Grindels vorgezeichneter Weg in die UEFA-Exekutive

Stand: 04.04.2017, 08:30 Uhr

Der deutsche Fußball wird mit Reinhard Grindel wieder zur Beletage des Weltfußballs gehören. Beim UEFA-Kongress wird der DFB-Präsident wohl in die Exekutive gewählt werden - trotz offener Fragen.

Von Grit Hartmann

Beim Kongress in Helsinki am Mittwoch (05.04.17) bewerben sich zwölf Kandidaten für nur acht Sitze. Doch dass Grindel sich bei der Wahl durchsetzt, dürfte außer Frage stehen.

Die Blitzkarriere des einstigen CDU-Bundestagsabgeordneten im europäischen Fußball ist für Beobachter der Szene schon seit letztem Herbst erkennbar. Damals schwenkte der DFB beim Entscheid über den neuen UEFA-Präsidenten plötzlich um, votierte für den Slowenen Alexander Ceferin - einen Mann ohne erkennbares Programm, der aber vom einflussreichen russischen Verband unter Vitali Mutko protegiert wurde. War die Belohnung Unterstützung bei Grindels Aufstieg in die UEFA-Spitze, womöglich gar bis zur Vizepräsidentschaft? Diese Frage stellen jedenfalls nicht nur Getreue des damals gegen Ceferin unterlegenen Niederländers Michael van Praag.

Nun also die UEFA-Exekutive. Und ohnehin nur Formsache: Der UEFA-Kongress wird Grindel auch für den FIFA-Rat nominieren - dort besetzt er den Posten des diskreditierten Wolfgang Niersbach für die nächsten zwei Jahre.

Segeln mit den Mächtigen

Was ist von Grindel zu erwarten? Nicht allzu viel. Die Indizien dafür, dass der DFB wie in der Vergangenheit auch künftig mit den Mächtigen segeln wird, häufen sich. Darf man zum Beispiel Einspruch von Grindel erwarten, wenn es beim FIFA-Kongress Anfang Mai in Bahrain so kommen sollte wie befürchtet und FIFA-Boss Gianni Infantino die Ethikkommission entmachten wird, die mit ihrem rigorosem Durchgreifen gegen die alte Garde inzwischen für Unmut sorgt im Fußball-Geschäft? 

Eher nicht: Auch der DFB wurde ja schon vorgeführt von den Ethikwächtern. Erst die sperrten Grindel-Vorgänger Niersbach - peinlich für den "neuen DFB", der kein Problem damit hatte, sich von einem Mitwisser im Sommermärchen-Skandal international vertreten zu lassen.

Sommermärchen-Skandal als Erblast

Grindel rückt auf bestens dotierte Posten - auch zu den Plänen von FIFA-Präsident Infantino, die Bezüge der Council-Mitglieder von derzeit 300.000 auf rund 450.000 Dollar im Jahr zu erhöhen, war von ihm kein Einspruch zu vernehmen. Die Fortführung des alten DFB-Kurses - wenig überraschend, denn Grindel kommt ja selbst mit einer Erblast: Der Skandal ums Sommermärchen 2006 ist nach wie vor ungeklärt; Staatsanwaltschaften in Bern und Frankfurt ermitteln. Welchem Verwendungszweck dienten die ominösen Millionenschiebereien, weshalb landeten 6,7 Millionen Euro im Jahr 2002 bei einer Firma des damaligen Fifa-Vizepräsidenten Mohamed Bin Hammam?

Der DFB hat seine Aufklärungsbemühungen weitestgehend eingestellt, seit die Kanzlei Freshfields vor über einem Jahr ihre Auftragsarbeit dazu präsentierte. Mit dem Ergebnis - keine Beweise für den Kauf des Sommermärchens - kann der Verband gut leben. Das illustrierte auch Grindels Auftritt im Bundestags-Sportausschuss, wo er im Januar zur Anhörung geladen war. Laut internem Protokoll belobigte Grindel seinen Verband in der nicht-öffentlichen Sitzung ausführlich - für den Freshfields-Bericht. Selbstgewiss führte Grindel unter anderem aus, er habe "noch keinen Brief an den Emir geschrieben"; schließlich könne man sich "nicht überheben". Gemeint ist der Emir von Katar. Es ist ein sportpolitisch durchaus heikles Bekenntnis von Grindel.

Tognoni: "Der DFB hat nicht alles versucht"

Der frühere FIFA-Mediendirektor Guido Tognoni, der einige Male auch Mohamed Bin Hammam beriet, zum Beispiel sagt: Allein mit einem Versuch beim Emir könne der DFB nachweisen, dass er wirklich an Aufklärung interessiert sei. "Ohne die katarische Regierung bzw. den Emir direkt anzusprechen", betonte Tognoni bei Sport inside, habe der DFB "auch nicht alles versucht".

Höchst selektive Aufklärung attestiert auch Özcan Mutlu, der sportpolitische Sprecher von Bündnis90/Die Grünen im Bundestag, dem DFB. Auch deshalb hat er inzwischen selbst einen Brief an Tamim bin Hamad al Thani, den Emir von Katar, auf den Weg gebracht. In dem Schreiben, das Sport inside exklusiv vorliegt, bittet er den Emir, seinen Einfluss auf Bin Hammam geltend zu machen. "Vollständige Aufklärung des Falles", heißt es darin, sei ein Schritt zur "Wiederherstellung der Glaubwürdigkeit des Fußballs". Und, glaubt Mutlu, auch ein Schritt im Interesse Katars - das als Ausrichter der WM 2022 ohnehin massiv in der Kritik steht.

Ungelöste Fragen sind offenbar kein Problem

Dass Reinhard Grindel die ungelöste Millionenfrage aus dem Sommermärchen-Skandal mit ins Machtzentrum des Weltfußballs bringt, stört die Granden in UEFA und FIFA nicht. Auch das ist ein Zeichen dafür, wie wenig sich dort geändert hat. Und die Deutschen: Sie ordnen sich ein und ziehen dafür nicht nur Posten, sondern auch Turniere an Land – demnächst wohl die Europameisterschaft 2024.