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Bielefeld

Heimatabend Bielefeld - 800 Jahre Geheimtipp

Stand: 02.08.2018, 16:19 Uhr

"Gibt's doch gar nicht!" Das war nicht nur der Slogan zur 800-Jahr-Feier Bielefelds, sondern auch die häufigste Reaktion von Auswärtigen auf die Stadt am Teutoburger Wald. Die Bielefelder selbst nehmen ihre vermeintliche Nicht-Existenz inzwischen mit Humor. Lange bevor der ehemalige Oberbürgermeister Klaus Schwickert in den 1970ern die politischen Fäden zog, war Bielefeld als Leinenstadt bekannt.

Bielefeld liegt zwar mitten im Grünen, ist aber eine Industriestadt. Im Zentrum Ostwestfalens versammelt sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts bereits alles, wofür die Region noch heute bekannt ist: Spinnereien, Webereien, Textilfabriken und Maschinenbauer. Dr. Oetker entwickelte sich innerhalb weniger Jahre zu einem Weltunternehmen - und die Bodelschwinghschen Einrichtungen in Bethel sind seit Jahrzehnten ein Synonym für den Dienst am Nächsten.

"In den 20er Jahren sieht jeder: Das ist eine Arbeiterstadt", beschreibt der Historiker Hans-Jörg Kühne den Blick von der Sparrenburg, dem Wahrzeichen Bielefelds. Bielefeld ist auch eine Stadt der Dynastien: Oetker, Delius oder Seidensticker - Familien, die immer auch die Geschichte der Stadt beeinflusst haben.

Von der Leinenstadt zur Dienstleistungsmetropole

Helga Hüllhorst

Helga Hüllhorst arbeitete von 1947 bis 1962 bei Seidensticker.

Im Zweiten Weltkrieg wurden große Teile der Altstadt zerstört. Die Industrie war zwar schon bald wieder produktionsbereit, nur fehlte es am nötigen Personal. Der Fachkräftemangel hatte auch angenehme Seiten: "Damals kamen sechs Frauen auf einen Mann, da musste man sich doch drum kümmern", sagt Heinz Obermann. Die Ostwestfalen sehen's eben pragmatisch und handeln nach dem Motto: Machen, nicht reden!

Das kennt auch Helga Hüllhorst, die 1947 als Näherin bei Seidensticker anfing: "Da lief vor uns ein Band und hinter uns ein Band. Zum Quatschen war keine Zeit."

Der Alte Markt in Bielefeld

Der Alte Markt mit den historischen Fassaden liegt im Zentrum der Stadt.

Die Stadtväter planen, Bielefeld zur autogerechten Stadt der Zukunft auszubauen. "Mit dem Wiederaufbau der Altstadt zerbomben die Stadtplaner Bielefeld ein zweites Mal", meint Hans-Jörg Kühne dazu. Doch Großprojekte wie der Ostwestfalendamm und die sogenannte Unterpflasterbahn, für die Klaus Schwickert als Oberbürgermeister wirbt, gelten mittlerweile als weitsichtig.

Die Bielefelder: pragmatisch und heimatverbunden

Dr. Hans-Jörg Kühne

Hans-Jörg Kühne veröffentlichte Publikationen zum Krieg und Wiederaufbau in Bielefeld.

"Heimatabend Bielefeld" erzählt von den wechselnden Geschicken der Stadt und vom ostwestfälischen Menschenschlag, der nicht in Verdacht steht, zu viele Worte zu machen. Die Reise beginnt in den 1920er-Jahren, als Bielefeld noch eine Malocherstadt ist. Sie führt über Krieg und Wiederaufbau zum Strukturwandel der Stadt. Getragen von der Universität und begleitet von Protestwellen entsteht das moderne Bielefeld: Wirtschaftlich gesund, aber immer noch bis zur Unkenntlichkeit bescheiden. Bielefeld existiert!

Ein Film von Frank Bürgin
Redaktion: Adrian Lehnigk