Dick eingepackt und mit Regenjacke ausgestattet stapft Walter Heeb durch ein Tor in einen Innenhof in der Düsseldorfer Altstadt. Die heutigen Gäste seines Stadtspazierganges folgen ihm und schauen sich um. Doch so schön der Innenhof des ehemaligen Jesuitengymnasiums auch ist, Heeb hat etwas anderes ins Auge gefasst. "Wenn ihr nach oben schaut und euch den Turm der Andreaskirche anschaut, dann seht ihr da drei Knubbel rausgucken. Das sind noch Kugeln aus der Zeit der preußischen Belagerung. Die stecken da seitdem fest", erzählt Heeb. Seine Gäste staunen: "Echt? Noch von damals? Wie cool." Auch wenn der Regen ihnen ins Gesicht fegt, können sie den Blick noch nicht von den Kanonenkugeln im Kirchturm lösen.
Greeter in Düsseldorf: Komm als Gast, geh als Freund
Heeb ist einer von 15 "Greetern" in Düsseldorf. Zusammen mit seinem ehemaligen Arbeitskollegen Thomas Marquardt hat er überlegt, was sie nach der Rente mit ihrer freien Zeit anfangen könnten. Da beide selber gern reisen und gleichzeitig für ihre Wahlheimat Düsseldorf brennen, haben sie 2019 die "Greeter" in Düsseldorf gegründet.
Seitdem können Besucher bei den Greetern anfragen und einen Stadtspaziergang vereinbaren. "Greeter" heißt auf Deutsch "Begrüßer". Die ersten Spaziergänge dieser Art fanden Anfang der 90er-Jahre in New York statt. Seitdem sind auf der ganzen Welt Ortsgruppen hinzugekommen. In NRW gibt es neben Düsseldorf auch in Bonn, Wuppertal und Bottrop Greeter. Zwei bis drei Stunden dauert ein Rundgang - und ist komplett kostenlos.
Wer sind die Greeter?
Die ersten Greeter gab es 1992 in New York, um den Ruf der Stadt aufzubessern und Gästen die schönen, aber manchmal auch versteckten Ecken der Stadt zu zeigen. Nach und nach hat sich das Konzept der ehrenamtlichen Stadt-Botschafter in der ganzen Welt ausgebreitet und sich daraus die International Greeter Association gegründet. Mittlerweile gibt es weltweit etwa 130 Städte, in denen Ehrenamtliche Greets anbieten. Sie alle sind keine professionellen Stadtführer, sondern bieten individuelle Stadtspaziergänge an. In Deutschland gibt es in 20 Städten Greeter.
Nach einer Stunde im Regen kehrt die kleine Gruppe in einem Café ein. Aufwärmen und Kleidung trocknen, etwas trinken und Gebäck essen. Die Routen und möglichen Kaffeepausen überlegen sich die Greeter im Vorhinein nur grob. Je nach Lust und Laune ändert, ergänzt oder kürzt Greeter Heeb seine Spaziergänge. "Wir machen das ja in unserer Freizeit, da will ich auch Spaß dabei haben", sagt Heeb und ergänzt: "Jahreszahlen gibt es bei meinen Touren immer nur ganz wenig, das können andere besser".
Das Angebot an speziellen Stadtführungen, Free-Walking-Touren oder Rundfahrten in Düsseldorf ist groß. 5,4 Millionen Übernachtungen gab es in Düsseldorf im Jahr 2023. Der Ansatz der Greeter ist aber anders. Es geht ihnen nicht um die großen Attraktionen. Sie wollen ihre Liebe zur Stadt vermitteln.
Jedes Mal etwas Neues erleben
Jeder Greeter gestaltet seine Spaziergänge nach eigenem Interesse, keine Tour ist wie die andere. Heeb baut gerne seine Lieblingsplätze ein, aber auch kleine, unscheinbare Orte, wie den Rosengarten in der Düsseldorfer Altstadt oder ein Antiquitätengeschäft.
Nach zwei Stunden haben die Gäste immer noch nicht genug von Heebs Erzählungen. Ein Ehepaar aus Krefeld kommt ab und zu zum Einkaufen oder Essen gehen nach Düsseldorf. Jetzt wollten sie ihre "Shoppingstadt" von einer anderen Seite erleben. "Der Regen macht uns nichts aus. Es ist schön, Düsseldorf aus einem anderen Blickwinkel zu sehen", sagt Stefan Eschler. Seiner Frau haben einige Tipps so gut gefallen, dass sie sich vorgenommen hat, bei besserem Wetter noch einmal zurückzukommen.
Für Heeb nicht nur Bestätigung seiner Arbeit, sondern auch motivierend, anderen trotz Regenwetters "seine" Stadt zu zeigen: "Wir wollen einfach die Begeisterung für unsere Stadt an die Gäste weitergeben." Deswegen freut Heeb sich auch schon wieder auf den nächsten Stadtspaziergang. Dann vielleicht bei Sonnenschein.
Über dieses Thema haben wir auch am 20.03.2024 im WDR Fernsehen berichtet: Lokalzeit aus Düsseldorf, 19.30 Uhr.