Konzertauftritt der Popgruppe Kraftwerk

Drei Gründe, warum wir das Sampling-Urteil dringend brauchten

Stand: 31.05.2016, 17:00 Uhr

Künstler dürfen fremde Tonsequenzen in die eigene Musik einbauen - zumindest in gewissen Grenzen. Das entschied heute das Bundesverfassungsgericht. Drei Gründe, warum es gut, dass es endlich ein Urteil zum Sampling gibt.

1. Die Richter haben die Kunstfreiheit gestärkt

Viele Musiker und Musikexperten haben sich ein solches Urteil gewünscht. "Es gibt nicht die eine singuläre Genieleistung. Jeder neue Song baut auf anderen Songs der Musikgeschichte auf. Es muss möglich sein, zu zitieren - auch ohne Erlaubnis", sagt Hans Nieswandt, Künstlerischer Geschäftsführer des Instituts für Populäre Musik an der Folkwang Universität der Künste. Es sei gut, dass die Kunstfreiheit beim Thema Sampling nun mehr berücksichtigt wird - und die Verwertungsrechte anderer Künstler etwas weniger.

2. Die Richter erkennen an, dass Sampling ein kreativer Akt ist

Sampling ist eine eigene Kunstform und wichtiges künstlerisches Mittel im HipHop, Rap, Dub und der elektronischen Musik. "Samplen bedeutet ans Original heranzugehen und daraus etwas völlig Neues zu generieren", sagt Jan-Christian Zeller, Moderator und DJ bei 1LIVE im ARD-Morgenmagazin. Oft seien die Sequenzen nicht mehr wiederzuerkennen. "Man kann gar nicht wissen, ob ein bestimmtes Element wie ein Sample erst dazu führt, dass ein Lied ein Welthit wird", sagt er.

Hans Nieswandt, der ebenfalls als DJ auflegt, stimmt ihm zu: "Im HipHop sind weite Teile aus fremden Beats und zusammengesetzt. In der Mash-Up- und Bootleg-Szene fragt niemand um Erlaubnis." Allerdings seien diese Szenen weit entfernt vom großen Musikbusiness.

3. Für die Künstler ist zumindest etwas klarer geworden, wann sie ohne Zustimmung sampeln dürfen - und wann nicht

Fragen hilft - zumindest wenn ein Musiker mithilfe eines Samples viel Geld verdient. "Es ist immer gut, wenn Künstler miteinander sprechen. Dass Samples von den originalen Machern abgelehnt werden, kommt selten vor", sagt Hans Nieswandt. So machen das zum Beispiel auch die Fantastischen Vier. "Wir schauen, wem gehört das Sample, melden uns bei dem Verlag, schicken das Beispiel-Stück, und in der Regel einigt man sich", erklärt Smudo, Sänger und Texter der Fantastischen Vier im Interview mit dem Radiosender MDR Jump. Smudo erwarte von anderen Künstlern, die Musik der Fantastischen Vier in ihren Songs verwenden, dass sie ebenfalls bei ihm nachfragen. "Es wäre natürlich nicht gut, wenn jemand käme, das Gleiche nochmal macht, und dann einen Riesen-Hit landet", so Smudo. Hans Nieswandt findet, ab einem gewissen wirtschaftlichen Erfolg hätten Künstler kein Anrecht auf kostenfreies Sampling. "Spielt ein Lied eine massiv Geld ein, sollten alle Beteiligten am Erfolg teilhaben."