russischsprachige Tageszeitung "Rheinskaja Gazeta" (Rheinische Zeitung)

WAZ-Gruppe gibt neues Blatt auf Russisch heraus

"Eine ganz normale deutsche Zeitung"

Stand: 05.03.2007, 06:00 Uhr

In NRW gibt es ab Montag (05.03.2007) eine neue Zeitung. "Rheinskaja Gazeta" wird sie heißen - es ist die erste russisch-sprachige Tageszeitung Deutschlands. Wird sie eine Bereicherung für das Land sein, oder behindert sie die Integration?

Juri Mogilevski ist Chefredakteur von "Rheinskaja Gazeta" (Rheinische Zeitung). Der 55-jährige Moskauer lebt seit zwölf Jahren in Deutschland. Zuvor war er verantwortlich für die bayerische Ausgabe der Wochenzeitung "Russkaja Germanija". Die Rheinskaja Gazeta soll in einer Auflage von 17.000 Exemplaren an den Start gehen. Eigentümer des Blattes sind die WAZ-Gruppe zu 51 Prozent und der Berliner Verlag Reline. Der Redaktionssitz ist Essen.

WDR.de: Wen wollen Sie mit einer Tageszeitung auf russisch ansprechen?

Juri Mogilevski: Die ganze russisch sprechende Bevölkerung in Nordrhein-Westfalen. Es ist schwer zu sagen, wie viele das sind. Aber wir gehen von etwa 700.000 Menschen aus. Russisch ist in Deutschland die am meisten gesprochene ausländische Sprache - noch vor dem Türkischen. Und es ist doch eigentlich nicht normal, wenn etwa vier Millionen Menschen keine Tageszeitung in ihrer Sprache haben.

WDR.de: Diese vier Millionen sind aber nicht unbedingt optimal integriert. Ist da eine Zeitung auf russisch nicht kontraproduktiv?

Mogilevski: Ich verstehe Ihre Frage ganz gut. Und ich hatte zuerst auch Zweifel. Aber sehen Sie: Ich gehe davon aus, dass die Menschen sehr bald - wenn nicht heute, dann morgen - genauso gut deutsch lesen können wie russisch. Meine ganze Familie zum Beispiel liest deutsche Zeitungen. Aber trotzdem sind ihnen Zeitungen oder Bücher auf russisch lieber. Muttersprache ist eben Muttersprache.

WDR.de: Trotzdem: Verstärkt die Zeitung nicht den Trend, eine russische Parallelwelt in Deutschland zu errichten?

Mogilevski: Es geht eigentlich nicht um Russen. Es geht um deutsche Bürger. Und die interessieren sich für all die Themen, die auch Deutsche interessieren. Wir schreiben das, was jede deutsche Zeitung schreibt. Es ist kein Gegensatz zu deutschen Zeitungen. Es ist eine Ergänzung. Im zukünftigen Europa wird es eine ganz normale Erscheinung sein, dass nationale Zeitungen in einer nicht nationalen Sprache erscheinen.

WDR.de: Werden Sie auch die Probleme zum Beispiel von Russlanddeutschen thematisieren?

Mogilevski: Unbedingt. Das sind klassische Themen für uns. Aber eben nicht nur. Wir machen eine ganz normale deutsche Zeitung - aber auf russisch. Es gibt einen Mantelteil mit Nachrichten aus aller Welt, mit Sport und einem Fernsehteil. Und dann gibt es einen Regionalteil für NRW mit tollen Geschichten und Fotos. Wir produzieren übrigens bereits Testausgaben, die 1.000 Lesern vorgelegt werden. Wir lassen derzeit die Reaktionen auswerten.

WDR.de: Arbeiten Sie mit deutschen Zeitungen zusammen?

Mogilevski: Ja, sicher. Ohne die Zeitungen der WAZ-Gruppe hätten wir das nicht machen können. Sie haben uns sehr geholfen: mit Rat, mit Texten, Bildern, Wettermitteilungen und so weiter. Wir sitzen ja auch im selben Gebäude wie die Redaktion der WAZ. Wir selbst haben 19 redaktionelle und fünf Vertriebsmitarbeiter. Das ist ein sehr gemischtes Team. Wir haben Russen, russisch-stämmige Deutsche und auch einen deutschen Jungen, der perfekt russisch spricht.

WDR.de: Und was bedeutet es für Sie persönlich, Chefredakteur der ersten russischen Tageszeitung in Deutschland zu sein?

Mogilevski: Es ist eine fantastische Herausforderung, eine unglaubliche Ehre und für mich als Journalist ein Geschenk.

Das Gespräch führte Rainer Kellers. Das Interview wurde vor Erscheinen der ersten Ausgabe geführt.