Aus Brot und Wein wird Fleisch und Blut

Die Verwandlung von Brot und Wein in den leibhaftigen Körper Jesu Christi während der Messe ist eines der größten "Geheimnisse" des katholischen Glaubens. Zum Eucharistischen Kongress in Köln zeigt eine Ausstellung im Diözesanmuseum Kolumba nun, wie Künstler im Mittelalter versuchten, dieses Rätsel anschaulich zu machen.

"Sehen kannst du's nicht, noch fassen; / Starker Glaube wird's nicht lassen / Trotz Natur und Augenschein". Mit diesen Worten versuchte der Theologe Thomas von Aquin im 13. Jahrhundert das Geheimnis der Wandlung zu umschreiben, bei der nach katholischem Glauben während des Abendmahls Hostien und Messwein real in Leib und Blut Christi übergehen. Die Eucharistie-Ausstellung im Kolumba hat sich diese Zeilen des Kirchenlehrers zum Motto gewählt - und versucht, das Geheimnis ein wenig zu lüften.

In Bildern, Handschriften und Skulpturen, aber auch mit Reliquienkreuzen und Monstranzen beleuchtet die Kölner Schau, wie mittelalterliche Künstler das Paradox einer unsichtbaren Realpräsenz von Jesu Leib und Blut im Gottesdienst sichtbar - und damit für Gläubige anschaulich - zu machen suchten. Neben Exponaten aus eigenen Beständen sind auch 25 Leihgaben aus deutschen und europäischen Museen zu sehen, darunter aus der Bibliotheca Apostolica Vaticana und dem Londoner British Museum.

Die lange Geschichte der Darstellung einer Wesensumwandlung ("Transsubstantiation") von Brot und Wein in Fleisch und Blut beginnt im 8. Jahrhundert. Damals begannen christliche Künstler, sich über das in den Zehn Geboten formulierte Verbot "Du sollst dir kein Bildnis machen" hinwegzusetzen und Illustrationen des eucharistischen Abendmahls in Handschriften einzubinden. In Köln ist ein Sakramentar aus dem 9. Jahrhundert zu sehen, in dem neben Texten für den Priester während der Messe auch Zeichnungen enthalten sind.

Mit ihren Exponaten spannt die Ausstellung einen Bogen über sieben Jahrhunderte bis ins frühe 16. Jahrhundert hinein. Ein besonders farbenfrohes Beispiel für diese spätmittelalterliche Zeit ist diese Miniatur aus dem Stundenbuch der Doña Isabel, die für die Blüte der flämischen Buchmalerei steht. Das Bild fixiert jenen Moment der heiligen Messe, in dem der Priester die gewandelte Hostie hebt, um sie den Gläubigen in seinem Rücken zu präsentieren. Flankiert wird die Zeremonie von zwei Diakonen mit Wandlungskerze und Weihrauchgefäß. 

"Trotz Natur und Augenschein" zeigt auch, wie die Darstellungen im Laufe der Jahrhunderte immer erzählerischer werden. Die Zeichnung aus dem "Spiegel des Leidens Christi" (um 1415) propagiert die damals diskutierte Idee, dass das Blut des "gekelterten" Christus nicht nur Quelle der Eucharistie, sondern aller Sakramente sei. Beim Tafelbild des Erfurter Domes (1509) lenkt Christus sein Blut aus der Wunde direkt in einen Kelch. Dabei steht er auf dem "Korporale" genannten Leinentuch, das zur Wandlung entfaltet und unter die Hostienschale gelegt wird.

Christus als Schmerzensmann und Erlöser ziert diese golddurchwirkte "Burse", die zur Aufbewahrung des Leinentuchs diente (rechts). Sie stammt vom Mittelrhein und wurde im 15. Jahrhundert gefertigt. Die dazu gehörende kleinere "Palla" mit den fünf Wundmalen des Gekreuzigten diente zur Abdeckung des Kelchs. Aus den Wunden gehen Wein und Wasser hervor: Letzteres steht für die Völker, die Christus mit seinem Blut erlöst hat. Deshalb mischt der Priester in der Eucharistiefeier dem Wein stellvertretend Wasser bei.

Auf dem um 1480 am Niederrhein entstandenen Tafelbild (links) steigt der segnende Jesus vom Kreuz ins Kelterbecken für den Wein und schenkt den Sündern im Fegefeuer Linderung durch sein Blut und die Hostien, die seinem Körper entspringen. Auf dem Gedenkbild (Epitaph) für einen 1469 gestorbenen Nördlinger Bürger treiben Pflanzen durch Jesu' Wundmale und verzweigen sich, den sieben Sakramenten entsprechend, sieben Mal. Während aus den Ähren das Mehl für die Hostien hervorgeht, wachsen aus dem anderen Trieb die Trauben für den Messwein.

Einige Exponate der Kölner Schau betten die Wandlung in den Gesamtkontext der Abendmahlsliturgie. Das linke Elfenbeinrelief aus Frankfurt zeigt eine Opfermesse zum Zeitpunkt des "Sanctus"-Gesangs. Die rechte Elfenbeintafel aus einer liturgischen Handschrift zeigt Szenen aus dem Leben Christi und verweist auf das "Gloria" zum Lobe Gottes, das in der katholischen Kirche an den meisten Sonn- und Feiertagen gesungen wird.

"Trotz Natur und Augenschein" ist noch bis Mariä Himmelfahrt am 15. August 2013 im Kölner Diözesanmuseum Kolumba zu sehen. Zur Ausstellung ist ein reich bebildertes Begleitbuch mit wissenschaftlichen und literarischen Texten erschienen. Autoren sind unter anderem Norbert Hummelt, Ulla Hahn, Arnold Stadler, Norbert Scheuer und Navid Kermani gehören. 

Für manche wird die Wandlung auch nach einem Besuch der Ausstellung ein Geheimnis bleiben - wie für den muslimischen Schriftsteller Navid Kermani: Er schreibt im Begleitbuch unter anderem ausgerechnet über die berückende Schönheit einer Monstranz der Kölner Gemeinde St. Kolumba, die ebenfalls in der Ausstellung zu sehen ist (links im Bild). Er glaube nun einmal nicht daran, "dass andere Menschen in einem Plättchen Brot tatsächlich den Leib Christi sehen, schmecken, zerbeißen, hinunterschlucken, verdauen, ausscheiden", heißt es in seinem Text.

Stand: 29.05.2013, 13:46 Uhr