Was ich euch sagen möchte

"Jeder muss sich der Verantwortung bewusst sein"

Stand: 23.10.2015, 14:10 Uhr

Noch Herausforderung oder schon Überforderung? NRW-Kommunen schätzen ihre Möglichkeiten für Flüchtlinge derzeit unterschiedlich ein. So wie Aachens Oberbürgermeister Marcel Philipp und Landrat Karl Schneider aus dem Hochsauerland.

Es mag auf den ersten Blick nicht so aussehen, aber in der ehemaligen Schule in Aachen geht formal nichts mehr. 200 Flüchtlinge leben zur Zeit dort in einer ehemaligen Schule in Aachen. Platz zum Schlafen haben genau 200. Und auch in anderen Unterkünften in der Stadt sieht es genau so aus. Andere Kommunen nennen so etwas: Notstand. Oberbürgermeister Marcel Philipp (CDU) aber sagt: "Wir schaffen noch mehr." Es sei nicht angebracht, Probleme oder eine mögliche Überforderung öffentlich zu diskutieren.

Nicht Stichwortgeber für Hetze sein

Es gehe vielmehr um Lösungen: "Wir haben die Aufgabe zu sagen, wie wir die Dinge anpacken können, Probleme gemeinsam lösen. Wenn wir es umgekehrt machen, dann sind wir Stichwortgeber für diejenigen, die unsere Gesellschaft spalten wollen." Und das will der Aachener Oberbürgermeister nicht. Positive Stimmung verbreiten ist für ihn eine der wichtigen Aufgaben in diesen Tagen: "Jeder muss sich seiner Verantwortung bewusst sein."

"Das 'Wir schaffen das' muss aus der Welt"

215 Städte und Landkreise in Nordrhein-Westfalen sehen das ganz anders. Sie hatten diese Woche (21.10.2015) an die Landesregierung und an die Bundeskanzlerin einen Brief geschickt und signalisiert: "Bei uns geht nichts mehr. Wir schaffen das nicht." Bei Landrat Karl Schneider (CDU) aus dem Hochsauerlandkreis rief daraufhin sogar Angela Merkel persönlich an. Schneiders Botschaften an sie: "Das 'Wir schaffen das' muss aus der Welt heraus. Und wir benötigen dringend wirksame Maßnahmen, weil der ungezügelte Zuzug so nicht weiter gehen kann."

"Es gibt keine numerische Grenze, die man benennen kann"

Viele Kommunen stehen vor ähnlichen Herausforderungen - und liefern sehr unterschiedliche Einschätzungen. An den reinen Flüchlingszahlen selbst scheint es nicht zu liegen. Beispiel: Im positiv gestimmten Aachen kommen derzeit 11,7 Flüchtlinge auf 1.000 Einwohner. In Wuppertal sind es 13,3, also unwesentlich mehr. Doch dort spricht man von einer Krise. Im Aachener Rathaus blickt allerdings auch Marcel Philipp nicht mit purem Optimismus in die Zukunft, was die Entwicklung der Flüchtlingszahlen betrifft: "Es gibt keine numerische Grenze, die man benennen kann." Und er ergänzt: "Wenn man das große Paket sieht, wird man auch über ein Einwanderungsgesetz reden müssen. Auch das gehört zur Wahrheit dazu."