van Rompuy, Harper und Barroso winken vor der kanadischen Regierungsmaschine

Nach Freihandelsabkommen

Freiflug für EU-Spitzen

Stand: 07.10.2014, 18:05 Uhr

Party mit Shuttle-Service

Ottawa, 26. September. Zwei Brüsseler Spitzenbeamten werden mit Hymne, Flaggenappell und Abschreitender Formation empfangen. Der kanadische Premier Stephen Harper hat geladen.

Jedes Bild, jeder Schritt eine sorgfältige Inszenierung. Gemeinsam schreitet man auch zur Unterzeichnung des Freihandelsabkommens CETA mit Europa. Harper steht vor Neuwahlen und seines Wählern verspricht er mehr Jobs und mehr Einkommen eben durch dieses CETA Abkommen: „Dies ist eine ganz große Sache für uns“, sagt er.

Das Freihandelsabkommen

Aber jedem, der hier unterschrieb war klar: Dies ist nur eine vorläufige Unterschrift. CETA ist umstritten, und alle EU-Mitgliedsstaaten müssen noch zustimmen. In dieser Form werde er das Freihandelsabkommen nicht unterschreiben, sagt der deutsche Wirtschaftsminister Gabriel.  Es sei viel zu industriefreundlich.

Manuel Barroso, scheidender EU-Kommissionspräsident, findet das nicht. Für ihn ist es: „ Der beste Vertrag , den wir kriegen können.“

Das gefiel dem Gastgeber- und gemeinsam feierte man noch ein bisschen weiter mit der Crème de la Crème der kanadischen Industrie. Dafür flog man von Ottawa nach Toronto. Um an dieser Party  noch teilnehmen zu können, mussten  nun ganz besondere Vorkehrungen getroffen werden.

Der Regierungsairbus

 Die EU Repräsentanten müssten unbedingt Samstag früh in Brüssel sein, wichtige Amtsgeschäfte, das klappe nicht mit Linienflügen, hieß es. Deshalb stellte Kanadas Premier den Regierungsairbus zur Verfügung - die königliche Behandlung - aus Gefälligkeit. Der einzige Grund dafür: die TorontoParty. Dazu ein Zitat aus einer vertraulichen Email:

„ Die Bedeutung dieses besonderen Gipfels ist außerordentlich groß. Der Premierminister hat den Regierungsairbus angeboten, um die Politiker nach Brüssel zurückzubringen.“

Und so flog der Airbus mit 18 Fluggästen an Bord erst nach Brüssel und dann leer zurück. Insgesamt Etwa 15 Flugstunden. Gekostet hat das Vergnügen weit mehr als 300.000 kanadische Dollar.

Für Kanadas Premier Harper eine nützliche Aufwendung und eine Gefälligkeit an zwei Politiker, die das CETA Abkommen so wie er ganz hervorragend finden. Aber durften die beiden die Gefälligkeit überhaupt annehmen ?

Kein Geschenk?

Laut Verhaltenskodex der Brüsseler Kommission dürfen weder Geschenke im Wert von mehr als 150 Euro, noch Freiflüge akzeptiert werden Aber weder der scheidende Ratspräsident van Rompuy noch der scheidende Kommissionspräsident Barroso mochten unsere Fragen zu ihrer königlichen Behandlung persönlich beantworten.

Pressesprecherin Pia Ahrenkilde Hansen gibt zu, es ist ungewöhnlich, ergänzt aber : „Das ist kein Geschenk, und es gibt auch  keinen Interessenskonflikt.“

Eine Gefälligkeit in Wert von mindestens 300 000 ist nach dieser Sichtweise kein Geschenk, wenn sie von einem Premierminister kommt.

Kritik aus dem Europaparlament

 Jens Geier, EU-Abgeordneter der SPD, kritisiert das Verhalten der zwei Spitzenbeamten:

„In einer Situation, wo Kanada und die EU eben noch miteinander verhandeln über CETA, da kann man sich so etwas nicht schenken lassen. Das wird auch übrigens durch den Verhaltenskodex, den die Kommissare sich selber gegeben haben, untersagt.“

Übrigens: Es gab an diesen Abend durchaus erreichbare Linienflüge von Toronto nach Europa, und Kommissionspräsident Barroso hatte das erste offizielle Amtsgeschäft nicht schon am Samstag sondern erst am Montag.

Autor: Markus Schmidt