechts der Landstraße 123 sind beliebt bei Spaziergängern und Ausflüglern. Aber wer an dieser Stelle die Straße überqueren will, muss erstmal gut 50 Meter neben den Autos auf dem Asphalt entlang gehen. Schmidt ließ vom Bauhof der Gemeinde einen Schotterweg neben der Straße aufschütten. Unbürokratisch. Für gut 300 Euro. Das war vergangenen Mai. Vier Wochen später landete eine Mail des Landesbetrieb Straßen NRW im Rathaus. Bei einer Kontrollfahrt sei der neue Gehweg aufgefallen - und müsse gesperrt werden. Aber warum überhaupt?

Warum musste der Gehweg wieder dicht gemacht werden?

00:44 Min. Verfügbar bis 21.03.2026

Tempo 100 für Autos - Absperrung und Verbotsschilder für Fußgänger

Seitdem ist die Gefahrenstelle gut gesichert. An beiden Enden des unbürokratischen Gehwegs stehen rot-weiße Warnbarken und das Verkehrsschild VZ 259 "Verbot für Fußgänger": "Bei Wind fallen die Schilder manchmal um, dann richtet der Landesbetrieb sie wieder auf oder wir machen es für die", sagt Schmidt.

Der Landesbetrieb bestätigt, dass der Weg nicht den Richtlinien entspreche. Deswegen sei er für Fußgänger nicht sicher, so Pressesprecher Torsten Gaber. Ob es denn sicherer wäre, wenn die Fußgänger auf der Landstraße entlang gehen müssten, könne er nicht einschätzen, aber "es wäre nicht unsere Schuld, wenn dort jemand zu Schaden käme."

Bürgermeister Schmidt hält sich an das Verbot, auch wenn er den Eindruck hat, "unbürokratisch geht in Deutschland nicht". Andere Fußgänger nehmen die Verbotsschilder weniger ernst.

Wie reagieren Anwohner auf die Sperrung?

00:08 Min. Verfügbar bis 21.03.2026

Neue Markierungen und Warnschilder reichen nicht

Seit neun Monaten ist der Weg nun gesperrt. Seit Februar kommt Bewegung in den Fall. Bei einem Ortstermin haben der Landesbetrieb, die Gemeinde, die Straßenverkehrsbehörde und die Kreispolizei eine Lösung gefunden. Der provisorische Weg wird verlängert, Warnschilder werden aufgestellt und auf der Straße Markierungen angebracht, zählt Landesbetrieb-Sprecher Torsten Gaber auf. "Damit Fußgänger und Radfahrer schnell und auf kürzestem Wege die Straße queren können." Doch das geht nur vorübergehend.

Man sieht einen Mann mit kariertem Hemd, der über einem Schreibtisch lehnt und in die Kamera lächelt.

Landesbetrieb-Sprecher Torsten Gaber und sein Team arbeiten an Lösungen

Lösung ist mehr als 800 Mal teurer

Die Gemeinde von Bürgermeister Schmidt hat sich verpflichtet größer zu planen. Sie will Grundstücke neben der Fahrbahn kaufen, damit die Straße verbreitert werden kann. Wachtbergs Erster Beigeordneter Swen Christian stellt den Plan im Detail vor.

Beigeordneter Swen Christian beschreibt eine mögliche Lösung

00:27 Min. Verfügbar bis 21.03.2026

Das kostet allerdings deutlich mehr als der 300-Euro-Schotterweg. "Da müssen wir nach jetzigem Stand mit erheblichen Kosten im sechsstelligen Bereich rechnen", sagt Christian. Erste Schätzungen gehen von einer Viertelmillion aus. Das Geld kommt vom Landesbetrieb.

Jörg Schmidt will nur noch, dass die "unsägliche Situation" aufhört. Oft genug werde er auf den gesperrten Weg an der Landesstraße angesprochen. Etwas Geduld braucht er noch. Ein erster Entwurf der neuen Querung ist gerade gezeichnet, gebaut wird sie in einem Jahr - wenn es gut läuft.

Über dieses Thema haben wir am 21.02.2023 auch im WDR Fernsehen berichtet: Lokalzeit aus Bonn, 19:30 Uhr