Wie die AfD die Anschläge für ihre Zwecke nutzt

Stand: 28.07.2016, 18:36 Uhr

Die AfD macht Wahlkampf - auch mit den Anschlägen von Würzburg, Ansbach, Reutlingen und München. Zu den Schüssen von München twitterten mehrere AfD-Politiker: #afdwählen. Unsere drei Beispiele zeigen, wie die AfD mit Hass und Zynismus Werbung für sich macht.

1. Die AfD macht mit Anschlägen Wahlkampf

Bereits als noch völlig unklar war, wer am Freitagabend (22.07.2016) in München geschossen hat, irritierten mehrere AfD-Mitglieder mit ihren Tweets. So schrieb Christian Lüth, Sprecher des Bundes-AfD, am Freitagabend um 21.06 Uhr: "AfD wählen! Schüsse am Olympia Einkaufszentrum: Tote in München - Polizei spricht von akuter Terrorlage". Lüth löschte die Nachricht zwar kurz darauf. Screenshots zeigen jedoch, wie er mit der Tat von München Wahlkampf für seine Partei machte.

Auch Politiker anderer Parteien twittern kontrovers, doch die AfD fällt regelmäßig mit hasserfüllten Tweets auf. Am Abend des Amoklaufs von München gab André Poggenburg, AfD-Landesvorsitzender von Sachsen-Anhalt, der Bundesregierung Schuld an der Tat - obwohl zu dem Zeitpunkt kaum Details bekannt waren. Er schrieb: "Merkel-Einheitspartei: Danke für den Terror in Deutschland und Europa!"

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) steht immer wieder im Zentrum der Kritik. "Parteien wie die AfD ziehen gegen die vorherrschende Politik zu Felde, vor allem Merkel ist ihr Feindbild", erklärt der Sozialwissenschaftler Alexander Häusler, Experte für Rechtsextremismus an der Fachhochschule Düsseldorf.

Auch Parteichefin Frauke Petry machte mit der Tat von München Werbung für die Partei - am gleichen Abend. Freitagnacht (22.07.2016) verwies sie auf einen Liveticker zum Amoklauf - mit dem Hashtag #afdwählen.

All diese Tweets bedienten eine Empörungsspirale, sagt der Sozialwissenschaftler Alexander Häusler. "Sie nutzen die Angst der Menschen nach den Anschlägen aus, um sich als Ordnungsmacht in Szene zu setzen. Sie übersetzen die Angst in Feindbilder, hier konkret das der Muslime." Martin Renner, stellvertretender Vorsitzender der AfD in Nordrhein-Westfalen kann die Aufregung um die Tweets nicht verstehen. "Es ist gerechtfertigt, dass eine Partei, die rechtsstaatlich aufgestellt ist, zu den Vorkommnissen Stellung bezieht. Ob das während eines Amoklaufs stattfinden muss, darüber kann man sich Gedanken machen", sagt er im Gespräch mit der Aktuellen Stunde. Distanzieren will sich Martin Renner jedoch nicht. "Das Statement wird, dadurch dass es in dieser Situation abgegeben wird, nicht falsch", so Renner.

2. Die AfD bringt Anschläge grundsätzlich mit Flüchtlingen in Verbindung

"In einer stark medienzentrierten Öffentlichkeit ist es für rechte Parteien wichtig, eine politische Vormachtstellung zu erreichen - gerade auf dem Feld der Sozialen Netzwerke. Sie versuchen als erste Gruppe Themen zu besetzen und sie mit autoritären Diskursen zu belegen", so erklärt der Extremismusforscher Alexander Häusler Tweets wie jene von Beatrix von Storch, der stellvertretenden Bundesvorsitzenden der AfD. Wichtig sei hier nicht, ob die Fakten korrekt sind, erklärt er, sondern die Botschaft dahinter. Die Partei versuche, sich als Ordnungsmacht aufzuspielen, so Häusler.

Alle Täter - ob von den Anschlägen in Würzburg, Ansbach, Reutlingen oder München - waren nicht mit den Flüchtenden ab September 2015 ins Land gekommen. Sie lebten schon mehrere Jahre hier oder sind - wie im Falle des Münchener Täters - in Deutschland geboren worden. Diesen Einwand lässt Martin Renner von der AfD nicht gelten. "Die Ereignisse mögen Einzelfälle sein, aber sie haben eine gemeinsame Struktur - und das ist der Islam, ist die Stellung des Islams gegenüber einer liberalen, westlichen Gesellschaft", sagt er im Interview mit der Aktuellen Stunde. "Was in Würzburg, Ansbach oder München passiert ist, muss nicht unbedingt etwas mit der Flüchtlingsproblematik zu tun haben. Aber es hat etwas damit zu tun, welche Menschen bei uns leben", sagt er.

3. Nach den Anschlägen erklärt die AfD Muslime allgemein zu Tätern

"Parteien wie die AfD verurteilen eine ganze Glaubensgruppe pauschal", erklärt der Sozialwissenschaftler Alexander Häusler. So forderte der stellvertretende AfD-Vorsitzende Alexander Gauland zum Beispiel, das Asylrecht für Muslime auszusetzen. Deutschland könne es sich aus Sicherheitsgründen nicht mehr leisten, "noch mehr Muslime unkontrolliert einwandern zu lassen", sagte er in der letzten Woche. Laut Grundgesetz-Artikel 16a erhalten politisch Verfolgte grundsätzlich Asylrecht. Ausnahmen sind nur vorgesehen, wenn die Flüchtlinge aus einem anderen EU-Land oder aus einem sicheren Herkunftsstaat einreisen. Die meisten Flüchtlinge bekommen ihr Aufenthaltsrecht jedoch nicht wegen des Grundgesetzes, sondern wegen der Genfer Flüchtlingskonvention. Sie gewährt kein Recht auf Asyl, sondern ein Recht auf Schutz. In der Praxis sind die Unterschiede gering.