Störung beim Netzbetreiber

Kündigung und Schadensersatz

Stand: 20.08.2015, 16:13 Uhr

Viele Unitymedia-Kunden haben sich am Donnerstagmorgen (20.08.2015) über Störungen bei Telefon, Fernsehen und Internet geärgert. Einige kündigten einen Anbieterwechsel an. Aber geht das so einfach?

Nach den Störungen beim Netzanbieter Unitymedia am Donnerstagmorgen (20.08.2015), machten viele Kunden ihrem Ärger etwa über die Sozialen Netzwerke Luft - manch einer kündigte auch an, den Anbieter zu wechseln. Geht das denn so einfach? Wie sieht es aus mit einer Sonderkündigung oder gar Schadensersatzansprüchen? Welche Alternativen gibt es überhaupt, zum Beispiel wenn die gesamte Wohnanlage, in der man wohnt, über einen Vertrag mit einem Netzanbieter versorgt wird? Diese Fragen haben wir der Expertin Miriam Rusch von der Verbraucherzentrale NRW gestellt.

Expertin der Verbraucherzentrale antwortet

Kann ich meinen Vertrag außerordentlich kündigen?

Miriam Rusch: Das kommt darauf an, ob es ein kurzfristiger oder ein langfristiger Ausfall ist. Kurze Ausfälle muss der Kunde zunächst hinnehmen. Im Vertrag stehen in der Regel Klauseln, nach denen der Anbieter die Verfügbarkeit zu 97 oder 98 Prozent aufrechterhalten muss. Die übrigen zwei bis drei Prozent sind für Wartungsarbeiten oder technische Störungen vorbehalten. Das kann insgesamt schon ein Zeitfenster von zwei bis drei Tagen sein.

Darüber hinaus ist eine Kündigung möglich?

Miriam Rusch: Starre Zeitgrenzen gibt es nicht. Aber wenn eine Störung anhält oder es immer wieder zu Problemen kommt und man sogar über eine Kündigung nachdenkt, sollte man Einiges beachten: Zunächst ist wichtig, den Anbieter sofort über den Ausfall zu informieren und das auch nachweisen zu können - also per Einschreiben, Mail oder Fax. Wenn geklärt ist, dass der Fehler im Zuständigkeitsbereich des Anbieters und nicht bei den eigenen Geräten liegt, muss man dem Anbieter die Möglichkeit geben, das Problem zu beheben. Üblicherweise beträgt hierfür die Frist zwei Wochen. Besteht die Störung danach weiter, kann man kündigen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt und ein Festhalten am Vertrag nicht zumutbar ist. Das ist im Gesetz nicht näher festgelegt.

Hat man als Kunde Anspruch auf Schadensersatz?

Miriam Rusch: Ja, wenn die Schuld beim Anbieter liegt und die Störung auf Vorsatz oder Fahrlässigkeit zurückzuführen ist. Das gilt dann auch ab dem Beginn der Störung. Das zu beweisen, ist allerdings sehr schwer. Zum Schadensersatz gehören nicht nur etwa durch den Ausfall in einer Firma entgangene Aufträge, sondern auch Ansprüche auf Rückerstattung des Beitrags durch den reinen Nutzungsausfall beim Privatkunden.

Was, wenn man auf funktionierende Verbindungen und Netze angewiesen ist? Kann man einfach einen neuen Vertrag zusätzlich abschließen?

Knoten in einem Computerkabel

Vorsicht bei zusätzlichen Vertragsabschlüssen

Miriam Rusch: Dann hat man zwei laufende Verträge und muss auch für beide zahlen. Zunächst kann man ja versuchen, die Zeit etwa mit einem Prepaid-Handy und anderen Alternativen zu überbrücken. Wenn das nicht möglich ist, sollte man auf jeden Fall vorher prüfen, ob und für welche Leistungen eine parallele Nutzung funktioniert. Denn eventuell sind die vom einen Anbieter benötigten Leitungen vom anderen bereits belegt.

In Wohnanlagen gibt es häufig Verträge mit Anbietern für alle Wohneinheiten. Und dann?

Miriam Rusch: Bei Störungen oder Schadensersatzforderungen ist auch hier der Netzbetreiber zuständig. Will man aber zu einem anderen Anbieter wechseln, ist der Vermieter der richtige Ansprechpartner.

Das Interview führte Ulrike Wolff